Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Aguti: Bewegung. Stimme. Gefangenleben. Jagd. 587

einem Murmeltiere, welches ih in ihr Gehege ſeßte. Bis zur Ankunft dieſes Wohnungsgenoſſen hatten ſie niht daran gedacht, ſi eigene Höhlen zu graben, ſondern mit den für ſie hergerichteten Shlupfwinkeln, welche mit Heu und Stroh wohl ausgepolſtert waren, gern fürlieb genommen. Sobald das Murmeltier zu ihnen kam, änderte ſih die Sae. Der Sohn dex Alpen fand beſagten Schlupfwinkel durchaus niht nah ſeinem Geſchmacke und nate von ſeiner Kunſtfertigkeit ſofort Gebrauch. Er begann zunächſt eine ſchief nah unten führende Röhre zu graben und arbeitete dieſe im Verlaufe der Zeit zu einem vielfah verzweigten Baue aus. Jedoch hatte er ſich verre<net, wenn er glaubte, für ſi allein gearbeitet zu haben; denn die Gutis fanden den Bau nach ihrem Behagen und befuhren ihn gemeinſchaftlih mit dem re<tmäßigen Beſißer; ja es ſien, als habe dieſer ihnen erſt das Graben gelehrt: denn fortan arbeiteten auh ſie mit Ausdauer und Eifer an der Vervollfommnung der unterirdiſhen Wohnung. Das Murmeltier ſette ſeine Belehrungen fort, indem es Heu und Stroh nah dem Jnuneren der Höhle ſchleppte, die Gutis ahmten auch dieſes nach, und binnen kurzer Zeit hatte ſich die ganze Geſellſchaft beſtmöglich eingerihtet. Ende September verſ<hwand das Murmeltier den Blicken, wahrſcheinlih weil es bereits in Winterſhlaf gefallen war; es blieb ſomit wenigſtens der größte Teil des Baues den Gutis zu unumſchränkter Verfügung. Von nun an ſchleppten ſie ſehr viel Heu und Stroh in das Snnere, räumten aber von Zeit zu Zeit wieder ordentlich aus, worauf ſie neue Vorräte eintrugen. Sie blieben den ganzen Winter hindur in dieſer angeeigneten Herberge, weil es mir unmögli<h war, ſie zu fangen. Als ſtarke Kälte eintrat, zeigten ſie ſih nur auf Augenbliée, um zu freſſen, und zwar bei Tage ebenſogut wie des Nachts; die Kälte ſchien ihnen zwar unangenehm, aber niht ſ{<ädli< zu ſein, wenigſtens hielten ſie zu meiner größten Überraſchung bedeutende Kältegrade vortrefflih aus. Erſt der fallende Schnee wurde ihnen läſtig und einem von ihnen verderblich.

Unter den vielen Feinden, welche den Aguti bedrohen, ſtehen die größeren Kagten und braſiliſchen Hunde obenan; aber auch der Menſch iſt dem ſ{<hmu>en Nager feine8wegs wohlgeſinnt, und der Jäger ſicht in ihm nächſt dem Kletterſtachelſhweine das verhaßteſte Tier. „Kaum hat er“, ſchildert Henſel, „ſih angeſchi>t, mit ſeinen Hunden die Berge zu beſteigen, voll Hoffnung, ſi< aus einem Truppe Naſenbären auf einige Tage Fleiſchvorrat zu holen oder ein Rudel Biſamſchweine in einer Höhle feſtzumachen, im glü>lichſten Falle ſogar einen Tapir zu erlegen, da finden ſchon die Hunde eine Fährte und jagen laut und hitzig auf ihr die Lehne entlang, bis in der Ferne ihr Standlaut Nachricht gibt, daß ſie das Wild feſtgemaht haben. Mit Jngrimm hat der Jäger bei dem erſten Laute der Hunde erfannt, welchem Wilde die Jagd gilt. Die Hunde zu erwarten wäre fruchtlos; fluchend folgt er der Jagd und ſteht endlih vor dem Stamme eines Rieſen des Urwaldes, welcher, im Inneren ausgefault, auf dem Boden liegt und der Verweſung anheimfällt. Eine neue Welt von undurchdringlichen Rohrgewächſen erhebt ſi, von Licht und Wärme gelo>t, über dem Leichname des Rieſen. Hier arbeiten die Hunde an allen Löchern und Niſſen mit mehr Eifer als Erfolg. Noch widerſteht das Holz des Stammes ihren Zähnen, und nur aus dem Fnneren hervor hört man das Knurren des Guti. Vergebens zieht der Jäger ſein Waldmeſſer, und in ohnmächtiger Wut beſchließt er, wenigſtens den Feind für immer unſchädlich zu machen. Mit allen Kräften verkeilt er die Öffnung des Stammes und gibt ſo das harmloſe Tier<en einem qualvollen Hungertode preis. Nicht ohne Mühe ſind endlich die Hunde abgerufen, und der Jäger beginnt höher zu ſteigen, da entwi>elt ſich eine neue Jagd, UND Vekzweifelnd verläßt jener das Revier; denn die beſten Stunden für die Jagd ſind ſhon verſtrichen. Gelänge es aber auch, den Guti zu fangen, ſo unterläßt es doh der Jäger, um niht dem Eifer der Hunde neue Nahrung zu geben. Fn den meiſten Fällen iſt es nicht mögli, das Tierchen feſtzumachen. Der Guti kennt alle hohlen Stämme ſeines Gebietes