Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Zwergmaus. Streifenmaus. DEG

Hauptteile aus den Blättern der Pflanzen gebildet, welhe es tragen. Eine notwendige Folge hiervon iſt, daß das Äußere auch faſt oder ganz die nämliche Färbung hat wie der Strauch ſelber, an dem es hängt. Nun benußt die Zwergmaus jedes einzelne ihrer Kunſtwerke bloß zu ihrem Wochenbette, und das dauert nur ganz kurze Zeit: ſo ſind denn die Zungen regelmäßig ausgeſ<hlüpft, ehe das Blätterwerk um das Neſt verwelken und hierdur< eine auffällige Färbung annehmen ftonnte.

Man glaubt, daß jede Zwergmaus jährlih zwei- bis dreimal Junge wirft, jedesmal 5—9 Stüc. Ältere Mütter bauen immer kunſtvollere Neſter als die jüngeren; aber auch in dieſen zeigt ſi< ſhon der Trieb, die Kunſt der alten auszuüben. Bereits im erſten. Jahre bauen die Jungen ziemlih vollkommene Neſter, um darin zu ruhen. Gewöhnlich verweilen ſie ſo lange in ihrer prächtigen Wiege, bis ſie ſehen können. Die Alte hat ſie jedesmal warm zugede>t oder vielmehr die Thür zum Neſte verſchloſſen, wenn ſie die Wochenſtube verlaſſen muß, um ſi Nahrung zu holen. Sie iſt inzwiſchen wieder mit dem Männghen ihrer Art zuſammengekommen und gewöhnlich bereits von neuem trächtig, während ſie ihre Kinder no< ſäugen muß. Kaum find dann dieſe ſo weit, daß ſie ſich zur Not ernähren können, ſo überläßt ſie die Alte ſich ſelbſt, nachdem ſie höchſtens ein paar Tage lang ihnen Führer und Ratgeber geweſen iſt.

Falls das Glü> einem wohl will und man gerade dazu kommt, wenn die Alte ihre Brut zum erſten Male ausführt, hat man Gelegenheit, ſih an einem der anziehendſten Familienbilder aus dem Säugetierleben zu erfreuen. So geſchi>t die junge Schar auch iſt, etwas Unterricht muß ihr doch werden, und ſie hängt auh noch viel zu ſehr an der Mutter, als daß ſie gleich ſelbſtändig ſein und in die weite, gefährliche Welt hinausſtürmen möchte. Da klettert nun ein Junges an dieſem, das andere an jenem Halme; eines zirpt zu der Mutter auf, eines verlangt noch die Mutterbruſt; dieſes wäſcht und pust ſich, jenes hat ein Körnchen gefunden, welches es hübſh mit den Vorderfüßen hält und auffkna>t; das Neſt: häkchen macht ſi< no< im Juneren des Baues zu ſchaffen, das beherzteſte und mutigſte Männchen hat ſi ſchon am weiteſten entfernt und {{hwimmt vielleicht bereits unten in dem Waſſer herum: kurz, die Familie iſt in der lebhafſteſten Bewegung und die Alte gemütlich mittendrin, hier helfend, dort rufend, führend, leitend, die ganze Geſellſchaft beſhüßend.

Man kann dieſes anmutige Treiben gemählih betraten, wenn man das ganze Neſt mit nah Hauſe nimmt und in einen enggeflo<htenen Drahtbauer bringt. Mit Hanf, Hafer, Birnen, ſüßen Äpfeln, Fleiſh und Stubenfliegen ſind die Zwergmäuſe leicht zu erhalten, vergelten auh jede Mühe, welche man ſi< mit ihnen gibt, dur< ihr angenehmes Weſen tauſendfach. Allerliebſt ſieht es aus, wenn man eine Fliege hinhält. Alle fahren mit großen Sprüngen auf ſie los, paten ſie mit den Pfötchen, führen ſie zum Munde und töten ſie mit einer Haſt und Gier, als ob ein Löwe ein Rind erwürgen wolle. Die Fungen werden ſehr bald zahm, aber mit zunehmendem Alter wieder ſcheuer, falls man ſich niht ganz beſonders oft und fleißig mit ihnen abgibt. Um die Zeit, wo ſie ſi< üm Freien in ihre Sglupfwinkel zurücziehen, werden ſie immer ſehr unruhig und ſuchen mit Gewalt zu entfliehen, gerade ſo, wie die im Käfige gehaltenen Zugvögel zu thun pflegen, wenn die Zeit der Wanderung herannaht. Auch im März zeigen ſie beſonderes Gelüſte, ſich aus dem Käfige zu entfernen. Sonſt gewöhnen ſie ſi< bald ein und bauen luſtig an ihren Kunſtneſtern, nehmen Blätter und ziehen ſie mit den Pfötchen dur<h den Mund, um ſie zu ſpalten, ordnen und verweben ſie, tragen allerhand Stoffe zuſammen, kurz, ſuchen ſih ſo gut wie möglich einzurichten.

Eine der ſchönſten Arten der Gattung iſt die Streifen- oder Berbermaus (Mus barbarus, Golunda barbara), ein Zierhen, welches einſ<hließli<h des 12 cm langen