Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

146 Erſte Ordnung: Baumvögel; erſte Familie: Sänger.

zuerſt hervor, daß Weſen und Betragen mit dem Auftreten und Gebaren anderer Laubſänger übereinſtimmen; Nadde bemerkt, daß der Vogel in Südoſtſibirien um Mitte Mai erſcheint und bis gegen Ende September verweilt, gelegentlih ſeines Herbſtzuges lange an einem und demſelben Orte ſich aufhält oder wenigſtens ſehr langſam reiſt und deshalb im Gebüſche der Uferweiden monatelang beobachtet wird; Swinhoe berichtet daß man ihn in China ſelten in Geſellſchaft anderer Vögel ſehe, daß er lebendig und ſtets in Bewegung ſei und dur ſeinen lauten eintönigen Lo>ruf „ſwiht“ ſeine Anweſenheit bekunde. Das Beſte gibt Dybowsfi, wenn auh nur mit wenigen Worten. Nach ſeinen Beobachtungen iſt der Goldhähnchenlaubſänger in Oſtſibirien ſeltener als andere ſeiner Verwandtſchaft, erſcheint in der erſten Hälfte des Juni und niſtet in der Höhe des Gebirges nahe der Waldgrenze oder über ihr an ſolchen Stellen, welche reihli< mit verkrüppelten gelben Alpenroſen bewachſen ſind. Hier verweilt er bis Mitte September. Das Neſt findet ſih in der Regel in einem dit mit im Mooſe wachſendem Graſe durhwucherten Alpenroſenſtrauche, iſt meiſterhaft gebaut, mit einer ſ<wachen, aus troœenem Graſe beſtehenden Dee überwölbt und hat ganz das Anjehen einer Hütte mit einer Öffnung von der Seite. Als Niſtſtoffe dienen tro>ene Gräſer, als Auskleidung Reh- und Renntierhaare. Nux wenn die Eltern ihre Jungen füttern, iſt man im ſtande, es zu entde>en. Dybowski hat im Auguſt ein Neſt mit ſe<s Jungen gefunden, welche, als ex ſie in die Hand nehmen wollte, obwohl noch niht flügge, behende in das Moos hüpſten, hat ferner Ende Auguſt ſhon gänzlih ausgewahſene Junge geſehen, die Eier aber niht kennen gelernt. Fn Kaſhmir, und zwax in einem Höhengürtel von 1500—2000 m, lebt der Vogel ſo häufig, daß ſih jedes Pärchen auf ein Wohngebiet von wenigen Metern Durchmeſſer beſ<hränken muß. Die Männchen ſind ſehr lebendig und geben ununterbrochen ihren lauten, doppelten, kaum Geſang zu nennenden Ruf zum beſten. Jn den lezten Tagen des Mai und in den erſten des Juni fand Brook mehrere Neſter mit 4—5 friſchen oder faum bebrüteten Eiern. Der Längsdurhmeſſer der leßteren beträgt 14, der Querdurhmeſſer 11 mm; die Grundfärbung iſt ein reines Weiß; die Zeichnung beſteht aus braunroten oder tief purpurbraunen, meiſt über das ganze Ei verteilten, am diœen Ende zu einem ringförmigen Gürtel verſ<hmelzenden Punkten und Fle>en.

Vielfah hin- und hergeworfen, haben die Goldhähnchen oder Kronſänger (Regulus) endli< in unſerer Unterfamilie Stellung gefunden. Fhre Merkmale ſind: gerader, dünner, nadelſpißiger, an der Wurzel etwas breiterer, hohrü>iger Schnabel, deſſen Oberkiefer vor der abwärts gebogenen Spibe eine ſeite Kerbe zeigt, ſchlanke, hohläufige Füße, deren Zehen mittellange, ſehr gekrümmte Nägel bewaffnen, kurze, ſtark gerundete, breite Flügel, in denen die vierte und fünfte Schwinge die längſten ſind, mittellanger, etwas ausgeſchnittener Shwanz und reiches, aus langen, weitſtrahligen Federn beſtehendes Gefieder. Kammartige Federchen bede>en die Naſenlöcher, einige ſhwarze Barthaare ſtehen am Shnabelwinkel; die Shwung- und Steuerfedern ſind ſehr hwa<h und biegſam, die Federn der Scheitelmitte verlängert und dur lebhafte Färbung ausgezeichnet. Die Gattung verbreitet ſich über Europa, Aſien und Nordamerika. Mein Vater unterſchied zuerſt die beiden Arten, welche in Europa leben.

Das Wintergoldhähnchen oder Safrangoldhähnchen, welches auh Goldköpfhen, Kron- und Goldvögelhen, Goldemmerchen, Hauben- und Sommerkönig ge nannt wird (Regulus cristatus, flayicapillus, crococephalus und vulgaris, Motacilla und Sylvia regulus, Abbildung S. 145), iſt oberſeits fahl olivengrün, auf Schläfen undHalsſeiten fahl olivenbräunlich; der Stirnrand und ein Streifen über den Augen ſind heller,