Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

522 Siebente Drdnung: Nager; fünfte Familie: Mäuſe.

er enthülſen will, um die Körner in ſeinen Ba>entaſchen aufzuſpeichern, und mit ihrer Hilfe bringt er auch ſeinen Pelz in Drdnung. Zuerſt kommt der Kopf daran. Er legt beide Hände bis an die Ohren und zieht ſie nah vorwärts über das Geſicht, wie er thut, wenn er ſih ſonſt wäſcht; dann nimmt er einen Haarbüſchel na< dem anderen und reibt ihn ſo lange zwiſchen den Händen, bis er den erforderlihen Grad von Troenheit zu haben ſcheint. Die Haare der Schenkel und des Rückens weiß er auf ſehr ſinnreiche Art wieder zu ordnen. Er ſet ſih dabei auf die Schenkel und den Hintern und glättet mit Zunge, Zähnen und Pfoten gemeinſchaftlih, wobei er leßtere außerordentli<h raſh von oben nah unten bewegt ; die Hauptarbeit ſcheint hier aber mit der Zunge zu geſchehen. Eine derartige Reinigung dauert immer längere Zeit und ſcheint gleihſam mit Widerſtreben ausgeführt zu werden. Wenn er überraſcht wird, erhebt er ſih augenbli>li<h auf die Hinterbeine und läßt dabei die Vorderbeine herabhängen, eine Hand gewöhnli< etwas tiefer als die andere. So ſtarrt er den Gegenſtand, welcher ihn in Aufregung verſeßt, ſcharf an, augenſcheinlich bereit, bei einer ſih bietenden Gelegenheit auf ihn loszufahren und von ſeinen Zähnen Gebrauch zu machen.

Die höheren Sinne des Hamſters ſcheinen ziemlih gleihmäßig ausgebildet zu ſein; wenigſtens bemerkt man niht, daß der eine vor dem anderen beſonders entwi>elt wäre. Die geiſtigen Eigenſchaften ſind niht gerade geeignet, ihn zu einem Lieblinge des Menſchen zu machen. Der Zorn beherrſcht ſein ganzes Weſen in einem Grade wie bei kaum einem anderen Nager von ſo geringer Größe, Ratten oder Lemminge etwa ausgenommen. Bei der geringſten Urſache ſtellt er ſi< troßig zur Wehre, knurrt tief und hohl im Fnneren, knirſht mit den Zähnen und ſchlägt ſie ungemein ſ<hnell und heftig aufeinander. Ebenſo groß wie ſein Zorn iſt auh ſein Mut. Er wehrt ſi gegen jedes Tier, welches ihn angreift, und ſo lange, wie er kann. Ungeſchi>kten Hunden gegenüber bleibt er oft Sieger; nur die klugen Pintſcher wiſſen ihn zu pa>en und ſchütteln ihn ſodann faſt augenbli>lih zu Tode. Alle Hunde haſſen den Hamſter beinahe ebenſo wie den FJgel, weil ſie ſih ärgern, ihre Herrſchaft einem ſo kleinen Tiere nicht fogleih aufzwingen zu können. Sie verfolgen ihn mit großem Eifer und beſtehen dann die drolligſten Kämpfe mit dem erboſten Gegner. Es dauert immer einige Zeit, ehe der Hamſter überwunden wird, und ſehr oft verkauft er ſeine Haut teuer genug. „Sobald er merkt“, ſagt Sulzer, welcher ein ganzes Buch über ihn geſchrieben hat, „daß es ein Hund mit ihm zu thun haben will, leert ex, wenn ſeine Va>entaſchen mit Getreide vollgeſtopft ſind, folche erſtlih aus; alsdann weßt er die Zähne, indem er ſie ſehr geſchwind aufeinander reibt, atmet ſchnell und laut, mit einem zornigen Ächzen, welches ſi<h mit dem Schnarchen eines Schlafenden vergleichen läßt, und bläſt zugleich die Bakentaſchen dergeſtalt auf, daß der Kopf und Hals viel di>er aufſ<hwellen als der hintere Teil des Leibes. Dabei richtet er ſih auf und ſpringt in dieſer Stellung gegen ſeinen Feind in die Höhe, und wenn dieſer weiht, iſt ex kühn genug, ihn zu verfolgen, indem er ihm wie ein Froſ<h na<hhüpft. Die Plumpheit und Heſtigkeit ſeiner Bewegungen ſehen dabei ſo luſtig aus, daß man ſih des Lachens kaum erwehren kann. Der Hund wird ſeiner nicht eher Meiſter, als bis er ihm von hinten beikommen kann. Dann faßt er ihn ſogleich bei dem Genicke oder im Nücken und ſchüttelt ihn zu Tode.“ Nicht allein gegen Hunde wehrt ſich der Hamſter, ſondern greift auch kühn den Menſchen an, ſelbſt den, welcher gar nichts mit ihm zu ſchaffen haben mag. Es kommt nicht ſelten vor, daß man ruhig an einem Hamſterbaue vorübergeht und plößlih das wütende Tier in ſeinen Kleidern hängen hat. An Pferden beißt er ſih ebenfalls feſt, und gegen RNaubvögel, welche ihn vom Boden erhoben, wehrt er ſih no< in der Luft. Wenn er ſih einmal eingebiſſen hat, hält er ſo feſt, daß man ihn totſ{<lagen kann, ehe er nahläßt.

Daß ein ſo jähzorniges Tier nicht verträglih ſein kann, iſt erklärlih. Die eigenen Kinder mögen nicht mehr bei der Mutter bleiben, ſobald ſie größer geworden ſind; der