Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

5838 Siebente Ordnung: Nager; ſe<ſte Familie: Wühlmäuſe.

Die Waldwühlmaus findet ſi< gewöhnli<h in Laubwäldern und an Waldrändern, ebenſo in Gebüſchen und parkähnlichen Gärten. Man kennt ſie au< aus Ungarn, Kroatien, der Moldau und Rußland, und wahrſcheinlich iſ ſie no< viel weiter verbreitet, als man jebt weiß. Fhre Nahrung nimmt ſie mehr aus dem Tier- als aus dem Pflanzenreiche, verzehrt vorzüglich Kerbtiere und Würmer, mag im Freien ein oder das andere Vögelchen wegnehmen, und läßt ſi< im Käfige Fleiſhnahrung behagen, verſhmäht jedoh auh Getreide, Sämereien und knollige Wurzeln niht und geht im Winter mit Vorliebe die Ninde junger Väume an. Wenn ſie in einem Walde häufig auftritt, kann ſie dur< Benagen der Jinde von Pflänzlingen unſäglichen Schaden anrihten und große Stre>ken junger Schonungen vollſtändig verwüſten. Vom Walde aus geht ſie zwar ſelten weit, beſucht aber doh manchmal bena<hbarte Felder und richtet hier dann ebenſoviel Schaden an wie andere ihrer Familie. Einzeln ſicht man ſie in den Wäldern auch bei Tage umherlaufen, die Hauptmaſſe erſcheint jedo< erſt gegen Abend. Weniger behende als andere Mäuſe, läuft ſie dann mit ihren Artgenoſſen umher, ſpielt und balgt ſi< wohl ein wenig oder klettert mit Geſchi>lichkeit an Baumſtämmen bis zu ziemlihen Höhen hinauf, dabei der Nahrung nachgehend. Dreiz- bis viermal im Fahre wirft das Weibchen 4—8 na>te und blinde Junge, welche in ungefähr 6 Wochen ſchon die Größe der Alten erreiht haben. Das Neſt ſteht in den meiſten Fällen über dem Boden, in dichten Büſchen, iſt wenig kunſtfertig, jedoh immerhin noh dicht gebaut und beſteht äußerlich aus gröberen Holzfaſern, Grashalmen und dergleichen Stoffen, innerlich aus denſelben Beſtandteilen, nur daß dieſe hier ſorgfältiger gewählt, feiner und weicher ſind.

' Der Hauptfeind der Waldwühlmaus iſt der Baumkauz; außerdem ſtellen ihr Fuch3, Jltis und Hermelin, Buſſard, Rabe und Krähe nah. Doch entgeht ſie dur< ihren Aufenthalt im Geſtrüppe vielen Feinden, welche andere ihrer Sippſchaſt gefährden.

Eine gefangene Waldwühlmaus iſt ein niedliches Geſhöpf. Sie dauert leiht im Käfige aus, wird bald re<t zahm, läßt ſih in die Hand nehmen und berühren, beißt aber doh ab und zu einmal ihren Wärter in die Finger. Mit anderen ihrer Art oder mit Verwandten verträgt fie ſih vortrefflich. '

Al3 Vertreter einer anderen Untergattung, der A>ermäuſe (Agricola), gilt die Erdmaus (À ryicola [Agricola] agrestis, Mus agrestis und gregarius, A ryicola baillonii, neglecta, britannica, Lemmnus ingularis). Der erſte untere Ba>enzahn hat auf der Kauflähhe 9 Schmelzſchlingen, außen 5, innen 6 Längsleiſten, der zweite 5 Schmelz{lingen und außen und innen 3 Längsleiſten, der erſte und zweite obere Bakenzahn 5 einfache Schhmelzſchlingen und außen und innen 3 Längsleiſten, der dritte endlih 6 Schmelz¡<lingen und außen und innen 4 Kanten; das Zwiſchenſcheitelbein iſt an den Seiten ziemlich re<twinkelig abgeſhnitten; das Ohr tritt wenig aus dem Pelze hervor und erreicht etwas über ein Drittel der Kopflänge. Jn der Färbung erinnert die Erdmaus an die Waldwühlmaus. Der Pelz iſt zweifarbig, oben dunkel ſ{hwärzlihbraungrau, nah den Weichen etwas heller, unten und an den Füßen grauweiß, der Shwanz ebenſo, oben dunkelbraun und unten grau1weiß.

Die Erdmaus bewohnt den Norden der Alten Welt: Skandinavien, Dänemark, Briz tannien, Norddeutſchland und Frankreich, lebt gewöhnlih im Gebüſch, in Wäldern, an Waldrändern, Gräben, auf Dämmen 2c., aber nur in waſſerreichen Gegenden, man<hmal mit ihren Verwandten zuſammen. Blaſius traf ſie zuweilen auch in Geſellſchaft der Waſſerſpißmaus in den Neſtern des großen Waſſerhuhns angeſiedelt. Altum hebt hervor, daß man ihre Überreſte beſonders in den Gewöllen der Waldohreule und des Waldkauzes findet, ſie alſo in lihteren jüngeren Waldteilen mit freien Pläßen und dichten Gebüſchen, niht