Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Neſtbau. Eierlegen. Bebrütung. AS)

vom Beſetzen bis zum Verlaſſen des Neſtes nimmt durchſchnittlich eine halbe Stunde in Anſpruch; dieſe Zeit kann ſich aber erhebli verlängern und ebenſo weſentlich verkürzen. Schon am Tage, zumal am Nachmittage vorher, verrät der Vogel dur ungewöhnlich ſtarke Aufnahme von Futter, Sand und Kalkſtoffen, daß er legen wird. Lebhaſte Bewegung oder Kreiſeln im Neſte ſcheint das Legen zu befördern. Mit Eintritt der Wehen ſ{<lüpft der Vogel ins Neſt. Die Wehen bekunden ſih dur kürzeres Atmen bei ein wenig geſperrtem Schnabel, Emporrihten des Vorderleibes, zitterndes Ausbreiten und darauf folgendes Senken der Flügel. Unmittelbar vor dem Legen öffnet der Vogel den Schnabel ſehr weit, preßt erſichtlich, ſo ſtark er kann, und das Ei ſchießt heraus. Die Nachwehen ſind kürzer, aber ſehr empfindlich; denn der Vogel ſeßt ſi< niht unmittelbar nah dem Legen in das Neſt, ſondern bleibt noch einige Minuten mit geſtre>ten und geſpreizten Beinen emporgerichtet ſtehen, wahrſcheinlich, um den gereizten Leib niht mit dem Neſte in Berührung zu bringen. Erſt nach dieſer Ruhepauſe ſenkt, ja drückt er ſih mit erſihtliher Wolluſt in den Keſſel und beginnt zu jubeln. Dieſes Frohlo>en gilt offenbar nicht bloß der Überſtehung der Schmerzen, ſondern drüd>t Freude über die Brut aus; denn es wird auh während des Brütens ſelbſt, zu einer Zeit, wann die Wehen längſt vergeſſen, oft wiederholt, unterbleibt jedoch, wenn der Vogel zwar legt, niht aber brütet. Kleinheit der Eier, z. B. nicht genügend entwi>elter, mindert die Wehen nicht.“

Mit Beginn des Eierlegens erhöht ſih die Brutwärme des Vogels; der erwähnte fieberhafte Zuſtand tritt ein und bekundet ſi bei vielen auh dadur<, daß auf gewiſſen Stellen des Körpers Federn ausfallen, wodurch die ſogenannten Brutfle>en ſih bilden. Der Mutter fällt faſt ausnahmslos der Hauptteil des Brütens zu: ſie ſizt vom Nachmittage an bis zum nächſten Vormittage ununterbrochen auf den Eiern, und der Vater löſt ſie bloß ſo lange ab, als ſie bedarf, um ſih zu ernähren. Bei anderen wird die Arbeit gleihmäßiger verteilt; bei einzelnen, beiſpielweiſe bei den Straußen, brütet nur der Vater. Aushilfe des männlichen Geſchlechtes, welche ſchädliche Abkühlung der Eier verhütet, wird von manhen Weibchen zwar geduldet, niht aber gern geſehen: ſo wenigſtens läßt das mißtrauiſche Gebaren der leßteren ſhließen. Einzelne von ihnen unterbrechen ihre freie Zeit wiederholt, um na< dem Männchen zu ſehen, andere drängen ſich vor ihm ins Neſt und beaufſichtigen es förmlih während des Brütens. Die meiſten freilich erweiſen ſich erkenntlich ſür die geleiſtete Hilfe und geben dies in niht mißzuverſtehender Weiſe zu erkennen. Faſt alle brütenden Vögel beſehen und verlaſſen, wie Hermann Müller ferner beobachtete, das Neſt mit großer Vorſicht. „Sie nahen ſi< verſtohlen, bleiben einige Augenbli>e auf dem Neſtrande ſtehen, beſichtigen aufmerkſam die Eier und deren Lage, hüpfen mit ausgeſpreizten Beinen und Zehen in die Mulde, ſchieben die Eier mit dem Unterſchnabel oder Kinne unter ihren Leib, verſenken ſih hierauf ganz in den Keſſel, bewegen ſi< na< rüc>wärts, um die Eier unter die Federn zu ſchieben, rü>en nunmehr wieder vox, bauſchen, ſih ſ<hüttelnd, die Federn nach allen Richtungen, ſenken Flügel und Schwanz auf den Neſtrand und ſtellen ſo einen möglichſt luftdichten Verſchluß her.“ Schwimmvögel, welche, aus dem Waſſer kommend, ihr Neſt beſeßen, verſäumen nie, zuvor ihr Gefieder ſorgſam zu tro>nen. Bei der geſchilderten Bewegung nah rüc>wärts werden die Cier regelmäßig aus ihrer Lage gerückt, na< Hermann Müllers Beobachtungen dabei jedoch nicht um ihre Achſe gedreht, ſondern nur verſchoben, und zwar geſchieht dies anſcheinend zufällig, nicht abſichtlih. „Das Weibcen beſtrebt ſich, die Eier möglichſt unter die Federn zu bringen, nimmt aber auf deren Lage keine Rückſicht. Beim Verlaſſen des Neſtes dehnen und ſtre>en die brütenden Vögel zunächſt ihre Beine behaglih nach hinten, heben den Rücken bu>elig empor, drehen Hals und Kopf, lüpfen die Flügel, richten ſih auf und begeben ſich nun erſt mittels eines leichten Sprunges ins Freie.“ Ehe ſie ſi entfernen, bededen alle, wel<he Daunen ausrupfen, das