Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Waldwühlmaus. Erdmaus. Feldmaus. 539

aber auf Ä>ern und freien Wieſen zu ſuchen hat. Jhre Nahrung nimmt ſie vorzugsweiſe aus dem Pflanzenreiche. Sie verzehrt Wurzeln, Rinden, Früchte, aber auh Kerbtiere und Fleiſch. Jn ihren Bewegungen iſt ſie ſo unbeholfen, daß man ſie ohne große Mühe mit der Hand fangen kann. Dabei iſt ſie gar niht ſcheu und erſcheint auh meiſtens am hellen Tage vor dem Eingange ihrer Erdhöhlen. Das runde Neſt ſteht dicht unter der Oberfläche der Erde, wird aber dur dichte Grasbüſchel und dergleichen von obenher ſehr geſchüßt. Dreibis viermal im Jahre findet man in ſolchen Neſtern 4—7 Junge, welche bald groß werden und von Anfang an den Alten ähneln. Fn der Gefangenſchaft kann man ſie leicht erhalten. Sie lebt auch hier friedlih mit anderen Artverwandten zuſammen. „Jh hielt“, ſagt Blafius, „eine Erdmaus in demſelben Behälter mit einer Waldwühlmaus und einer Feldmaus zuſammen. Jede grub ſich in der Erde des Behälters eine beſondere Nöhre aus, veränderte dieſelbe aber tagtäglih. Jn dieſe Röhren legten ſi<h die Mäuſe zum Schlafen oder flüchteten dahinein, wenn ſie erſhre> wurden. Um zu freſſen und ſich zu putzen, ſaßen ſie draußen und liebten es auh, ganz beſchaulich die warme Sonne zu genießen. Am meiſten nächtlicher Natur ſchien die Feldmaus zu ſein. Sie trieb ſih no< bewegli<h umher, wenn die anderen lange ruhten. Doch kamen auh dieſe in der Nacht von Zeit zu Zeit wieder zum Vorſchein. Einen mehr als etlihe Stunden langen, ununterbrochenen Schlaf habe ich bei feiner beobachtet.“ '

Die Feldmäuſe, welche ebenfalls eine Untergattung (Aryicola) bilden, ähneln den Aermäuſen darin, daß der erſte untere Backenzahn ebenfalls 9 Schmelzleiſten auf der Kaufläche und außen 5, innen 6 Längsleiſten hat, wie auch der zweite untere Bakenzahn keine weſentlihe Abweichung zeigt, unterſcheiden ſi< aber durch die Beſchaffenheit des zweiten oberen Bafenzahnes, welher nur 4 Shmelzſchlingen und außen 3, innen 2 Längsleiſten hat. Das Zwiſchenſcheitelbein iſt am Hinterrande erhaben abgerundet, an den Seiten verſchmälert und ſcharf abgeſchnitten mit einer kurzen, ſhräg nah hinten und außen gerihteten Spiße.

Das für uns wichtigſte Mitglied der Untergattung iſt die Feldmaus (Arvicola [Arvicola] arvalis, Mus arvalis, Arvicola yulgaris, fulyus, arenicola, duodecimcostatus, Hypudaeus rufofuscus), ein Zierhen von 14 cm Geſamt- oder 11 cm Leibesund 3 cm Schwanzlänge. Der Pelz iſ undeutlich zweifarbig, auf der Oberſeite gelblihgrau, an den Seiten heller, auf der Unterſeite ſhmußig roſtweißlich; die Füße ſind reiner weiß.

Ganz Mittel- und ein Teil von Nordeuropa ſowie der weſtliche Teil von Mittel- und Nordaſien ſind die Heimat dieſes kleinen und für den menſhlihen Haushalt ſo überaus bedeutſamen Geſchöpfes. Jn Europa reicht die Feldmaus bis in die nördlihen Provinzen Rußlands, in Aſien ſüdlich bis nah Perſien, weſtlich bis jenſeits des Db. Fn Jrland, auf Zsland, Corſica, Sardinien und Sizilien fehlt ſie gänzlih. Sie gehört ebenſowohl der Ebene wie dem Gebirge an, obgleih ſie im Flahlande häufiger auftritt. Fn den Alpen ſteigt ſie bis 2000 m über das Meer empor. Baumleere Gegenden, Felder und Wieſen, ſeltener Waldränder und Waldblößen ſind ihre bevorzugten Wohnpläße, und nicht allein das tro>ene, bebaute Land, ſondern auch die feuhten Sumpſniederungen müſſen ihr Herberge geben. Hier legt ſie ſi< in den tro>enen Vülten ihre Gänge und Neſter an, dort baut ſie ſi ſeihte Gänge mit 4—6 verſchiedenen Eingangslöchern, welche außen dur niedergetretene, vertiefte Wege verbunden werden. Jm Herbſte zieht ſie ſih unter Getreidehaufen zurü> oder kommt in die Wohnungen, in Scheuern, Ställe und Keller. Fn den Häuſern lebt ſie vorzugsweiſe in den Kellern, niht auf dem Boden wie die eigentlichen Mäuſe. Jm Wintex gräbt ſie lange Gänge unter dem Schnee. Wo ſie kann, ſammelt ſie