Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Bergflüevogel. Alpenflüevogel. 95

menſhlihe Auge nict erbli>en kann. „Bei Annäherung einer Gefahr ſtürzt ſie ſi von der Spitze des Baumes faſt ſenkre<ht ins Gebüſch herab und verbirgt ſich gänzlih. Sie iſt jedo<h feine8wegs ſcheu, vielmehr ſehr zutraulih und kirre und läßt den Beobachter nahe an ſi kommen.“ Jm Sommer nährt ſie ſih hauptſählih von Kerbtieren, zumal kleinen Käferchen und deren Larven; auf dem Zuge verzehrt ſie faſt nur feine Sämereien, nimmt au<, um die Verdauung zu erleichtern, Kieskörner auf.

Ende April ſchreiten die Paare zum Neſtbaue. Das Männchen ſingt jeßt unaufhörlich, ſtreitet ſi heftig mit Nebenbuhlern und hilft ſpäter am Baue des künſtlichen Neſtes. Dieſes ſteht ſtets in dichtem Gezweige, gewöhnlih in Fihtenbüſchen, durſc<hnittlih 1 m über dem Boden. „Es hat eine Unterlage von wenigen dürren Zweigen und beſteht ausſ<ließli<h aus feinen, grünen Erdmoosſtengeln, welche bisweilen auch die Ausfütterung bilden und ſeine Schönheit vollenden. Gewöhnlich iſt es inwendig mit den roten Sporenträgern des Erdmooſes ausgelegt und erhält dadur<h das Anſehen, als wäre es mit Eichhornhaaren ausgefüttert. "Unter den Moosſtengeln finden ſi oft auch Fichtenbartflehten und einzelne Heidefrautſtengel, und die innere Lage beſteht zuweilen aus ſchlanken, dürren Grasblättern, etwas Schafwolle und einzelnen Federn. Fm Mai findet man das erſte, im Juli das zweite Gelege in ihm. Erſteres beſteht aus 4—6, leßteres gewöhnlich aus 4 blaugrünen Eiern, welche 20 mm lang, 14 mm di ſind. Sie werden wahrſcheinlih von beiden Geſchlehtern in 13—14 Tagen ausgebrütet und wie die Brut ſehr geliebt. Bei Gefahr verſtellt ſih das Weibchen nac Art der Grasmücken.“ Auf die erſte Brut folgt im Juli eine zweite.

Die Braunellen gewöhnen ſi raſh an die Gefangenſchaft und werden bald ſehr zahm. Jhre Zutraulichkeit macht ſie dem Liebhaber wert, tro des unbedeutenden Geſanges.

Hoh oben in dem Alpengürtel der Schneegebirge Südſpaniens begegnete ih zu meiner Freude zum erſten Male einer mir bisher nur dur Beſchreibungen bekannt gewordenen Art der Familie, dem auf allen Hochgebirgen Europas häufigen Alpenflüevogel, auh Stein-, Flüe- oder Blümtlerche, Bergſpaß, Blütling, Berg-, Spiß- oder Gadenvogel genannt (A ccentor collaris, alpinus, major und subalpinus, Motacilla alpina, Sturnus moritanus und collaris, Abbildung S. 93). Bald raſch über die zerſtreut liegenden Felsblöcfe hinweg gleitend, bald zwiſchen den duftigen Rosmarin- und Thymianbüſchen ſich verbergend, bald auf einen größeren Blok fliegend, ſang er hier ſein leiſes, Élangreiches Liedchen, troß Sturmgebrauſe und Schneegeſtöber, wie es dort oben uns oft umtobte in den Tagen des Novembers. Auch jezt noch war er lebendig, behende und munter, wenig ſcheu, cher zutraulih, gewandt in ſeinen Bewegungen, anmutig in ſeinem Weſen. Einzeln oder in kleinen Geſellſchaften trafen wir ihn bis zu den Schneefeldern hinauf, in weit größerer Anzahl aber auf den ſonnigen Gehängen der Südſeite des mächtigen Gebirges. Hier ging er zuweilen auh tiefer hinab in die Thäler; ſein eigentliches Gebiet aber ſchien die Höhe zu ſein, und namentlich gegen Abend flogen auch die zerſtreut da unten lebenden immer wieder nah oben empor. Es verſammelten ſi dann die einzelnen Geſellſchaften auf gemeinſchaftlichen Schlafpläßen, auf oder an ſteilen Felſenwänden mit Löchern und Spalten oder einzelnen Büſchen und Grasbüſcheln, auf denen auh Alpenkrähen und Felſentauben ſich einfanden, um dort die Nacht zu verbringen. Am frühen Morgen verließ der Schwarm den Schlaſplay, zerteilte ſi< in Trupps, und jeder von dieſen ging nun ſeinem Tagewerke nach. Später habe ih den anmutigen Vogel oft wiedergeſehen, in den Alpen ſowohl als auf dem Rieſengebirge, außer dem bayriſchen Hochgebirge ſeinem einzigen Brutorte in Deutſchland.

Der Alpenflüevogel hat mit einer Lerche Ähnlichkeit. Der Schnabel iſt verhältnismäßig ſtark, von oben und unten etwas gekrümmt, zugeſpißt, an den Seiten fehr eingezogen, vorn \{<mal, an der Wurzel aber breiter als hoch, der Fuß ſtämmig, dizehig, mit ſtark gekrümmten,