Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Schlagſ<hwirl. Rohrſchwirl. 133

mittleren Äſten, niemals im Wipfel eines Baumes. Wurde er geſtört, ſo beginnt er aus der Mitte eines Buſches ganz ungeſehen und verſte>t kurze, durh Pauſen unterbrochene Strophen zu trillern, ſpringt aber gewöhnlih nah jedem Triller, nah jeder Pauſe auf einen höheren Aſt, bis ex endli<h ſein Lieblingspläßchen wieder eingenommen hat. Erſt wenn er hier ſi< vollkommen ſicher glaubt, fängt er aus voller Bruſt nach Herzensluſt zu ſingen an. Bei ſtarkem Winde und leichtem Regenwetter hört man ihn ebenfalls; dann aber ſigt er tief unten im Buſche und kommt niht zum Vorſchein. Dem Schwirren läßt er, wie ſeine Verwandten auch, ein eigentümliches Gurgeln, Glu>ſen, Murkſen vorausgehen, namentlich, wenn er geſtört wurde. Oft aber will au<h ſein Geſang niht re<t in Gang kommen: er räuſpert und gurgelt, hält aber plößlih inne und ſchwirrt gar nicht oder läßt nur einen einzigen Triller vernehmen. Das Weibchen antwortet jedesmal, ſobald das Männchen zu ſingen aufhört, mit einem „Tſchi> tſhi>“/ welches offenbar Wohlgefallen bekundet, da der Ausdru> der Angſt ein knarrendes „Kr kr“ iſt.

Das Neſt ſteht immer auf dem Boden, aber auf ſehr verſchiedenen Örtlichkeiten, entweder in Büſchen oder auf Graskumpen, zwiſchen Wurzeln eines Baumes 2c., iſt auch ſehr unglei<hmäßig gebaut, bald aus groben Schilfblättern unordentlih zuſammengefügt und innen mit Moos und feinen Wurzeln ausgelegt, bald etwas beſſer geflohten und innen auch zierlicher ausgefleidet, bald wiederum aus kleinen, feinen Gräſern und Moos hergeſtellt, von außen regelmäßig mit einem großen zuſammengetragenen Haufen derſelben Stoffe, welche die Wandungen bilden, ſo lo>er umgeben, daß man das Neſt aus dieſer Ringmauer herausheben fann. Um Mitte Mai, oft aber erſt zu Ende des Monats, beginnt das Weibchen ſeine 4—5 Eier zu legen und vom erſten an zu brüten. Die Eier haben einen Längsdurhmeſſer von 24, einen Querdurhmeſſer von 18 mm, ändern in der Form vielfah ab und ſind auf weißem, {hwa< glänzendem Grunde mit äußerſt kleinen \{<hmußiggelblihen und braunen, gegen das di>e Ende zu einem undeutlichen Kranze zuſammentretenden Punkten gezeichnet. Das Weibchen hängt an ſeiner Brut mit ſolcher Liebe, daß Graf Wodzicki drei Fehlſchüſſe auf eins thun und beobachten konnte, wie es troßdem zum Neſte zurü>gelaufen kam und weiter brütete. Gleichwohl ſind die Vögel gegen Gefahr niht unempfindlih; denn ſhon beim leiſeſten Geräuſche hört man das Männchen wie das Weibchen warnend kr kr tſchi>“ ausrufen und erſt dann wieder ſ{<hweigen, wenn beide ſi< von ihrer Sicherheit überzeugt haben. Die Jungen verlaſſen das Neſt, wenn ſie kaum mit Federn bede>t und ihre Shwanzfedern eben im Hervorſproſſen begriffen ſind, laufen wie Mäuſe im Graſe umher, lo>en eintönig „zipp zipp“, ſelbſt wenn die Alten ſie dur< ihren Warnungslaut zum Schweigen bringen wollen, und würden ſich leichter verraten, als dies der Fall, täuſchte niht auch bei ihnen der Ton in auffallender Weiſe ſelbſt den fundigen Beobachter.

Die dritte Art der merkwürdigen Gruppe iſt der Rohrſchwirl oder Nachtigallrohrſänger (Locustella luscinioides, Sylvia, Salicaria, Acrocephalus, Cettia und Tmsciniopsis luscinioides, Lusciniola, Pseudoluscinia und Lusciniopsis sayii, Abbildung S. 129). Seine Länge beträgt 14/ die Breite 21, die Fittichlänge 6,7, die Schwanzlänge 5,9 cm. Die Oberteile ſind olivenroſtbraun, Schwingen und Steuerfedern etwas dunkler, die Unterteile und ein ſhmaler Augenſtreifen viel heller, olivenroſtröt{lih, Kinn, Bauchmitte und die verloſchenen Endſäume der unteren Shwanzde>en roſtweißlih; auf der Unterkehle bemerkt man einige verwaſchene roſtbraune Schaſtfle>en. Der Augenring iſt tiefbraun, der Oberſchnabel braunſhwarz, der Unterſhnabel gelblich, die Wachshaut fleiſhfarbig.

Vorzugsweiſe dem Süden Europas angehörend, findet ſih der Rohrſhwirl auh in Galizien, an der Donau, in Südrußland, in Holland und ebenſo im weſtlichen Aſien und