Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Waſſerratte. Schneemaus. 595

bewegt, bald herumgewälzt würde. Das Weibchen ſcheint zwar ziemlich gleichgültig zuzuſehen, erfreut ſich aber doh wohl ſehr an dieſen Künſten; denn ſobald das liebestolle Männchen mit ſeinem Reigen zu Ende iſt, ſhwimmen beide gewöhnlich gemütlih nebeneinander, und dann erfolgt faſt regelmäßig die Begattung. Die Mutter pflegt ihre Kinder mit warmer Liebe und verteidigt ſie bei Gefahr. Wenn ſie die Kleinen in dem einen Neſte niht für ſicher hält, ſucht ſie nah einem ſichereren Orte, \<leppt ſie im Maule hin und ſhwimmt dabei mit ihnen über breite Flüſſe und Ströme. Die eigene Gefahr vergeſſend, läßt ſie ſich bisweilen mit der Hand erhaſchen; aber nur mit Mühe kann man dann das Junge, welches ſie trägt, ihren Zähnen entwinden. „Werden die Jungen“, ſagt Fißinger, „zufällig mit der Pflugſhar ausgea>ert und nict ſogleich getötet, ſo eilt die Mutter {nell herbei und ſucht ſie raſh in einem anderen Lohe zu verbergen oder trägt ſie, wenn ein ſolches in der Nähe nicht glei aufzufinden iſt, unter das nächſte Buſchwerk, um ſie einſtweilen dort zu ſhüßen. Geraten die Jungen durch einen plöglichen Angriff in Gefahr, ſo verteidigt ſie die Mutter mit Kühnheit und Geſhhi>k, ſpringt Hunden, Katen, ja ſelbſt dem Menſchen entgegen und verſeßt den Verfolgern oft heftige Biſſe mit ihren ſcharfen Zähnen. Nah 3 Wochen führt ſie ihre Kleinen aus der Höhle und trägt, während dieſe auf dem Raſen oder auf Pflanzenbeeten freſſen, die zarten Sproſſe von verſchiedenen Gräſern, beſonders aber Erbſen, die Lieblingsnahrung der Jungen, in ihre Höhle ein. Die Kleinen beginnen nun auh bald ihre Grabverſuche und werden ſchon in zarter Jugend auf Wieſen und Acerfeldern und no< mehr in Gärten ſehr ſ{hädli<h.“

Die gefährlichſten Feinde der Schermaus ſind Wieſel und Hermelin, weil ſie ihr in die unterirdiſchen Gänge und ſelbſt in das Waſſer nahfolgen. Beim Verlaſſen ihrer Röhren wird ſie au< von Waldkauz und Schleiereule, von Fltis und Kate erbeutet; im allgemeinen aber iſ ſie gegen die Räuber ziemlich geſichert und fordert um ſo dringender unnachſichtliche Verfolgung von ſeiten des Menſchen heraus. Fallen oder eingegrabene große Töpfe, deren glatte Wände ihr, wenn ſie bei ihren nächtlichen überirdiſhen Spaziergängen hineingefallen iſ, das Entkommen unmöglih machen, ſhüßen ebenfalls wenig gegen ſie, weil ſie beide möglichſt vermeidet, und ſo bleibt nur ein Mittel zur Abwehr übrig. Dieſes beſteht darin, ihre Gänge zu öffnen, ſo daß Licht und Luft hineindringen. „Schon einige Minuten nahdem dies geſchehen“, ſagt Schacht, frühere Augaben von Landois beſtätigend, „Xommt ſie herbei, ſte>t neugierig den Kopf zur Thüre heraus, ſ{lüpft wieder zurü> Und fängt bald darauf an, unter der eröffneten Nöhre eine neue zu graben. Um ſie hervorzulo>en, legt man ihr au<h wohl eine Peterſilienwurzel, ihre Lieblingsſpeiſe, vor die Öffnung. Beim Hervorkommen bläſt man ihr das Lebenslicht aus. Freilich iſt es kein edles Meidwerk, auf Rattenvieh zu jagen, dieſes Wild aber immerhin einen Schuß Pulver wert.“ Die Gärtner Weſtfalens nehmen, wenn andere Vertilgungsvorkehrungen des maßlos ſchädlichen Wühlers fehlſchlagen, ſtets zu dieſem erprobten Mittel ihre Zuflucht.

Für die Gefangenſchaft eignet ſi< die Waſſerratte nicht. Sie iſt ziemlich weihli, verlangt deshalb gute Pflege und wird niemals ordentlich zahm. |

Hoch oben auf den Alpen, da, wo das übrige tieriſche Leben ſhon längſt aufgehört hat, wohnt eine zweite Art der Gattung, jeder Jahreszeit Troß bietend, ohne daran zu denken, im Winter nah Art anderer Nager Schuß im Fnnern der Erde zu ſuchen. Noh heute wiſſen wir nichts Ausführliches über ſie, obgleich die tüchtigſten Tierkundigen ſih mit der Erforſchung ihres Lebens beſchäftigt haben; denn die Unwirtlichkeit ihrer Heimat legt der Beobachtung zu große Schwierigkeiten in den Weg.

Die Shneemaus (A rvicola [Paludicola] nivalis, leucurus und lebrunii, Hypudaeus niyalis, alpinus, nivicola und petrophilus) ift eine ziemli< fleine Wühlratte