Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

130 Erſte Drdnung: Baumvögel; erſte Familie: Sänger.

er die Bruſt tief; wenn er etwas Verdächtiges bemerkt zut er mit den Flügeln und dem Schwanze; bei großer Angſt ſhnellt er den leßteren ausgebreitet hoh auſwärts und bewegt dabei die hängenden Flügel oft nacheinander. Jm ruhigen Forthüpfen und namentlich dann, wenn er an ſenkrehten Zweigen und Pflanzenſtengeln auf: und abſteigt iſt ex wieder ganz NRohrſänger.“ Seinen Familiengenoſſen ähnelt er auh im Fluge, erhebt ſich ſelten zu nennenswerter Höhe über den Boden, flattert vielmehr meiſt in gerader Linie, anſcheinend unſicher und unregelmäßig, dahin und wirft ſi< na< Art ſeiner Verwandten plöglich ſenkret in das dichte Pflanzengewirr unter ihm herab. Demungeachtet durhmißt der anſcheinend wenig flugſähige Vogel zuweilen doh au< Stre>en von mehreren tauſend Schritt im Fluge, um mit Hansmann zu reden, „abwechſelnd auf die eine oder andere Seite gelegt wie ein Shwimmer, welcher mit einer Hand rudert. Der Flug iſt dann demjenigen ſeiner Nachbarin, der Dorngrasmüke, ähnlich, nur flüchtiger, und die Shwingen werden nach jedem Stoße faſt an den Schwanz gelegt.“

Mehr als jede andere Begabung zeichnet den Shwirl und ſeine Verwandten ein abſonderlicher Geſang aus. Dieſer beſteht nämlih nurx in einem einzigen we<ſelloſen, langgezogenen, ziſhenden Triller, dem Schwirren vergleihbar, welches die großen Heuſchre>en mit den Flügeln hervorbringen. Verſucht man, den Laut dur< Buchſtaben auszudrücen, jo kann man ſagen, daß er wie „ſirrrrr“ oder „ſirrlrlrlrl“ klinge. „Ganz ſonderbar iſt es mix vorgekommen“, ſagt Naumann, „daß man dieſes feine Geſchwirre, welches in der Nähe gar nicht ſtark klingt, ſo weit hören kann. Ein gutes Ohr vernimmt es an ſtillen Abenden auf 1000 Schritt und no< weiter ganz deutlih. Jh habe dieſe Vögel zu allen Stunden des Tages und der Nacht zu belauſchen verſuht, deshalb ganze Nächte im Walde zugebracht und kann verſichern, daß der merkwürdige Geſang ſtets einen höchſt eigentümlihen Eindru> auf mein Gemüt machte, ſo daß ih ſtundenlang, nahdem ih den Wald längſt im Rücken hatte, immer no< dieſes Shwirren zu hören glaubte. Es ſchien mir aus jedem rauſchenden Zweige, an dem i< vorüberging, aus jedem ſäuſelnden Lüftchen entgegenzukommen. Gewöhnlich ſchwirrt der merkwürdige Sänger ſeine Triller gegen eine Minute lang in einem Atem weg, ohne einmal abzuſeßen; wenn er aber recht eifrig ſingt, ſo hält er ohne Unterbrehung oft 2,5 Minuten aus, wie ih es mit der Uhx in der Hand öfters beobachtet habe. Nach einex Unterbrehung von wenigen Sekunden fängt er dann wieder an zu ſ{hwirren, und ſo hört man ihn ſeine einförmige Muſik nicht ſelten ſtundenlang fortſezgen. Am Brutplaße ſ{<wirrt der Vogel ſelten am Tage und noh ſeltener anhaltend. Er fängt hier erſt nah Sonnenuntergang ordentlih an, ſingt immer eifriger, je mehr die Mitternacht naht, bis nah 12 Uhr, ſeßt nun eine gute Stunde aus, beginnt wieder und treibt es ebenſo eifrig als vor Mitternacht bis zum Aufgange der Sonne. Hat das Weibchen erſt Neſt und Eier, ſo ſingt das Männchen am Tage gar nicht mehr, ſondern bloß in mitternächtlither Stille oder früh, wenn der Morgen kaum zu grauen anfängt. Solange der Shwirl noch keinen feſten Wohnſiß erwählt hat, ſingt er, während ex durch die Zweige ſchlüpft, ſo daß er ſich beim Schluſſe ſeines Trillers oft 50 Schritt von dem Orte, wo ex anfing, entfernt hat; am Brutplaße hingegen ſißt er häufig ſtundenlang an einer Stelle oder klettert höchſtens an einem Halme in die Höhe oder auf einem Zweige hinaus und wieder zurü>.“ Dieſer Geſang, welchen ih zufälligerweiſe bis jezt noh niemals ſelbſt gehört habe, verrät den Schwixl jedem aufmerk: ſamen Beobachter. Jn der Zeit, in welcher er am eifrigſten ſhwirrt, läßt ſih noh keine Heuſchre>e vernehmen, und man braucht daher nur dem abſonderlichen Laute zu folgen, um den Vogel aufzufinden. „Bei ſeiner verſte>ten Leben8weiſe“/, meint HansSmann, „iſt er für uns nicht eher da, als ſeine Stimme vernommen wird. Das Weibchen, welches am Boden, vom hohen Graſe bede>t, ſein Weſen treibt, bekommt man überhaupt nicht zu ſehen, falls niht ein günſtiger Zufall es vor das Auge bringt; das Männchen dagegen zeigt ſich