Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Naubſeeſhwalbe. Eilſeeſhwalbe. 91

ebenſo gerandet. Winter- und Fugendkleid ähneln denen der Raubſeeſhwalbe. Das Auge iſt braun, der Schnabel gelb, der auf dem Ballen gelbe Fuß im übrigen ſ{hwarz. Die Länge beträgt 50, die Breite 104, die Fittihlänge 35, die Schwanzlänge 15 em.

Die Naubſeeſhwalbe, deren Schilderung genügen darf, iſt in Mittelaſien und im Süden unſeres Erdteiles zu Hauſe, brütet aber auh ausnahmsweiſe auf der Fnſel Sylt und an der pommerſchen wie an einigen Stellen der holländiſchen und franzöſiſchen Küſte. Jm Winter erſcheint ſie am Südrande des Mittelmeeres und auf den unterägyptiſchen Seen, anderſeits auf dem nördlihen Roten und dem Fndiſchen Meere, beſucht jedoch, dem Laufe der Ströme folgend, ebenſo das Fnnere Afrikas und Oſtindien. Jm Sudan habe ih ſie noh oft beobachtet; im Fnneren der Fndiſchen Halbinſel tritt ſie, laut Ferdon, als regelmäßiger Wintergaſt auf; an der Weſtküſte Afrikas hat man ſie ebenfalls gefunden. Jm Jnneren Deutſchlands gehört ſie zu den ſeltenen Frrlingen. Sie trifft auf Sylt gewöhnlich in der lezten Hälfte des April ein und verläßt den Brutork im Auguſt wieder, um fortan umherzuſchweifen.

Gewöhnlich ſieht man ſie fliegend in einer Höhe von etwa 15 m über dem Waſſerſpiegel fortſtreichen, den Kopf mit dem auf weithin glänzenden roten Schnabel ſenkrecht nah unten gerihtet, die großen Schwingen langſam bewegend und von Zeit zu Zeit ſtoßtauhend auf das Waſſer hinabſtürzen. Um auszuruhen, begibt ſie ſih nah kieſigen Uferſtellen und pflegt hier eine wohlgeſchloſſene Reihe zu bilden, indem alle Gliedér einer ruhenden Geſellſchaft ſich diht nebeneinander niederlaſſen und ihren Kopf dem Waſſer zukehren. An der Bewegungsloſigkeit einer ſolchen Geſellſchaft, welche jedes Umhertrippeln zu meiden ſcheint, unterſcheidet man ſie auf den erſten Bli> von einer Möwenſchax, in welcher doch einige umherzulaufen pflegen. Auf größeren Waſſerflächen läßt ſich die fiſchende Raubſeeſchwalbe auh wohl zeitweilig und auf Minuten ſ{hwimmend nieder, hält ſi dann aber gewöhnlih auf einer Stelle, ohne zu rudern, und erhebt ſih bald wieder in die Luft. Die Stimme iſt lauter, rauher und kreiſhender als die anderer Arten, ſonſt jedoch wenig verſchieden; auch ſie beſteht nur aus dem häßlichen „Kriäh* oder „Kräik‘. Dem Menſchen weicht unſere Seeſhwalbe ängſtlih aus, weil ſie ſchr vorſichtig und ſcheu iſt. An Geſelligkeitstrieb ſcheint ſie den Verwandten nachzuſtehen. Zum Brüten ſammelt zwar auch ſie ſih ſharenweiſe; nah der Brutzeit aber lebt und arbeitet jede möglichſt für ſich allein und geſellt ſich bloß auf dem Ruheplagze. Neid und Habgier ſcheinen in ihrem Weſen beſonders ausgeprägt zu ſein; außerdem zeihnet ſie ſich dur< Mut und Kampfluſt vor anderen aus.

Jhre Hauptnahrung bilden Fiſche. Sie erbeutet und verſchlingt ſolhe von ziemlich bedeutender Größe, überfällt aber gelegentlih auh Strand- und Waſſervögel, insbeſondere, wenn dieſe hwimmen, und ſchlingt ſie mit demſelben Behagen hinab, mit welchem kleinere Arten Kerbtiere zu ſih nehmen. Jn Jndien jagt ſie, laut Jerdon, den Krebſen eifrig nach, obwohl ſie auh hier vorzugsweiſe mit der Fiſcherei im eigentlichen Sinne des Wortes ſich beſchäftigt. Schilling war der erſte, der ſie verdächtigte, die Eier der am Strande brütenden Vögel aufzuleſen, da er beobachtete, daß ſi<h Möwen und Seeſchwalben der Umgegend unter furhtbarem Geſchreie erhoben, wenn dieſe Näuberin nahete, wütend auf ſie ſtießen und ſie zu vertreiben ſuchten, während ſie ruhig weiterflog und ſih nur wenig um die Verfolgung kümmerte; andere Beobachter haben ſeinen Verdacht beſtätigt gefunden.

Naumann beſuchte die Anſiedelung auf Sylt, die ſih auf dem nördlichſten Ende der JFnſel befindet, heutigestags aber nur ſehr hwach bevölkert iſt. „Die Eier“, ſagt er, „liegen auf dem bloßen Sande in einer kleinen Vertiefung, welche die Vögel ſelbſt harren, nicht ganz nahe am Waſſer, doch in deſſen Nähe. Die Neſter ſind, wo ihrer viele beiſammen niſten, kaum 60 em voneinander entfernt. Fn einem Neſte liegen meiſtens 2, ſelten 3 Eier,