Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

50 Zehnte Ordnung: Unpaarzeher; erſte Familie: Pferde.

kennen und namentli< mehr auf die Abſtammung des Pferdes als auf deſſen Leiſtungsfähigkeit halten. Über dieſen Fall äußert ſich freili<h von Vincenti anders, indem er vom Beduinen ſagt: „Was er unbedingt fordert iſt nur, daß die Eltern der Stute fehlerfrei ſein ſollen, oder mit anderen Worten: eine fehlerfreie Stute unbekannter Herkunft iſt ihm lieber als eine fehlerhafte, die ſi eines glänzenden Stammbaumes rühmen kann.“ Übrigens folgt hinſihtlih der Abſtammung das Kind der Mutter, d. h. die Familienzugehörigkeit des Fohlens wird dur die der Stute, nicht dur die des Hengſtes beſtimmt.

Die Araber unterſcheiden viele Familien ihrer Pferde, und jede Gegend, jeder Stamm rühmt ſih beſonderer. Jn Arabien, überhaupt in den zwiſchen dem Roten Meere und dem Euphrat liegenden Gebieten unterſcheidet man, na< Blunt, gegenwärtig no<h 21 Blutſtämme oder Familien, von denen die 5 vornehmſten, deren älteſte und edelſte „Kehilan“ oder, wie Niebuhr angibt, „Kochlani“ heißt, unter dem Namen „Khamſa“ zuſammengefaßt werden: es ſind die, welche, wie bereits erwähnt, von den fünf Stuten Salomos abſtammen ſollen. Mit den berühmteſten aller arabiſchen Pferde, mit den in Nedſched gezüchteten, den ſogenannten „Nedſchedis“, hat es ſeine eigene Bewandtnis. Palgrave ſpricht mit Begeiſterung von ihnen; G. de Vaulgrenant nennt ſie die edelſte Raſſe im ganzen Orient; von Vincenti ſagt, daß die arabiſchen Häuptlinge aus politiſchen Gründen mitunter einige Pferde als Geſchenk an die Höfe von Konſtantinopel, Teheran und Kairo ſenden: „wäre das niht der Fall, jo würden die Pferdehändler in der Syriſhen Wüſte kaum je einen e<ten „Nedſchedi“ zu Geſicht bekommen“; Blunt und Colvill äußern ſehr begründete Zweifel. So muß denn auch heute noch gelten, was Shwarzne>er im vorleßten Jahrzehnte über dieſe Pferde ſchrieb: „Fn Summa alſo iſt das edelſte Wüſtenpferd ein ziemlich ſagenhaftes Tier, viel beſchrieben, ſelten geſehen und vielleicht noh ſeltener oder gar nie nah Europa gekommen.“

Ergößlich anzuhören ſind die Lobeserhebungen, welche einem hochedlen Pferde geſpendet werden. „Sage mir niht, daß dieſes Tier mein Pferd iſt, ſage, daß es mein Sohn iſt! Es läuft ſchneller als der Sturmwind, ſ{hneller no<, als der Bli> über die Ebene {<weift. Es iſt rein wie das Gold. Sein Auge iſt klar und ſo ſcharf, daß es ein Härchen im Dunkeln ſieht. Die Gazelle erreicht es im Laufe. Zu dem Adler ſagt es: Jch eile wie du dahin! Wenn es das Jauchzen der Mädchen vernimmt, wiehert es vor Freude, und an dem Pfeifen der Kugeln erhebt ſih ſein Herz. Aus der Hand der Frauen erbettelt es ſi<h Almoſen, den Feind ſ{<lägt es mit den Hufen ins Geſicht. Wenn es laufen kann nah Herzensluſt, vergießt es Thränen aus ſeinen Augen. Fhm giït es gleich, ob der Himmel rein iſt, oder der Sturmwind das Licht der Sonne mit Staub verhüllt; denn es iſt ein edles Roß, welches das Wüten des Sturmes verachtet. Jn dieſer Welt gibt es kein zweites, welches ihm gleicht. Schnell wie eine Schwalbe eilt es dahin, ſo leiht iſt es, daß es tanzen könnte auf der Bruſt deiner Geliebten, ohne ſie zu beläſtigen. Sein Schritt iſt ſo ſanft, daß du im vollſten Laufe eine Taſſe Kaffees auf feinem Rütten trinken kannſt, ohne einen Tropfen zu verſhütten. Es verſteht alles wie ein Sohn Adams, nur daß ihm die Sprache fehlt.“

eben dem eigentlihen Araber ſteht das Berberpferd, das Pferd Nordafrikas, der Sahara, dem Daumas ein Werk gewidmet hat; dieſer orientaliſhe Schlag hat in Europa die größte Verbreitung gefunden. „Alle Pferdekenner ſtimmen darin überein“, ſagt Graf Wrangel, „daß dieſes Pferd von der alten numidiſhen Raſſe herſtammt, welche während der Puniſchen Kriege zur Berühmtheit gelangte. Weniger einig iſt man bezüglich der älteſten Ahnen des Berberpferdes. Abd el Kader behauptete allerdings mit größter Beſtimmtheit, daß die Berberraſſe arabiſchen Urſprungs ſei, andere Gewährsmänner aber, die ſih rühmen können, größere geſchi<htlihe Kenntniſſe zu beſißen, als der tapfere Emir während ſeines thatenreihen Lebens erworben, verfehten mit mindeſtens ebenſo großem Nachdrucke die