Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Allgemeines. 599

trippelnden Ganges ſehr raſh auf dem Boden hin, und die anderen klettern, wenn auh niht mit der Behendigkeit des Eichhorns, ſo doh immer gewandt genug, in dem Gezweige auf und nieder. Die Bodenbewohner verſtehen das Graben meiſterhaft und wiſſen allen Schwierigkeiten, welche ihnen harter Boden entgegenſeßt, zu begegnen. Unter den Sinnen ſcheint ausnahmslos der Geru< obenan zu ſtehen, bei den Kletterſtachelſhweinen auh no< der Taſtſinn einigermaßen ausgebildet zu ſein, Geſicht und Gehör dagegen find bei allen <hwa<h. Zhre geiſtigen Fähigkeiten ſtehen auf einer tiefen Stufe. Sie ſind dumm, vergeßlih, wenig erfinderiſh, boshaft, jähzornig, ängſtlih, ſcheu und furhtſam, obgleich alle bei drohender Gefahr dur< Sträuben ihres Stachelkleides und einige dur Raſſeln mit den Shwanzſtacheln Furcht einzuſlößen ſuhen. Mit anderen Geſchöpfen halten ſie cbenſowenig Freundſchaft wie mit ihresgleichen: ein beliebter Biſſen kann ſelbſt unter den Gatten eines Paares ernſthaften Streit hervorrufen. Niemals ſieht man zwei Stachelſhweine miteinander ſpielen oder auh nur freundſchaftlih zuſammen verkehren. Jedes geht ſeinen eigenen Weg und bekümmert ſi< ſo wenig wie möglih um das andere, und höchſtens um zu ſchlafen, legen ſi ihrer zwei nahe nebeneinander nieder. Mit dem Menſchen, welcher ſie gefangen

Gerippe des Stathelſ<hweines. (Aus dem Berliner anatomiſchen Muſeum.)

hält und pflegt, befreunden ſie ſih nie, lernen au< ihren Wärter von anderen Perſonen niht unterſcheiden. Jhre Stimme beſteht in grunzenden, dumpfen Lauten, in Schnauben, leiſem Stöhnen und einem ſchwer zu beſchreibenden Quieken, welches wahrſcheinlih zu dem im übrigen gänzlih unpaſſenden Namen „S<hwein“ Veranlaſſung gegeben hat.

Allerlei Pflanzenteile, von der Wurzel an bis zur Frucht, bilden die Nahrung der Sta<elſhweine. Nach anderer Nager Art führen ſie das Futter mit den Vorderpfoten zum Munde oder halten es, während ſie freſſen, damit am Boden feſt. Das Waſſer ſcheinen faſt alle längere Zeit entbehren zu können; wahrſcheinlih genügt ihnen der Tau auf den Blättern, welche ſie verzehren.

Über die Fortpflanzung \ind erſt in der Neuzeit Beobachtungen geſammelt worden. Die Zungen, deren Anzahl zwiſchen 1 und 4 ſ{hwankt, kommen nach einer Tragzeit von ungefähr 7—9 Wochen zur Welt.

Für den Menſchen ſind die Stachelſhweine ziemlih bedeutungsloſe Weſen. Die ‘erdbewohnenden Arten werden zuweilen dur< das Graben ihrer Höhlen in Feldſtücken und Gärten läſtig, nüßen aber dafür dur ihr Fleiſh und durch ihr Stachelkleid, deſſen ſhön gezeihnete, glatte Horngebilde zu mancherlei Zwe>en Benubung finden. Die kletternden Arten richten als arge Baumverwüſter nur Unfug an und nüßen gar nihts. Fn den reichen Gegenden zwiſchen den Wendekreiſen können die dort lebenden Arten ebenſowenig ſchaden wie nügen.