Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Hamſter: Begabung. Weſen. Raubluſt. 593

männliche Hamſter beißt den weiblichen tot, wenn er außer der Paarungszeit mit ihm zuſammenkommt. Jn Gefangenſchaft leben die Hamſter nur ſelten miteinander in Frieden, alte wahrſcheinlich niemals. Junge, welche noh nicht ein Fahr alt ſind, vertragen ſich beſſer. I< habe längere Zeit in einer Kiſte drei Stück gehabt, welche ſich niemals zankten, ſondern im Gegenteile ret verträglih bei einander ho>ten, meiſtens noch einer auf dem anderen. Zunge Hamſter aus verſchiedenen Neſtern fallen aber augenbli>lih übereinander her und beginnen den Kampf auf Leben und Tod. Äußerſt luſtig iſt es, wenn man ihm einen Fgel zur Geſellſchaft gibt. Zuerſt betrachtet er neugierig den ſonderbaren Kauz, welcher ſeinerſeits ſih niht viel um ihn kümmert und ruhig ſeines Weges geht. Doch die Ruhe wird bald geſtört. Der Jgel kommt zufällig in die Nähe ſeines Mitgefangenen, ein ärgerliches Grunzen begrüßt ihn, und erſhre>t rollt er ſi< zur Kugel ein. Feßt geht der Hamſter auf Erforſhungsreiſen aus. Der Stachelballen wird berohen und — ſeine blutige Naſe belehrt ihn gründlich von der Vielſeitigkeit der Hautgebilde. Wütend ſtößt er die Kugel von ſih o weh, auch die Hand iſt verwundet! Fett webt er die Zähne, quiekt, faucht, hüpft auf den Ball, ſpringt entſeßt wieder herab, verſucht, ihn mit dem Nütken wegzuſchieben, ſticht ſih in die Schulter, wird immer wütender, macht neue vergebliche Anſtrengungen, ſich des Ungeheuers zu entledigen, holt ſi< neue Stiche in Händen und Lippen und ſtellt ſi< endli<h, mehr erſtaunt als erboſt, vor dem Stachelhelden auf die Hinterbeine und betrachtet ihn mit unendlih fomiſcher Sheu und mit verbiſſener Wut, oder läßt dieſe an irgend welchem Dinge aus, auh an einem ganz unſchuldigen mitgefangenen Hamſter, welchem er die dem Jgel zugedachten Biſſe beizubringen ſucht. So oft der Jgel ſi< rührt, geht der Tanz von neuem an, und der Beſchauer möchte berſten vor Lachen.

Mit anderen kleineren Tieren verträgt er ſih natürli<h no< weniger als mit ſeinesgleichen, ja, er macht förmlih Jagd auf ſie; denn ſeine Nahrung beſteht zum guten Teile auch aus lebenden Geſchöpfen. Kleine Vögel, Mäuſe, Eidechſen, Blindſchleichen, Ringel: nattern und Kerbtiere frißt ex noch lieber als Pflanzenſtoffe, und wenn man ihm einen lebenden Vogel in ſeinen Käfig wirft, ſpringt er eilig zu, zerbricht ihm zuerſt die Flügel, dann den Kopf oder zermalmt ihm überhaupt gleich Hals und Kopf und verzehrt ihn dann mit Behagen. Gelegentlich wird ein alter Hamſter ſogar zum Jagdfrevler. Ein guter Beobacter, Lehrer Seidler in Cloſewiß bei Jena, hörte bei einem Gange durch die Felder Geräuſh und Tierſtimmen und bemerkte an einer Stelle im Grünzeuge heftige Bewegung. Dort fand ex einen ſtarken Hamſter auf einem etwa gleich großen Häschen ſißen, dem er eben dur Biſſe ins Geni> den Reſt gab. So gierig war der Räuber mit ſeinem Opfer beſchäftigt, daß er den herantretenden Menſchen gar nicht bemerkte und mittels eines Stocſchlages getötet werden konnte. Aus dem Pflanzenreiche verzehrt der Hamſter ſo ziemlich alles, was genießbar iſt, am liebſten wohl Getreide und Hülſenfrüchte, aber auh grüne Saaten, allerlei Kräuter, Möhren, Kartoffeln und dergleichen, ferner mancherlei Gewurzel ſowie reifes und unreifes Obſt. Jn der Gefangenſchaft nährt ex ſich auch von allerlei Geba>enem, wie Kuchen und Brot, von Butter, Käſe 2c., kurz, er zeigt ſih als wahrer Allesfreſſer.

Auch der Hamſter iſt ein Winterſchläfer. Er erwacht, ſobald die Erde aufgetaut iſt, oft ſchon im Februar, ſicher un März. Anfangs öffnet er ſeine verſtopften Löcher noh nicht, ſondern hält ſi ſtill unten im Baue und zehrt von ſeinen eingetragenen Vorräten. Gegen die Mitte des März erſchließen die alten Männchen, Anfang April die alten Weibchen das Falllo<h. Jett ſuchen ſie ſi< bereits außen Nahrung, tragen auch von friſhbeſäeten Akerſtücen, wo ſie die Körner ſorgfältig aufleſen, Getreide in ihren Bau ein. Junge Pflanzen behagen ihnen bald mehr als die Körner, und nunmehr gehen ſie dieſer Nahrung nach oder nehmen ab und zu au< wohl ein ungeſchi>tes Vögelchen, eine Maus, einen Käfer, eine Raupe als willkommene Beute mit hinweg. Zu gleicher Zeit pflegen ſie ſih einen neuen