Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

574 Siebente Ordnung: Nager; neunte Familie: Stachelſhweine.

daß Azaras Baumſtachler kein Waſſer trank; denn diejenigen, welche ih beobachtete, verlangten ſolches regelmäßig. Sobald ſie gefreſſen hatten, naheten ſie ſih ihrem Saufnapſe und ſchöpften hier mit der breiten Hand einige Tropfen, welche ſie dann behaglich able>ten. Sehr unangenehm und ganz eigentümlich iſt der Geruch, welchen ſie verbreiten. Burmeiſter glaubt, daß dieſer Geru<h mehr auf Nechnung der faulen Nahrung in der Kiſte und des Unrats als auf eine Abſonderung der Tiere geſhoben werden müſſe, ih muß ihm jedo< hierin entſchieden widerſprechen, weil ih mi< dur<h wiederholte Verſuche überzeugt habe, daß der Geſtank an ihnen ſelbſt haftet. Wahrhaft entſeßlih wurden meine Gefangenen von kleinen, braunen Läuſen oder lausähnlihen Tieren geplagt. Dieſe Schmaroßzer ſaßen bisweilen zu Hunderten an einer und derſelben Stelle, am di>ſten in der Schnauzengegend, und ließen ſi< weder dur Kragen vertreiben, no< durch perſiſhes Jnfſektenpulver, zu wel<em wix unſere Zuflucht nahmen, entfernen.

Rengger berichtet, daß ſih beide Geſchlechter der ſonſt einſam lebenden Tiere während des Winters aufſuchen und dann cine Zeitlang paarweiſe leben. Fm Anfange des Sommers ihrer Heimat, d. h. gegen Anfang des Dktobers, wirſt das Weibchen 1—2 Junge. Azara, welcher ein trähtiges Weibchen unterſuchte, fand nur ein Funges, welches wie ſeine Mutter bereits mit Stacheln bede> war. Genaueres über die Fortpflanzungsgeſchihte vermag ih niht mitzuteilen.

Da das Äußere des Greifſtahlers wenig Einladendes hat, wird er von den Bewohnern Paraguays nur ſelten eingefangen und aufgezogen; demungeactet entgeht er den Nachſtellungen niht. Die Wilden verzehren das Fleiſch, welches des unangenehmen Geruches wegen von den Europäern verſhmäht wird. Gleichwohl ſtellen auch dieſe ihm eifrig naY. Burmeiſter erhielt bald nah ſeiner Ankunft in Rio de Janeiro einen lebenden Greifſtahler, welher nah dortiger Gewohnheit der Länge nah an einen Knüttel gebunden und jämmerlich zerſ<hlagén wax, ſo daß er die erſte Zeit nah dem Ablöſen kaum gehen konnte, und fand ſpäter einen zweiten tot neben dem Wege liegen, welcher der ungerechtfertigten Mordluſt ebenfalls zum Opfer gefallen war. Durch Henſel erfahren wir den Grund des uns unverſtändlichen Jugrimms der Einheimiſchen. „Das unheimlichſte Säugetier des braſiliſchen Urwaldes iſt das Kletterſtahelſhwein. Die Natur war noch nicht zufrieden, es mit Stacheln, wie etwa den Jgel, gegen Feinde geſhüßt zu haben, ſondern dieſe ſollten für ihren Angriff aufs furchtbarſte geſtraft werden. Die Stacheln ſind nämli<h an ihrer Wurzel fo fein und ſte>en ſo loſe in der Haut, daß ſie bei einem ganz unbedeutenden Zuge herausfallen: ſie bleiben daher in dem fremden Körper haften, ſobald ſie nur mit der Spiße eingedrungen ſind. Ergreift nun ein Hund das ruhig am Boden liegende Kletterſtachelſhwein, welches / ſeiner Furchhtbarkeit ſih bewußt, niht daran denkt, zu entfliehen, ſo bohren ſi ihm niht nur unzählige Stacheln in die Weichteile des Rachens und bleiben darin ſiven, ſondern dringen auh vermöge ihrer Widerhaken und dur<h die Bewegungen des Hundes immer tiefer ein. Das unglü>liche Tier kann den Rachen nicht ſchließen und muß, wenn niht bald Hilfe kommt, nah qualvollen Leiden dur Anſchwellung der Rachenhöhle und des Kehlkopfes erſti>en oder verhungern. Jt man gleih zur Hand, ſo kann man anfangs die Stacheln herausreißen, indem man ſie zwiſchen den Daumen und die Schneide des Meſſers nimmt; allein ſpäter iſt auch dieſes niht mehr möglich, denn ſie reißen eher entzwei. Daher gehen manche Jäger nur mit einer Zange verſehen in den Wald. Unter ſolhen Umſtänden iſt es wohl erklärlih, wenn der Jäger des Urwaldes kein Geſchöpf, ſelbſt niht die Gift{langen , ſo haßt und fürchtet wie das Stachelſhwein. Es wird daher auch jedes ohne Gnade getötet, obgleich das Tier ſonſt ganz unſchädlich iſt und keinerlei Nußen gewährt.

terfwürdigerweiſe findet man beim Ozelot oft einzelne Stacheln unter der Haut, welche hierher wohl nur von den Eingeweiden aus gedrungen ſein können, ſo daß man annehmen