Bitef

Besson: Na kraju, sve konkretne stvari su obavljene. Limun je isceden do poslednjeg slava. A poslednja ree и »Hamletu« je shoot ! znaci pucaj ! {lz razgovora izmedu Benna Bessona, Roberta Weimanna i Heinera MUlerd).

aus einem Besson: . . . Die Horatio-Figur ist meiner Ansicht nach in dem Stück eine ganz wesentliche Figur, die sozusagen chorische Funktion hat, in dem Sinne, daß er während des ganzen Stückes praktisch dem Publikum ein echter Spiegel ist, daß er der Art wie das Publikum die Verhältnisse auf der arbeitsgespräch Bühne aufnimmt genau entspricht, aber auch eine Spur dahinter ist, so daß das Publikum seiner eigenen Aufnahmeweise kritisch gegenüberstehen kann, über die Figur von Horatio. Alle kommen wie der Horatio ins Theater und meinen : Hamlet, das kennen wir, das ist so und so und so, und sagen also: Geister gibt es nicht (das ist doch ein klarer Fall; bis doch dann die Frage immer mehr vertieft wird. Durch die Ungereimtheiten, mit denen der Horatio konfrontiert wird, kommt er im Laufe des Stückes zu verschiedenen falschen Urteilen oder zum Teil falschen oder nur zum Teil wahren Urteilen über das, was passiert, insbesondere über die Position von Hamlet, und erst in der letzten Szene, wenn Fortinbras mit seinen Truppen und Trommeln kommt, dann hat er die Geschichte einigermaßen verstanden und empfiehlt auch eine rasche Aufführung des Stückes, damit weitere Irrtümer beziehungsweise Verbrechen möglichst verhindert werden. Es wird wirklich platt, wenn man die Horatio-Figur einfach als einen humanen Freund Hamlets darstellt, dann operiert man den ganzen humanistischen Inhalt der Sache heraus, oder man formalisiert sie auf sentimentale Weise, denn diese humanistische Haltung dem Stück gegenüber ist eine fragende und eine skeptische und eine zweifelnde und nicht eine, die irgendwelche Vorurteile einfach massiv behauptet. Also, diese Erkenntnismöglichkeit, diese Fähigkeit, zu erkennen und sich zu korrigieren und die Erkenntnis zu vertiefen, das ist die Figur von Horatio, und er führt es beinahe didaktisch auf der Bühne vor, auf ganz lebendige und spaßige Weise. Gertrud ist für meine Begriffe eine ganz zentrale Figur, mit ihrem beinahe ewigen Schweigen. Es geht alles um sie, alles landet hei ihr, alles geht von ihr aus, sowohl bei Hamlet wie im Reiche Dänemark. Ophelia ist vielleicht die einzige revolutionäre Gestalt, die wiederum das Plebejische, von dem du sprichst (zu

Weimann), also das Plebejische als Sakrileg im Wahn zum Skandal aller auf die Bühne bringt. Etwas, was Hamlet auch macht, im Wahn, wobei sein Wahn enorm sich abwandelt, klare Momente hat, Momente, wo er meint, er hätte seine Krankheit überstanden, wo er meint, er hätte ein Gleichgewicht, dann wiederum plumpst er in neuen Wahn, da er die Widersprüche, die ihn bewegen, nicht erschöpft hat. Nach dem Mord an Polonius meint er, er hätte sein Gleichgewicht absolut, dabei ist es vielleicht ein Moment seines höchsten Wahns. Da ist er am meisten das, was Fortinbras erwartet: der friedfertige Prinz. . . Du sagtest, Hamlet ist nahe dem Totengräber. Das hat auch für meine Begriffe die Wahrheit, daß er tatsächlich eine Art Totengräber ist, daß er wie ein Krebs am Ende selbstmörderisch sich auf löst. Also »bereit sein ist alles« ist für mich : Er wartet nurmehr auf seinen Tod, egal, wann er kommt, eine Haltung, die für Krieger wiederum sehr nützlich ist, aber vielleicht nicht für Humanisten. Deswegen dieser Satz, den ich absolut kritischen würde, versuchen würde darzustellen in seinem konkreten Gehalt. Hamlet hat keinen Widerstand mehr gegen den Mord, so daß er selbstmörderisch sein ganzes Haus mitreißt, letzten Endes. Nicht subjektiv, es geht bei ihm nicht um ein Schuldverhalten. Diese Krankheit wuchert dann um ihn herum, es ist eine Art kollektive Gleichgültigkeit dem Leben gegenüber und dem Tod, die erwirkt, daß ein ganzes Haus einfach stirbt. Kampflos kommt der Fortinbras und hat nun die Sache. Dies Gemeinwesen löst sich auf. Das ist auch die Geschichte dieser Auflösung; Hamlet. Also eine enorme Mahnung. Weimann: Ich finde das, was Benno jetzt über Horatio sagt, ungeheuer interessant, gerade im Lichte der frühen Proben, wo Horatio als Medium der Prozesse im Stück noch nicht so rund konzipiert war. Ebenso das, was er über die Entwicklungsspanne sagt, die im Titelhelden selbst liegt. Ich würde bloß fragen, wie soll denn eigentlich die antic disposition, also die närrische Maske oder Konvention mit dem » pathologischen « Moment der Krankheit vereinbart werden? Ich sehe da weniger Krankheit und mehr Konvention ; vom psychologischen Standpunkt, vom Standpunkt der Logik des Geschehens bleibt hier manches widersprüchlich. Denn in dem Augenblick, wo der Hamlet sich als Narr gibt am Hof, lenkt er doch alle Aufmerksamkeit auf sich: dabei will er doch eigentlich das Gegenteil erreichen. Ich glaube also, daß dahinter eine alte Theaterkonvention steckt, die in gewisser Weise auch im »König Lear « du ist, wo Lear im Wahnsinn die wirklich großen Sachen sagt. Zum Beispiel: »Da siehst du das große Bild der Autorität. Dem Hund im Amt gehorcht man.« Das ist eine unfaßbare Wahrheit fürs 16. Jahrhundert. Aber Lear sagt sie im Wahnsinn. Und solche Konventionen gibt es auch im vor-Shakespeareschen Theater. Nur: Bei Shakespeare bleibt es Konvention und wird doch zugleich auch eingefügt in das komplexe Bild der charakterlichen Entwicklung des Helden. Besson: Wie gesagt, es ist beides. Theatralisch gesprochen spielt Hamlet die Rolle des Narren, also die Rolle von Probstein, bis zu einem gewissen Grade die Rolle von Jacques, um »Wie es euch gefällt « zu nehmen. Nur der Witz ist doch der, daß er sagt, ich werde merkwürdig ausschauen,