Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

566 Siebente Ordnung: Nager; neunte Familie: Stachelſhweine.

Beſitz kam. Am Fuße des Cape Mount-Gebirges ganz nahe am Strande befand ſi ein ähnlicher Bau zwiſchen hohen Felstrümmern, doh war es hier niht möglich, deſſen Bewohnern beizukommen.“ Ein dritter Bau wurde im Steilufer eines Fluſſes und ein vierter wiederum im Gefelſe entde>t. Von dem Betragen der Gefangenen darf man ſ{<ließen, daß die Sitten denen anderer Bodenſtachelſhweine ähneln. Jch habe das Tier wiederholt lebend geſehen und auch längere Zeit beobachten können. Es macht einen weit günſtigern Eindru> als das gemeine Stachelſhwein. Wie dieſes liegt es bei Tage möglichſt verborgen in dem ihm hergerichteten Schlupfwinkel, am liebſten in ſein Heulager eingewühlt; mit So1nenuntergang wird es lebendig und läuft dann mit großer Behendigkeit, aber trippelnden Ganges in ſeinem Gehege umher. Seine Bewegungen ſind gleihmäßig, raſh und durhaus geſhidt. Über Steintrümmer und andere erhabene Gegenſtände klettert es mit Leichtigkeit hinweg, und auf dem Boden huſcht es geſ<wind dahin. Der Shwanz wird öfters aufre<t getragen, das Stachelkleid geſträubt. Leßteres geſchieht namentlih, wenn das Tier erzürnt iſt: dann raſſelt es au<h mit der Quaſte, aber weit weniger geräuſchvoll als die übrigen Stachelſchweine.

Gegen den Pfleger beweiſen ſich die Quaſtenſtahhler weit zutraulicher als ihre Verwandten, kommen, wenn man ihnen Nahrung vorhält, ohne Bedenken herbei und nehmen ſie zierlih weg, laſſen ſi< überhaupt behandeln, ohne ſofort in ſinnloſe Wut zu geraten. Auch unter ſich leben ſie verhältnismäßig friedlih. Die Gatten eines Paares ſcheinen ſi< ſehr u lieben, liegen bei Tage dicht nebeneinander, laufen abends zuſammen umher und pugen, kraßen und le>en ſich gegenſeitig, auh zwiſchen den Stacheln, welche das eine dann ſo weit auseinander ſträubt, daß das andere mit der Klaue oder Zunge zwiſchen ihnen hindur{hkommen fann. Doch habe ic freilih ebenſo erfahren, ‘daß eine beiden vorgeworfene Le>erei den Frieden ſtören und Streit erregen kann, ja, ih habe infolge eines ſolhen Streites den Gatten eines Paares verloren: der andere hatte ihm im Zorne einen Biß in den Kopf verſeßt, welcher ſeinen Tod herbeiführte.

Es ſcheint, als ob die Quaſtenſtachler nicht ſo lichtſheu wären wie die übrigen Stachel\{hweine. Bei Tage freilih wenden ſie ſich immer vom Lichte ab, und ihr großes, lebhaftes Auge ſcheint die Helle ſhmerzlih zu empfinden; ſie erſcheinen aber bereits vor der Dämmerung, während andere Arten regelmäßig die dunkle Nacht abwarten, bevor ſie ſih zeigen. Das Fleiſch iſt niht ſonderlih ſ{hma>haft.

Die Kletterſtahelſ<weine (Cercolabinae), eine beſondere Unterfamilie bildend, unterſcheiden ſih zumeiſt dur< \ſ{hlanken Bau, mehr oder minder langen, bei den meiſten Arten zu einem Greifwerkzeuge ausgebildeten Schwanz, warzige Sohlen, kurze Stacheln und die Ba>kenzähne, welche kurze, geteilte Wurzeln haben, von den übrigen Mitgliedern der Familie. Alle hierher gehörigen Arten bewohnen Amerika.

Jn der nördlichen Hälfte Amerikas werden die Kletterſtahelſ<weine durch den Urſon (Erethizon dorsatum, Hystrix dorsata, pilosa, hudsonia) vertreten. Fhn und feinen einzigen bekannten Verwandten unterſcheiden der gedrungene Leib und der kurze, abgeflachte oder breitgedrüd>te, oberſeits mit Stacheln, unterſeits mit Borſten beſeßte Shwanz von den ſfüdamerikaniſchen Kletterſtahelſ<hweinen. Der Urſon erreicht eine Länge von 80 em, wovon der Schwanz 19 em wegnimmt. Der Kopf iſt kurz, di> und ſtumpf, die Schnauze abgeſtubt, die kleinen Naſenlöcher ſind durch eine halbmondartige Klappe mehr oder weniger verſchließbar. Die Vorderfüße ſind vierzehig und daumenlos, die hinteren fünfzehig, die Krallen lang