Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
514 Vierte Ordnung: Raubtiere; erſte Familie: Katen.
verſchiedenen Biegungen und Windungen, welche die Seelenſtimmung einer jagenden Kate bezeichnen, und äugt mit jenem ruhigen, faſt ſtarren Blicke, welcher unſerem Hinze eigen iſt, faſt träumeriſch gerade vor ſih hin. Der Gehörſinn ſcheint ihn bei Tage jedenfalls mehr zu leiten als ſein Geſicht; denn die Lauſcher ſind auch bei der größten Nuhe in beſtändiger Bewegung. Das geringſte Geräuſch ändert dieſes träumeriſche Dahinſchleichen: der Sumpflus erhebt den Kopf, die Lauſcher richten ſih nah kurzer, ſ{neller Bewegung der bezeihneten Stelle zu, der ganze Leib dut ſich, verſhwindet vollkommen im Graſe, und ſ{<langenartig kriecht das Tier an ſeine Beute heran, welche wohl in den meiſten Fällen in ſeine Gewalt fällt. Bisweilen ſicht man auch aus dem ſcheinbar ganz unbelebten Riedgraſe heraus mit einem gewaltigen Sage ein Tier in die Höhe ſpringen und im nächſten Augenbli>e wieder verſchwinden: der Sumpfluchs hat einen Luftſprung nach irgend einem Vogel gemacht, welchen er aufgejagt halte. Seine Beute beſteht zumeiſt aus Mäuſen und Ratten, ſodann aber aus kleinen Erd- und Schilfvögeln aller Art, namentli<h Wüſtenhühnern, Lerchen, Regenpſfeifern, Schilf- oder Niedgrasſängern 2c. Jn den Gärten ſtiehlt er den Bauern ihre Hühner und Tauben, in den Fruchtfeldern {leiht ex den Haſen und an den Wüſtenrändern den Springmäuſen nah. Größere Tiere ſoll er niemals angreifen; au<h dem Menſchen ſcheint er fur<htſam auszuweichen; ſelbſt derjenige, welchen ih verwundete, wagte niht, mih anzuſpringen. Gleichwohl wird er von den Arabern als ein ſehr böſes Tier gefürchtet, und dieſe Furht hat ſih auh auf die Europäer übertragen. Mein Diener erdreiſtete ſi< nicht, auf einen ſehr ſ<önen Sumpfluchs zu ſchießen, den er im Getreide auftrieb und ein Reiſegefährte des bekannten Schriftſtellers Bogumil Golßg glaubte nun gar einen jungen Löwen in unſerem Tiere zu erbli>en, als er ihm auf der Jagd einmal begegnete. Angeſchoſſen und in die Enge getrieben, weiß ſich freili<h au< der Sumpfluchs kräftig zu verteidigen. Dies erfuhr unter anderen ein Diener Dümichens, welcher einen mit zwei ſ{le<t gezielten Schüſſen bedacht hatte und das verwundete Tier greifen wollte. Lebteres wartete die Ankunft ſeines Feindes gar nicht ab, ſondern ſprang ohne weiteres auf den Mann los, fkrallte ſih an ihm feſt und zerfleiſchte ihm den Arm derartig, daß der ſ{<le<hte Shüße monatelang an den Folgen der verfehlten Luchsjagd zu leiden hatte.
Jn Fndien gilt die Dſchangelkaße für bösgartig und wehrhaft wie etwa unſere Wildkaße und nurx ſehr ausnahm3weiſe für zähmbar; verwundete haben den Shüßen mehrmals ohne 1weiteres angenommen. Sie ſcheinen auch ſehr dreiſte Räuber zu ſein, da verſchiedene Fälle mitgeteilt werden, daß Dſchangelkaßen vor den Augen der Jäger eben geſchoſſene Pfauen fortſhleppten. Auch dort lieben ſie bevölkerte Gegenden und rihten unter dem Hausgeflügel große Verheerungen an, indem ſie auh aus reiner Mordluſt töten. Blyth hörte ein Pärchen, das unter ſeinem Hauſe ſi eingeniſtet hatte, des Abends manchmal höchſt auffällige ſummende Laute von ſih geben. Derſelbe Gewährsmann berichtet, daß ſie wohl Hühner und Enten, nah ſeiner Erfahrung aber niemals Gänſe griffen. Jn Jndien ſoll die Dſchangelkaße zweimal im Fahre drei bis vier Junge werfen.
Gefangene Sumpfluchſe ſind ſelten in unſeren Tiergärten; ih habe höchſtens fünf von ihnen geſehen. Sie benehmen ſi< na< Art anderer Wildkaßen unfreundlih und wütend, wenn ſie alt in Gefangenſchaft gerieten oder aber ſhle<ht behandelt wurden, ruhig und gemütli<h dagegen, wenn ſie als Junge unter die Botmäßigkeit des Menſchen kamen und eine liebevolle Pflege erfuhren. Daß ſie ſolcher zugänglih und ihrem Pfleger in hohem Grade dankbar ſein können, beweiſt die nahſtehende Mitteilung Dümichens. „Eines Tages, im Tempel von Denderah mit der Abnahme von Fnſchriften beſchäftigt, hörte ih in einem der hinteren Räume des Tempels das Bellen meines Hundes. Demſelben lauſchend, erkannte ih, daß es aus einem unterhalb des Fußbodens befindlihen Raume herkam; der Tempel mußte alſo an dieſer Stelle ein Kellergeſhoß haben, welches ih no< niht kannte. Dem