Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
Ozelot: Raubweiſe. Fortpflanzung. Gefangenleben. Anhänglichkeit. 507
Fleiſche; bloße Pflanzennahrung macht ſie frank. Füttert man ſie aber nux mit rohem Fleiſche, ſo werden ſie größer und ſchöner, als wenn man ihnen das Fleiſch gekocht gibt. Auch alte Ozelots werden nach einiger Zeit zahm, wenngleih nur bis zu einem gewiſſen Grade; denn ſie rihten im Hofe immer noh allerlei Unheil an. Können ſie ſih eines kleinen Hundes oder einer Kaße bemächtigen, ſo ergreifen ſie das Tier beim Na>en, werfen es nieder und reißen ihm den Hals auf. Bei fortgeſeßtem Genuſſe von Katenfleiſch werden ſie kräßig, ſtoßen während der Krankheit eigentümliche Klagelaute aus und ſterben endlih. Dieſelben Klagelaute hört man von ihnen, wenn ſie irgendwie ihr Mißbehagen ausdrüden wollen. So miauen ſie z. B. auf klägliche Weiſe, wenn man ſie dur Hunger gezwungen hat, Kröten oder Schlangen zu freſſen. Dieſe Tiere verurſachen ihnen heftiges Erbrechen und ſhwächen ihre Verdauungskraft derartig, daß ſie jede andere Speiſe wieder herausbrechen, allmähli<h abmagern und endlih auch ſterben. Hausgeflügel können die gezähmten Dzelots nicht erſehen, ergreifen es, ſobald ſie es erreichen können, beim Kopfe oder beim Halſe und töten es durch den erſten Biß. Dann rupfen ſie vor dem Genuſſe mit dem Maule den größten Teil der Federn aus und verſpeiſen es. Nach der Sättigung bele>en ſie ſih das Maul, die Pfoten und den übrigen Körper und legen ſih ſchlafen. Fhren Kot verſcharren ſie nie, legen ihn aber häufig in ihrem Trinkgefäße ab.
Den größten Teil des Tages bringt der gefangene Ozelot ſchlafend zu. Dabei liegt er in ſih zuſammengerollt, wie unſere Hauskaßen es auh thun. Gegen Abend wird er unruhig und bleibt nun die ganze Naht hindur<h wach. Solange er jung iſt, läßt er öfters einen miauenden Ton hören, beſonders wenn ex Hunger, Durſt oder Langeweile verſpürt; ſpäter vernimmt man dieſen Ton nur bei krankem Zuſtande. Wird er im Freſſen geſtört, ſo knurrt er. Seine Zufriedenheit legt er dur<h Schnurren, ſeine Furcht oder ſeinen Zorn dur ein S<hneuzen an den Tag. Alt eingefangene Dzelots unterwerfen ſi< wohl dem Menſchen, ſchließen ſih ihm aber niemals an. Der Verluſt der Freiheit macht ſie niedergeſchlagen und gleihgültig gegen gute oder ſ{<hle<te Behandlung. Sie laſſen ſi< ſchlagen, ohne ſich zu verteidigen, machen keinen Unterſchied zwiſchen ihrem Wärter und anderen Menſchen und bezeigen ihm weder Zutrauen noch Freude, wenn ſie ihn ſehen. Ganz jung und mit Sorgfalt aufgezogene hingegen werden in hohem Grade zahm. Gleich jungen Hausfaßen gaukeln ſie miteinander, ſpielen mit einem Stücke Papier, mit einer kleinen Pomeranze und dergleichen. Jhren Wärter lernen ſie bald kennen, ſpringen ihm nach, bele>en ihm die Hand, legen ſi ihm zu Füßen nieder oder klettern an ihm empor. Gegen Liebkoſungen ſind ſie ſehr empfänglih und beginnen augenbli>li< zu ſpinnen, wenn man ihnen ſ{<meielt. Niemals zeigen ſie Falſchheit. Mit den Hunden und Katen, in deren Geſellſchaft ſie leben, vertragen ſie ſih ſehr gut; dem Geflügel ſtellen ſie aber doh no< nah. Früherer Strafen uneingedenk, ſpringen ſie, ſobald ihnen die Luſt ankommt, auf eine Henue und laſſen ſi< im Augenbli>e des Raubes durch keine Züchtigung abſhre>en, das Tier zu ermorden. Jhrer unvertilgbaren Raubſucht wegen hält man ſie gewöhnlich in einem Käfig oder an einem Stricke angebunden.
Jn den Käfigen unſerer Tiergärten ſpielt der Ozelot keine hervorragende Rolle. Er iſt träge oder doh wenig lebhaft, ſieht ſi< die Welt anſcheinend mit unzerſtörbarem Gleichmute an, begnügt ſi<h mit jedem Raume und verlangt nichts weiter, als daß derſelbe rein und warm ſei und es an dex erforderlichen Nahrung ihm nicht fehle. Die meiſten Dzelots, welche na< Europa gelangen, kommen in bereits gezähmtem Zuſtande an und entſprechen dem vorſtehenden Bilde; alt eingefangene, welche Wutausbrüche gezeigt hätten, wie ſie bei Leoparden an der Tagesordnung ſind, habe ih niht geſehen. Zu den häufigen Erſchei: nungen zählt der Ozelot übrigens nicht, und deshalb hält es ſ<hwer, Paare zuſammenzubringen und Junge zu erzielen.