Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

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528 Siebente Ordnung: Nager; ſe<hſte Familie: Wühlmäuſe.

dem Pelze verſte>t, die Augen klein, die Hinterbeine entſchieden länger als die vorderen. Das Fell iſ dicht, glatt anliegend, weih und glänzend, ſein Wollhaar außerordentlich zart, fein und kurz, das Grannenhaar ſtark glänzend und doppelt ſo lang als jenes. Die Oberſeite hat braune, bisweilen gelblihe Färbung, die Unterſeite iſt grau, hier und da rötlih angeflogen, der Shwanz ſchwarz; die Shwimmhaare an den Zehen ſind weiß, die Krallen rötlih hornfarben. Selten finden ſi<h dunkle Abänderungen, häufiger kommen Weißlinge vor. Erwachſene Männchen werden etwa 58 cm lang, wovon auf den S<hwanz ungefähr die Hälfte kommt.

Die Ondatra bewohnt die zwiſchen dem 30. und 69. Grade nördlicher Breite gelegenen Länder Nordamerikas. Man glaubte früher, no< andere Arten dieſer Gattung vermuten zu dürfen, genauere Unterſuhungen haben jedo< ergeben, daß nur die eine Art vortommt. Am häufigſten findet ſi<h das Tier in dem waſſerreichen Kanada und in Alasfa, hier beſonders nördli<h von der gleihnamigen Halbinſel, um Briſtolbai im Nuſchagakgebiete. Die graſigen Ufer größerer Seen oder breiter, langſam ſtrömender Flüſſe, ſtiller Bäche und Sümpfe, am liebſten aber niht allzu große, mit Schilf und Waſſerpflanzen bede>te Teiche bilden die Aufenthaltsorte der als Pelztier geſhäßten Ratte. Hier bewohnt ſie familien- oder volkweiſe eine beſtimmte Stelle und bildet mit anderen ihrer Art ziemlich feſte Verbindungen. Jn ihrer Lebensweiſe ähnelt ſie in mancher Hinſicht dem Biber; die Fndianer nennen deshalb beide Tiere Brüder und behaupten, daß der Biber der ältere und geſcheitere, die Biſamratte aber der dümmere ſei. Die Baue ſind, wie bei dem Biber, entweder einfahe Keſſel unter der Erde mit mehreren Ausgangsröhren, welche ſämtlih unter Waſſer münden, oder Burgen über der Erde. Lebtere, welhe vorzügliß im Norden angelegt werden, ſind rund und kugelförmig oder fuppelartig und ſtehen auf einem Shlammhaufen, ſo daß ſie den Waſſerſpiegel überragen. Jhre Wandungen werden aus Schilf, Riedgräſern und Binſen hergeſtellt und mit Schlamm gekittet; doh behaupten einige Beobachter, daß die ganze Hütte nur aus Schlamm beſtände und nah und nach erſt ſi< mit einer dünnen Schicht von angetriebenem Graſe und Binſen bede>e. Fm Fnneren enthält die Burg eine einzige Kammer von 40—60 cm Durchmeſſer. Zu ihr führt eine Röhre, welche auf dem Boden des Waſſers mündet. Andere, blinde Röhren laufen von ihr aus und gehen ein Stü unter der Erde fort, werden auh na< Umſtänden mehr oder weniger verlängert, denn ſie dienen eigentlich bloß dazu, um die Wurzeln der Waſſergewächſe einzuernten. Fm Winter füttert die Ondatra ihre Kammern mit Waſſerlilien, Blättern, Gräſern und Schilf weih aus und ſorgt, na< Audubon, dadurch für Luftwechſel, daß ſie die Kuppelmitte ihrer Hütte mit loſe zuſammengeſchichteten Pflanzen bede>t, welche eben genug friſche Luft zu- oder die verbrauchte ablaſſen. Solange der Sumpf oder Teich niht bis auf den Grund ausfriert, lebt ſie höhſt behagli< in der warmen, durch die dite über ihr liegende Shhneedede noh beſonders geſhügten Wohnung. Dringt die Kälte ſo tief ein, daß der Biſamratte freier Ausgang verwehrt wird, ſo leidet ſie erheblih von dem Ungemache der Verhältniſſe, und manchmal gehen viele Hunderte einer Anſiedelung zu Grunde, weil es ihnen nicht gelingt, Atmungslöher dur die Eisdecke zu brehen und dieſe dur<h Auskleidung mit Schlamm für längere Zeit offen zu erhalten. Richardſon, welcher dieſe Angaben über die Baue macht, fügt hinzu, daß nur in ſehr ſtrengen Wintern die Tiere in wirkliche Not geraten; denn ſie bauen meiſt in tiefere Sümpfe und Teiche oder in die Nähe von Quellen, wo das Waſſer nicht zufriert. St der Grund, auf welchem der Bau errichtet werden ſoll, zu tief, ſo wird er durch Anhäufung von Schlamm und Erde erhöht, iſt er zu ſeicht, beſonders ausgegraben. Dabei hält die Ondatra immer darauf, daß ſie auh zu Zeiten der Überſhwemmung geſichert iſt und in der Nähe etwas zu freſſen hat. Deshalb wählt ſie am liebſten Gewäſſer, welche einen möglichſt gleihmäßigen Stand haben und reih an Gewächſen ſind.