Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, S. 536

494 ' Vierte Ordnung: Hühnervögel; erſte Familie: Faſanvögel.

nur ſelten vor, daß er wie dex Auerhahn alles um ſih her vergißt und ſozuſagen taub und blind iſt; ih kenne übrigens doch Fälle, daß einzelne, auf welche während des Schleifens geſchoſſen wurde, niht von der Stelle wichen, ſondern zu der Meinung verleiteten, daß ſie den Knall niht gehört hatten. Seine Bewegungen während der Balz ſind erregt, lebhaft und abſonderlich. „Vor dem Kollern“/ ſchildert mein Vater ſehr richtig, „hält er den Shwanz ſenkre<ht und fächerförmig ausgebreitet, richtet Hals und Kopf, an welchem alle Federn geſträubt ſind, in die Höhe und trägt die Flügel vom Leibe ab und geſenkt; dann thut er einige Sprünge hin und her, zuweilen im Kreiſe herum und drü>t endlih den Unterſchnabel ſo tief auf die Erde, daß er ſi die Kinnfedern abreibt. Bei allen dieſen Bewegungen ſchlägt er mit -den Flügeln und dreht ſi< um ſi ſelbſt herum.“ Fe hißiger er wird, um ſo lebhafter gebärdet er ſi, und ſ<ließlih meint man, daß man einen Wahnſinnigen oder Tollen vor ſih ſehe. Am meiſten ſteigern ſi alle Bewegungen, wenn mehrere Birkhähne auf derſelben Stelle einfallen; dann werden aus den Tänzern wütende Streiter. Jhrer zwei ſtellen ſi<h wie Haushähne gegeneinander auf, fahren mit tief zu Boden geſenkten Köpfen aufeinander los, ſpringen beide zu gleicher Zeit ſenkre<ht vom Boden auf, verſuchen fih zu hauen und zu kragen, fallen wieder herab, umgehen ſi< unter wütendem Kollern mehrmals, nehmen einen neuen Anlauf und ſtreben, ſi< gegenſeitig zu pa>en. Wird der Kampf ernſthaft, ſo muß jeder der Kämpfer Federn laſſen; aber tros der ſcheinbaren Wut, mit welcher ſie kämpfen, kommen faum, vielleicht niemals ernſthafte Verwundungen vor, und es ſcheint faſt, als wolle einer nur den anderen verſheuhen, nit aber ſchädigen. Doch geſchieht es, daß der Stärkere den Schwächeren beim Schopfe pa>t, wie einen Gefangenen eine Stre>e weit wegſhleppt, ihm dann noch einige Hiebe verſeßt, ihn zu flüchten zwingt und hierauf frohlo>end zum Kampfplaze zurückkehrt, um weiter zu balzen. Starke Hähne pflegen im Laufe des Morgens verſchiedene Balzpläße zu beſuchen, offenbar in der Abſicht, ihre Kraft an mehreren Gegnern zu erproben; ſie werden unter Umſtänden der Schre>en aller jüngeren, minder geübten Hähne, die ſih ihnen wohl oder übel unterwerfen müſſen. Der geſchlagene Hahn kehrt übrigens gewöhnlih ebenfalls wieder zum Kampfplaze zurü> und beginnt von neuem zu ſtreiten oder fliegt einem zweiten Balzplate zu, um dort ſih mit einem anderen Hahne zu meſſen.

Die Balz lo>t gewöhnlih, do< niht immer, die Hennen herbei, ſo daß die Hähne nach Abſchluß des Liebesreigens den Lohn ihrer Mühen ernten können. Fn Skandinavien hat man beobachtet, daß ein gefangener Hahn, der in einem umzäunten Garten balzte, wiederholt von frei lebenden Hennen beſucht wurde. Die Hähne treten in den ſpäteren Morgenſtunden zu Baume, kollern noh einige Zeit hier fort, die ſogenannte „Sonnenbalz“, und begeben ſi ſodann gemeinſchaftlih nah den Weidepläßen. „Jun hieſiger Gegend (Thüringen) iſt es Regel“, ſchreibt A. Ludwig, „daß ſih die Hennen am Balzplaße einfinden. Sie fommen während der Balz mit ſhmachtendem „Ga> ga> — gnäh* gelaufen, geſtrichen, ſind auch wohl manchmal bereits vor dem Hahne da. Während der Balz laufen ſie äſend am Balzplaße umher, laſſen ſih vom Hahne treiben und treten. Wird ihnen ein Hahn weggeſchoſſen, dann ſtreichen und wandern ſie begehrlich ga>ernd mehrere Morgen auf und in der Nähe des Balzplazes umher, bis ſih ein anderer Liebhaber eingefunden hat, oder ſie find einen oder mehrere Tage verſhwunden, erſcheinen dann wieder mit einem neuen Galan, ſofern ein ſolcher aufzutreiben war, wachen aber nun deſto eifriger für ſein Leben. Die Zahl der auf den Balzpläßen erſcheinenden Hennen iſt ſehr verſchieden. F< habe 1—8 Stück angetroffen und glaube, daß ein Hahn ſich glüd>li<h preiſen kann, wenn ihm für die Balz 5—6 Stü verfügbar ſind. Die Behauptungen anderer, daß der Hahn bei der Frühbalz die Henne niht weiter beachte, ſondern nur zu ſeinem Vergnügen, aus geſteigerter Lebensluſt und Lebenskraft ſeine Tänze ausführe, ſeine Lieder erſchallen laſſe,