Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

102 Erſte Drdnung: Baumvögel; erſte Familie: Sänger.

an und ertönt faſt den ganzen Tag.“ Hinſichtlich ſeiner Nahrung unterſcheidet ſich der Mönch nur inſofern von anderen Grasmü>en, als er leidenſhaftlih gern Früchte und Beeren frißt und ſie au<h ſchon ſeinen Jungen füttert.

Er brütet zweimal des Jahres das erſte Mal im Mai, das zweite Mal im Juli. Das Neſt ſteht ſtets im dichten Gebüſche, da, wo der Shwarzwald vorherrſcht, am häufigſten in dichten Fihhtenbüſchen, da, wo es Laubhölzer gibt, hauptſählih in Dornbüſchen verſchiedener Art. Es iſt verhältni8mäßig gut, aber durhaus na< Art anderer Grasmücenneſter erbaut. Das Gelege beſteht aus 4—6 länglihrunden, glattſchaligen, glänzenden Eiern von 18 mm Länge und 14 mm Dicke, welche auf fleiſhfarbenem Grunde mit dunfleren und braunroten Fle>en, Shmigßen und Punkten gezeichnet ſind. Beide Geſchlechter brüten, beide lieben ihre Brut mit gleicher Liebe und beide betragen ſi<h bei Gefahr wie ihre Verwandten. Kommt durch Zufall die Mutter ums Leben, ſo übernimmt das Männchen aus\<ließli< die Aufzucht der Jungen.

Des ausgezeichneten Geſanges wegen wird der Mönch häufiger als alle übrigen Grasmüden im Käfige gehalten. Die vorzüglichſten Sänger ſind diejenigen, welche aus Fichtenwäldern des Gebirges ſtammen, aber auch die, welche im Laubholze groß wurden, ſind Meiſter in ihrer Kunſt. „Der Mön“ rühmt Graf Gourcy mit vollſtem Rechte, „iſt einer der allerbeſten Sänger und verdient, meinem Geſhma>e nach, in der Stube den Rang vor jeder Nachtigall. Sein langer, in einem fortgehender Geſang iſt flötender und mannigfaltiger, dabei niht ſo durchdringend wie jener der beiden Nachtigallenarten, von deren Schlägen der Mönch ohnehin ſehr viel dem ſeinigen einmiſht. Viele unter ihnen ſingen faſt das ganze Jahr, andere 8—9 Monate. Die aufgezogenen taugen nichts, lernen aber zuweilen ein Liedchen pfeifen. Ein ſolcher Vogel trug das Blaſen der Poſtknehte prächtig vor.“ Alle Mönche, ſelbſt die Wildfänge, werden außerordentlih zahm und ſind dann ihrem Herrn fo zugethan, daß ſie ihn oft ſhon von weitem mit Geſang begrüßen und ſih darin, ſelbſt wenn er ihren Käfig umherträgt, niht ſtören laſſen. „Die Hauptſtadt Kanarias“, erzählt Bolle, „erinnert ſih noc des Kapriote einer früheren Nonne, die tägli, wenn ſie dem no< jungen Vögelchen Futter reichte, wiederholt: Mi niño chiceritito!‘ („Mein allerliebſtes Kindchen“) zu ihm ſagte, welche Worte dasſelbe bald ohne alle Mühe, laut und tönend, nahſprechen lernte. Das Volk war außer ſih ob der wunderſamen Erſcheinung eines ſprechenden Singvogels. Fahrelang machte er das Entzücken der Bevölkerung aus, und große Summen wurden der Beſizerin für ihn geboten. Umſonſt! Sie vermochte nicht, ſih von ihrem Lieblinge zu trennen, in dem ſie die ganze Freude, das einzige Glü>k ihres Lebens fand. Aber was glänzende Verſprechungen außer ſtande geweſen waren, ihr zu entreißen, das raubte der Armen die ſelbſt unter den ſanften, freundlichen Sitten der Kanarier niht ganz ſ{lummernde Bosheit: der Vogel ward von neidiſcher Hand vergiftet. Sein Ruf aber hat ihn überlebt, und noh lange wird man von ihm in der Ciudad de las Palmas ſprechen.“

Dem Meiſterſänger und Mönch als Sängerin faſt ebenbürtig iſt die Gartengrasmüde, Grasmüde oder Grasheve (Sylvia hortensis, aedonia und salicaria, Motacilla, Curruca, Epilais und A dornis hortensis, Motacilla salicaria, Curruca grisea und brachyrhynchos, Abbildung S. 98). Jhre Länge beträgt 16, die Breite 25, die Fittichlänge 8, die Shwanzlänge 6.cm. Das Weibchen iſt bedeutend kleiner, dem Männchen aber durchaus ähnli gefärbt. Das Gefieder der Oberſeite iſt olivengrau, das der Unterſeite hellgrau, an der Kehle und am Bauche weißlich; Schwingen und Schwanz ſind olivenbraun, außen {mal fahlgrau, erſtere innen breiter fahl weißlih geſäumt. Ein das Auge umgebender, ſehr ſhmaler Federkranz iſt weiß, das Auge ſelbſt licht graubraun, der Schnabel wie der Fuß ſhmußtig bleigrau.