Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

86 Siebente Ordnung: Suchvögel; zweite Familie: Brachſchwalben.

aber während des Sommers die Küſte des Meeres und ebenſo ſandige Uferränder. Sofort nah Ankunft auf den Brutpläßen verteilen ſie ſi< in Paare, und jedes von dieſen behauptet ſeinen Standort, ohne jedo< deswegen mit anderen Anſiedlern in Streit zu geraten. Baldamus fand auf einem Maisfelde am Weißen Moraſte 15 Neſter auf einer Fläche von kaum 20 Ar, beſtätigt aber die Beobachtungen Löbenſteins, der ausdrüklih hervorhebt, daß ſih die Pärchen ſtreng zuſammenhalten, und daß man dann ſelten mehr als zwei nebeneinander ſieht.

Die Brachſchwalbe iſt ein ausgezeihneter Läufer, aber ein noh viel beſſerer Flieger. Der Lauf geſchieht in kurzen Abſäßen, nah Art der NRegenpfeifer, mit dem Unterſchiede jedoh, daß der Vogel dabei wie ein Steinſhmäßer mit dem Schwanze wippt. Der Flug ähnelt dem einer Seeſhwalbe und zeihnet ſi< aus durch ſeine Schnelle ſeine ſchönen Schwenkungen, die jähen Wendungen und den vielfachen Wechſel überhaupt. Die Stimme läßt ſich durch die Silbe „kliet“, der zuweilen ein \{hnarrendes „Kerr“ angehängt wird, ungefähr ausdrü>en; Naumann glaubt die Silben „karjäh““ und „wedre“ herausgehört zu haben. Unter den Sinnen ſteht unzweifelhaft das Geſicht obenan, wie {hon das große Auge ſchließen läßt und der lebende Vogel jederzeit beweiſt. -

Während der Brutzeit ſieht man die zierlihen und harmloſen Vögel paarweiſe, entweder laufend oder fliegend ihre Jagd auf Kerbtiere, Käfer, Motten, Hafte, Libellen und Heuſchre>en betreiben. Laufend jagen ſie oft, und zwar nah Art der Rennvögel, nur mit der Eigentümlichkeit, daß eine und die andere Brachſhwalbe zuweilen meterho<h vom Boden aufſpringt, um ein in ſoler Entfernung vorüberſhwirren des Kerbtier wegzunehmen, weit häufiger aber fliegend, und zwar mit einer Gewandtheit und Geſchicklichkeit die der wirklicher Shwalben wenig nachgibt. Über dem Nöhricht der Sümpfe, über dem Getreide, insbeſondere aber über Kleefeldern {weben ſie unermüdlih auf und nieder, ſtürzen plötlich herab, öffnen den tief geſpaltenen Schnabel und fangen unter laut hörbarem Schnappen das erſpähte Kerbtier, gleichviel, ob dieſes fliegt oder an einem der Halme feſtſizt. Zeitweilig bilden Heuſchre>en faſt ausſ{ließli< ihre Nahrung. Raſh verſchlingt der Vogel ein ſolches Kerbtier, und die Verdauung geſchieht ſo wunderbar ſchnell, daß nah höchſtens 10 Minuten die Neſte des beim Durchgange dur<h den Darmſhlauch gleichſam ausgepreßten Kerfes bereits wieder abgehen und ſo in kürzeſter Friſt die Vertilgung einer erheblichen Anzahl des gefürchteten „Entblätterers“ möglih wird. Alle Kerbtiere, welche die Brachſchwalbe aufnimmt, werden ganz verſchlungen, genau ſo, wie es der Ziegenmelker thut: Graf von der Mühle fand in der Speiſeröhre der von ihm auf der Jagd erlegten Brachſhwalben wertvolle Käfer ſo vollſtändig erhalten, daß er ſie für ſeine Sammlung verwenden fonnte. Den Nachtſchatten ähneln die Brahſchwalben auch darin, daß ſie zuweilen noh ſpät am Abend jagen, wie man ſie überhaupt mehr Dämmerungs- als Tagvögel nennen möchte. Die Mittagsſtunden wenigſtens verſchlafen ſie, in der Nähe ihres Neſtes oder während der Zugzeit in endloſer Reihe an dem Ufer eines Fluſſes oder Sees ſißend.

Zu Niſtpläßen bevorzugen ſie ſeichte Ufer der Sümpfe, baumloſe Viehweiden in der Steppe oder Feldflächen, die nur teilweiſe angebaut ſind. Das Neſt beſteht aus einer kleinen, mit Halmen und Wurzeln ausgelegten Grube; das Gelege enthält 4 Eier von dur<ſ<hnittli< 31 mm Längs- und 23 mm Querdurchmeſſer, die denen der Zwergſe eſhwalbe ähneln und auf glanzloſem, lehmbräunlichem oder graugrünlichem Grunde mit vielen deutlichen grauen Schalenfle>en und zahlreichen, verworrenen Schhnörkeln von gelbbrauner bis kohlſhwarzer Färbung bede>t ſind. Wie die meiſten übrigen Stelzvögel lieben auh die Brahſhwalben ihre Brut ungemein und wenden die verſchiedenſten Mittel an, um die geliebten Eier oder Kinder vor den Nahſtellungen eines Feindes zu retten. Tobias erlegte mit dem zweiten