Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

SSL Siebente Dronung: Nager; ſechſte Familie: Wühlmäuſe.

Waſſer, tauchen unter und ſhwimmen einem ſichern Verſtecke zu. Haben ſie aber ihre Mahlzeit ungeſtört vollendet, dann legen ſie ſih zuſammengekauert auf den Eßtiſch und ruhen aus.“ Neben dem Rohre verzehren die an Teichen wohnenden Waſſerratten allerlei Pflanzenwurzeln und ſaftige Gräſer, unter Umſtänden auh Früchte; die Reut- und Schermäuſe aber gehen alle Gemüſe ohne Unterſchied an und vernichten weit mehr, als ſie wirklih brauchen. „Es ſind Beiſpiele bekannt“, ſagt Blaſius, „daß dur dieſes Tier in einzelnen Feldern und Feldmarken über die Hälfte der Getreideernte umgekommen iſt. Sie freſſen die Halme über der Wurzel ab, um die Ähre zum Falle zu bringen; doch holen ſie, als geſchi>te Kletterer, ebenſo die Maiskörner aus den Ähren oder reifes Obſt vom Spalier und den Bäumen herab.“ Tieriſche Nahrung verſhmähen ſie auh niht. Jm Waſſer müſſen Kerbtiere und deren Larven, kleine Fröſche, Fiſche und Krebſe ihnen zur Mahlzeit dienen, auf dem Lande verfolgen ſie Feld- und andere Mäuſe, den im Graſe brütenden Vögeln nehmen ſie die Eier weg, den Gerbern freſſen ſie ganze Stücke von den eingeweihten Tierhäuten ab 2c. Jm Herbſte erweitern ſie ihren Bau, indem ſie eine Vorratskammer anlegen und dieſe durch Gänge mit ihrem alten Neſte verbinden. Die Kammer füllen ſie aus nahe gelegenen Gärten und Feldern mit Erbſen, Bohnen, Zwiebeln und Kartoffeln an und leben hiervon während des Spätherbſtes und Frühjahres oder ſolange das Wetter noch gelinde iſt. Erſt bei ſtarkem Froſte verfallen ſie in Schlaf, ohne jedoch dabei zu erſtarren. Nux ſehr ſelten gewahrt man die Fährte einer Waſſerratte oder Schermaus auf dem Schnee; in der Regel verläßt ſie den Bau während der kälteren Fahreszeit nicht.

Die Vermehrung der Waſſerratten und Schermäuſe iſt bedeutend. Drei- bis viermal im Fahre findet man in dem unterirdiſchen warmen, weih ausgefütterten Neſte 2 —7 Junge, oft in einem Neſte ſolche von verſchiedener Färbung zuſammen. „Die Tiefe der Erdhöhle, in welcher das Neſt errichtet wird“ ſagt Landois, „ſchwankt zwiſchen 30—60 cm. Zu ihr führen ſtets mehrere Gänge. Das Neſt ſelbſt füllt die Erdhöhle vollſtändig aus, iſt kugelig, hat einen Durchmeſſer von 15—20 cm und beſteht aus einer Unzahl äußerſt feiner, tro>ener Wurzelfäſerhen. Dickere Wurzelfaſern und Wurzeln werden beim Baue vermieden und fomit ein Neſt hergeſtellt, welhes in Bezug auf ſeine Weiche und Wärme viele Vogelneſter beſchämen könnte.“ Zuweilen findet man die Neſter in dichtem Geſtrüpp unmittelbar über der Erde, manchmal auch im Rohre. Ein ſolches Neſt beſchreibt Blaſius. „Es ſtand 1 m hoh über dem Waſſerſpiegel, wie ein Nohrſängerneſt zwiſchen drei Schilfſtengel eingeflohten, etwa 30 Schritte vom tro>enen Ufer ab, war kugelrund, aus feinen, weichen Grasblättern gebaut, am Eingange zugeſtopſt, hatte außen etwa 10 cm, inwendig wenig über 5 em im Durchmeſſer und enthielt zwei halberwachſene Junge von kohlſchwarzer Färbung. Eines der alten Tiere, welches bei meiner Annäherung ſih vom Neſte entfernte und ins Waſſer ſprang, war ebenfalls ſ<hwarz von Farbe. Es ſhwamm und tauchte mit großer Geſchi>lichkeit. Die Alten konnten nur ſ{hwimmend zum Neſte gelangen, indem der Teich vom Ufer an bis zum Neſte durhgängig gegen 1 m Tiefe beſaß, und waren dann gezwungen, an einem einzigen Scilfſtengel in die Höhe zu klettern. Der gewöhnliche Neſtbau der Waſſerratten iſt ſo abweichend, und die Gelegenheit, ein unterirdiſches Neſt in einem naheliegenden Felde und Garten oder in der an den Teich angrenzenden Wieſe, oder ein Neſt auf der Erde in dichtem Gebüſche auf den Teichdamm zu bauen, war ſo günſtig, daß ſi keine Erklärung8gründe für dieſes abweichende Verhalten zu finden vermögen. Hätte ih das Neſt beim Aufſuchen von Nohrſänger- und Krontaucherneſtern niht zufällig gefunden: es würde mir nie eingefallen ſein, an ähnlichen Orten nah Waſſerrattenneſtern zu ſuchen.“

Der Begattung gehen lang anhaltende Spiele beider Geſchlehter voraus. Namentlich das Männchen benimmt ſih ſehr eigentümlich. Es dreht ſi< manchmal ſo ſchnell auf dem Waſſer herum, daß es ausſieht, als ob es von einer ſtarken Strömung bald im Wirbel