Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2
648 Fünfte Ordnung: Rallenvögel; erſte Famitñe: Rallen.
geiſtigen Fähigkeiten ausreichend, ihre Eigenſchaften anſprechend. Unter ſich leben die wenigſten Arten geſellig; außer der Brutzeit kommt es jedo< vor, daß einzelne ſi<h zu kleinen Flügen vereinigen, längere Zeit ſih gemeinſchaftlih an einem Orte aufhalten oder wohl auch zuſammen auf die Reiſe begeben. Um andere Vögel oder Tiere überhaupt bekümmern ſie ſi<h wenig, obgleich ſie ſich in deren Geſellſchaft niht ungern zu befinden ſcheinen. Jhre Nahrung entnehmen ſie ebenſowohl dem Pflanzen- wie dem Tierreiche. Sie verzehren viele Sämereien, aber auh ſehr gern und zeitweilig wohl ausſ<ließli<h Kerbtiere, deren Larven, Schne>en, Würmer, Eier anderer Vögel oder ſelbſt kleine Neſtvögel. Die größeren Arten der Familie ſind wahre Raubvögel, die ſogar ausgewachſenen kleinen Wirbeltieren den Garaus machen. Das Neſt wird nahe am Waſſer, oft über dieſem im Binſicht, Riede und Schilfe angelegt, iſt ein ziemli<h gutes Gefleht, in welches das Waſſer niht eindringen fann, und enthält im Frühjahre der betreffenden Länder 3—12, auf bleihem Grunde dunkler gefle>te und gepunktete Eier, die von beiden Eltern bebrütet werden. Die wolligflaumigen Jungen ſind vollendete Neſtflüchter und deshalb außerordentlih ſ{<hwer zu beobachten; do< weiß man, daß ſie ſi< ſehr bald ſelbſtändig machen, und daß die Eltern im Laufe des Sommers auh wohl zu einer zweiten Brut ſchreiten. Alle Rallen werden niht eigentli<h gejagt, weil die Fagd nur mit Hilfe eines guten Stöberhundes einigen Erfolg verſpricht, aber gelegentlih mit erlegt, da das Fleiſ<h mancher Arten wohlſ<hme>end iſt. Größeres Vergnügen als ihre Jagd gewährt ihr Gefangenleben. Sie gehören ausnahmslos zu den anmutigſten Vögeln, die man halten kann, verlangen jedo<h ein geräumiges Gebauer und ziemli< ſorgfältige Pflege, wenn ſie gedeihen ſollen.
Durch kurzen Lauf und glei tiefe Einlenkung der Zehen tennzeihnet ſih die Unter- familie der Waſſerhühner (Gallinulinae), deren Arten ſchilfreihe Seen, größere Sümpfe und Brüche, Teiche und pflanzenbede>te Flußufer, immer aber ſüße Gewäſſer bewohnen. Sie treiben ſih viel im Schilfe und no< mehr auf dem pflanzenbede>ten Waſſerſpiegel umher, ſind im Laufen weniger geſchi>t als im Schwimmen und Tauchen und haben einen ſ{<werfälligen, wankenden und ermüdenden Flug. Sie gehören nicht zu den verträglichen Vögeln, ſondern behaupten eiferſüchtig das einmal gewählte Gebiet, vertreiben aus ihm alle anderen ihrer Art, wenn ſie können, auh andere Vögel überhaupt, und beweiſen dabei einen mit ihrer geringen Größe außer allem Verhältnis ſtehenden Mut. Kleine Vögel fallen ſie mörderiſh an, und den Bruten werden ſie ſehr ſhädli<h. Dagegen zeigen ſie ſi< äußerſt zärtlich gegen ihren Gatten und die Eltern ungemein anhänglih und hingebend gegen die Brut. Fhr aus Schilf: und Rohrblättern kunſtlos zuſammengebautes Neſt legen ſie ſtets im oder wenigſtens in der Nähe von Schilf an, oft ſo, daß es auf dem Waſſerſpiegel {wimmt. Das Gelege beſteht aus 4—12 glattſchaligen, gefle>en und gepunkteten Eiern. Die Jungen kommen in einem äußerſt zierlichen, dunkel gefärbten Daunenkleide zur Welt. Nach der Brutzeit verlaſſen alt und jung gemeinſchaftlich die Heimat und wenden ſih entweder ſüdlicheren oder in anderer Hinſicht günſtigeren Gegenden zu.
Da die Nahrung der Waſſerhühner zum größten Teile aus Pflanzenſtoffen beſteht, laſſen ſi< alle Arten leiht an ein Erſabfutter gewöhnen und mit dieſem jahrelang erhalten, werden ungemein zahm, gewöhnen ſi<h zum Aus- und Einfliegen, gehen oder folgen ihrem Pfleger bei deſſen Ausflügen auf dem Fuße nah und beläſtigen nur dadurch, daß ſie, wenigſtens die größeren Arten, nah Raubvogelart junges Geflügel überfallen und töten.
Das Wildbret ſteht an Wohlgeſ<hma> dem anderer Sumpf: und Waſſervögel zwar bedeutend nah, gibt aber, gehörig zubereitet, immerhin ein leidlihes Gericht. Dazu kommt,