Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, S. 546

504 Vierte Ordnung: Hühnérvögel; erſte Familie: Faſanvögel.

ſteht es mit jenem ungefähr auf gleicher Stufe. Weſen und Lebensart unterſcheiden es von den bisher geſchilderten Verwandten. Es gehört niht ausgeſprochen zu den Hühnern, die in Vielehigkeit leben, ſondern hält ſih zumeiſt paar- und familienweiſe zuſammen. Schon im September wählt ſi der junge Hahn eine Gefährtin, ohne jedo< die Kette zu verlafſen; gegen das Frühjahr hin trennt er ſi<h mit ihr ab, um zur Fortpflanzung zu ſchreiten. Auch ex hat eine Balz wie Auer- und Birkhahn, tanzt aber niht in der ausdru>svollen Weiſe wie die Genannten, ſondern begnügt ſih, dur< Aufrichten ſeiner Scheitel-, ODhr- und Kehlfedern und ſehr lebhaftes Trillern und Pfeifen der Gattin ſeine Gefühle kundzugeben. Wenn ex re<ht hißig iſt, pfeift und trillert er, gewöhnlih auf einem geeigneten Baume und in mittlerer Höhe der Krone ſtehend, von Sonuenuntergang an faſt die ganze Nacht hindur< bis zum ſpäten Morgen. Zum Boden herab kommt der balzende Hahn nur unmittelbar vor der Begattung.

Am Fortpflanzungsgeſchäfte nimmt er wenigſtens in einem gewiſſen Grade Anteil. Nach der erſten Begattung ſucht die Henne einen möglichſt gut verſte>ten Plaß unter Gebüſh und Reiſern, hinter Steinblöcen, im Farnicht 2c., legt in eine Mulde ihre 8—10, auh wohl 12 und mehr, verhältnismäßig fleinen, etwa 40 mm langen, 30 mm dien, glattſhaligen , glänzenden, auf rötlichbraunem Grunde rot und dunkelbraun gefle>ten und getüpfelten Eier und bebrütet ſie 3 volle Wochen lang ſo eifrig, daß man in ihre unmittelbare Nähe kommen kann, ehe man ſie verſcheucht. Der ruſſiſhe Fagdſchriftſteller Sſabanjaew berichtet, daß man im Ural auch Haſelhennen alte Neſter auf Väumen zur Brut habe benuten ſehen. Während die Henne ſißt, und ſolange die Jungen noh klein ſind, treibt ſih der Hahn nach eignem Belieben umher, zumeiſt allerdings in der Nähe der-Gattin, zuweilen aber auh in entfernteren Strichen, zu welchen ihn der Lo>ton eines anderen Hahnes gerufen, und erſt wenn die Fungen größer geworden, findet er ſih wieder bei der Familie ein, um ihr fortan als treuer Führer und Wächter zu dienen. Das Neſt iſt äußerſt ſchwer zu finden, weil ſein Standort ſtets mit größter Vorſicht gewählt wird und die Henne bei Annäherung eines Feindes niht davon hinkt und flattert, ſondern till und geräuſchlos davonſchleiht, während ſie, wenn ſie die Eier aus freien Stücken verläßt, nie verfehlt, ſie mit den Niſtſtoffen ſorgfältig zu bede>en. Auch die ausgeſchlüpften Fungen werden nur zufällig einmal bemerkt. Nach ihrem Eintritte ins Leben hudert ſie die Henne noch eine Zeitlang im Neſte, bis ſie vollkommen abgetro>net ſind; dann führt ſie die Kinderſchar baldmöglichſt geeigneten Futterpläßen zu. Sobald ſie Gefahr wittert, gebraucht ſie alle Verſtellungskünſte, die in ihrer Familie üblich ſind, und die kleinen, dem Erdboden täuſchend ähnlich gefärbten Küchlein drücken ſich fo geſchi>t zwiſhen Moos und Kraut, Steine, Baumwurzeln und dergleichen, daß wohl die feine Naſe eines Fuchſes oder Vorſtehhundes, niht aber das Auge eines Menſchen ſie wahrnehmen kann. Anfänglih werden ſie an ſonnige Stellen geführt und hier faſt ausſchließli< mit Kerbtieren ernährt; ſpäter nehmen ſie dieſelbe Nahrung zu ſich wie die Alten, noh immer viele Kerbtiere, aber auh Beeren, Grasſpißen, Blätterknoſpen und Blütenblätthen der verſchiedenen Pflanzen. Sie lernen ſehr bald fliegen und vertauſchen dann ihren nächtlichen Ruheplat unter der Mutterbruſt mit niederen und höheren Baumäſten, auf welchen ſie ſich diht neben und noch teilweiſe unter die Mutter niederzuſeßen pflegen. Mit dem Flugbarwerden der Familie trifft nun auch der Vater wieder bei ihr ein, und nunmehr bildet die ganze Geſellſchaft ein Geſperre, das bis zum Herbſte treu zuſammenhält.

Leider wird das Haſelhuhn bei uns zu Lande, trob des ihm gern gewährten Schußes, von Jahr zu Jahr ſeltener. Raubſäugetiere und Raubvögel mögen viele Fungen wegnehmen; es müſſen aber auh no< andere Urſachen zu dieſer in mancher Hinſicht auf: fallenden Verminderung beitragen. Jn vielen Gegenden, wo es früher Haſelhühner gab,