Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

144 Erſte Ordnung: Baumvögel; erſte Familie: Sänger.

gehen ſie zum Herbeitragen und Ordnen der Niſtſtoffe über, bethätigen hierbei aber, obgleih ſie nur in den Morgenſtunden daran arbeiten, ſo viel Fleiß und Eifer, daß das Ganze binnen wenigen Tagen vollendet iſt. Während der Arbeit ſuchen ſie ſich und das Neſt ſorgfältig zu verbergen, rupfen fern von jenem Moos und Gras aus, fliegen damit auf hohe, nahe beim Neſte ſtehende Bäume und kommen erſt von leßteren zur Niſtſtelle herab.

Der Waldlaubſänger brütet nur einmal im Fahre und zwar zu Ende Mai oder Anfang Juni, der Fitis früher, meiſt ſhon in der erſten Hälfte des März, der Weidenlaub-

ſänger ungefähr um dieſelbe Zeit, der Berglaubſänger dagegen, der Lage ſeiner Wohnſiße entſprechend, kaum vor den lebten Tagen der erſten Hälfte des Junis. Das Gelege zählt bei den erſtgenannten 5—6, beim Fitis 5—7, beim Weidenlaubſänger 5—8, beim Berglaubſänger endlih 4—5 Eier, welche dur<hgängig 15—17 mm lang und 11—13 mm di>, verſciedengeſtaltig, aber ſtets dünn und glattſchalig, glänzend und gefle>t ſind. Die des Waldlaubſängers zeigen auf weißem Grunde viele rotbraune und verwaſchen aſ<hbläuliche, mehr oder minder dicht über die ganze Oberfläche verteilte oder gegen das Ende hin gehäufte, die des Fitislaubſängers in ähnlicher Anordnung auf milhweißem Grunde hellrote oder hell lehmrötliche, mitunter hell rötlihbraune und verwaſchen blaurötliche, die des Weidenlaubjängers auf kreideweißem Grunde rotbraune und braunrote, auh wohl dunkel rotbraune und aſchgraue, die des Berglaubſängers endlih auf weißem Grunde bläuliche oder bräunliche, entweder über das ganze Ei verteilte oder gegen das dide Ende hin gehäufte, hier au< wohl kranzartig zuſammenfließende Punkte und Fle>en. Beide Geſchlechter brüten abwechſelnd, das Männchen jedo<h nur während der Mittagsſtunden, auch niht ſo hingebend wie das Weibchen, welches ſih faſt mit Händen greifen oder thatſählih ertreten läßt, bevor es wegfliegt und, wenn endlih entſhlüpft, in kriehender Weiſe diht über dem Boden dahinfliegt, falls aber bereits Junge im Neſte liegen, unter allerlei mit Tläglichem Schreien begleiteten Liſten und Verſtellungskünſten flüchtet. Nach einer Brutzeit von höchſtens 13 Tagen entſhlüpfen die Jungen; ebenſo viele Tage ſpäter ſind ſie erwachſen, noch einige Tage darauf ſelbſtändig geworden, und nun entſchließen ſi< Fitis und Weidenlaubſänger auc wohl, zum zweiten Male zu brüten.

Den behaarten und befiederten Räubern, welche kleinen Vögeln insgemein nachſtellen, geſellen ſih als Feinde der Laubſängerbrut Mäuſe, Waldſpibmäuſe, vielleiht auh Sthlangen und Eidechſen; mehr aber als dur alles dieſes Gezüht iſt ſie dur< länger anhaltende Plaßregen gefährdet. Der Menſch verfolgt die munteren und liebenswürdigen Vögel nur in Ftalien, Südfrankreih und Spanien, um auch ſie für die Küche zu verwerten. Jm Käſige ſieht man Laubſänger ſelten, obwohl ſie ſi< reht gut für die Gefangenſchaft eignen, zwar nicht in allen Fällen und ohne ihnen gewidmete Aufmerkſamkeit, aber doch unter ſorgſamer Pflege an ein CErſaßfutter ſih gewöhnen, bald zahm und zutraulih werden und dann alle auf ihre Pflege verwendete Mühe reihli< vergelten.

Unbemerkt oder unerkannt durhwandert alljährlich ein dem fernen Oſtaſien angehöriger Laubſänger unſer Vaterland, um viele tauſend Kilometer von ſeiner Heimat, in Weſtafrika, Herberge für den Winter zu nehmen: der Goldhähnchenlaubſänger, wie ih ihn nennen will (Phylloscopus superciliosus und modestus, Phyllopneuste superciliosga und modesta, Motacilla superciliosa, Regulus modestus, proregulus und inornatus, Reguloides superciliosus, modestus und proregulus, Sylyia proregulus und bifasciata, Phyllobasileus superciliosus). Die Oberſeite iſt matt olivengrün, ein vom Naſenloche über den Augen hinweg zum Hinterkopfe verlaufender, ziemlich breiter, ober- und unterſeits matt ſhwarz geſäumter Streifen blaßgelblich, ein über die Scheitelmitte ziehender zweiter, undeutlicher, heller als das ihn umgebende Gefieder, die ganze Körperſeite vom Kropf