Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

118 Siebente Ordnung: Suchvögel; dritte Familie: Möwen.

ſind weißgrau, ihre Spißen ſhwarz. Das Auge iſt braun, der Augenring korallenrot, der Schnabel zitrongelb, am Mundwinkel blutrot, der Fuß \{<warz, auf der Sohle gelblich. Nach der Herbſtmauſer färbt ſich der Hinterhals blaugrau und ein rundlicher Fle>en hinter dem Ohre ſchwarz. Fm Fugendkleide iſt der Mantel dunkelgrau, jede Feder ſ{hwarz gerandet. Die Länge beträgt 43, die Breite 100, die Fittichlänge 30, die Shwanzlänge 13 cm.

Auch die Stummelmöwe iſt ein hohnordiſcher Vogel, verläßt aber im Winter das Eismeer und erſcheint dann häufig an unſeren Küſten, ſtreicht auch bis in ſehr niedere Breiten hinab. Fm Vinnenlande ſieht man ſie im Winter öfter als andere Seemöwen, weil ſie den Strömen und Flüſſen bis tief ins Fnnere des Landes folgt und hier zuweilen in zahlreichen Geſellſhaften auftritt. Auf Fsland und in Grönland gilt ſie als das erſte Zeichen des Frühlinges; denn ſie trifft, auh wenn no<h grimmige Kälte herrſcht, bereits zwiſchen dem 8. und 20. März dort ein und bezieht ſofort nah ihrer Ankunft die Vogelberge, gleichſam als wolle ſih jedes Pärchen den ihm ſo nötigen Niſtplaß ſihern. Wenn dann noch tiefer Schnee die Geſimſe bede>t, zeigt ſie ſi< beſonders unruhig und ſtößt ihr betäubendes Geſchrei ununterbrochen aus. Vis zum November verweilt ſie in der Heimat; hierauf verläßt ſie die Fjorde, fliegt aber größtenteils nur bis ins offene Meer hinaus und läßt ſich bloß durch die Not zu weiteren Wanderungen treiben.

JZm Betragen und in ihrem Weſen unterſcheidet ſi<h die Stummelmöwe vielleiht nur durch die größere Geſelligkeit und Schreiluſt weſentli von ihren gleichgroßen Verwandten. Sie geht ziemlih \{<le<t und deshalb ſelten, ſ{<wimmt aber gern und anhaltend, auch beim ärgſten Wellengange, fliegt leicht, ſanft, mannigfache und anmutige Windungen ausführend, bald mit langſamen Flügelſhwingungen, bald ſ{<hwebend oder ſhwimmend, und ſtößt geſchi>t aus der Höhe auf das Waſſer hinab, um einen hochgehenden Fiſh oder ein anderes Tier aufzunehmen. Ungewöhnlich, ſelbſt innerhalb ihrer Familie, iſt ihre Geſelligkeit die wahrſcheinli<h durch ihr ſanftes Weſen begründet wird. Einzelne Stummelmöwen ſieht man ſelten, zahlreiche Flüge viel häufiger, und alle Glieder der Geſellſchaften ſcheinen im tiefſten Frieden zu leben. „Entſpinnt ſich ja einmal ein Zank zwiſchen zweien“, ſagt Naumann ſehr richtig, „ſo iſt er do< weiter ni<hts als ein augenbli>lihes Aufbrauſen und geht ſehr bald vorüber.“ Fn der That, man muß ſi<h wundern über die verträglichen Geſchöpfe; man wird entzü>t wenn man ſieht, wie Millionen untereinander leben, zwar plärrend und freiſhend, aber doh ohne ſi<h zu zanken, wie vielmehr jeder ſi{< bemüht, in der Geſamtheit die Stellung einzunehmen, die ihm durch die Umſtände zugewieſen wird. Um andere Vögel bekümmert ſi<h die Stummelmöwe niht: Verwandte leben auf demſelben Berge mit ihr, niht aber ün eigentlihen Sinne des Wortes unter ihr; denn ebenſo, wie der Shwarm auf dem Meere ſi<h geſchloſſen zuſammenhält, behaupten au< die Brutvögel einen beſtimmten Teil des Berges. Außer der Fortpflanzungszeit gehört dieſe Möwe zu den ſ<hweigſainſten Arten ihrer Familie, während ſie brütet, ſchreit ſie dagegen ununterbrochen und in verſchiedener Weiſe. Bald klingt die Stimme laut und gellend wie „fa fa tai“ oder „häiä“, bald wieder wie „da> da>“ bald wie das Schreien eines weinenden Kindes, bald wie der Klang einer Kindertrompete. Jede einzelne verſucht ihre Erregung auh durch die Stimme kundzuthun, und da nun Millionen von demſelben Gedanken erfüllt ſind, werden Fabers Worte begreiflih. „Selbſt wenn ſie Erde zum Baue des Neſtes im Schnabel tragen“, meint dieſer Forſcher, „können ſie niht ſ{<hweigen, ſondern ſtoßen ununterbrochen heiſere Kehllaute aus.“ Nach der Fortpflanzungszeit haben ſie keinen Grund zum Schwaten mehr, und damit erklärt ſi< ihr Schweigen.

Auch derjenige, welcher meint, eine Vorſtellung von dem unendlihen Reichtum des Meeres zu haben, wirft ſi<h die Frage auf: wie iſt es möglich, daß ein kleiner Umkreis der See dieſe Millionen ernähren kann? Man weiß, daß die Stummelmöwe faſt nur Fiſche