Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

128 Siebente Ordnung: Suchvögel; vierte Familie: Flügeltaucher.

ſehr engem Kreiſe tollkühn umflogen wurde. Jh habe etwas Ähnliches nie beobachtet. Uber ihr Gefangenleben ſind mir keine Mitteilungen bekannt.

Flügeltaucher (Alcidae) heißen einige 30 über die nordiſhen Meere verbreitete, unter ſih übereinſtimmende, tauchfertige Seevögel, deren Merkmale in dem kräftigen Leibe, kurzen Halſe, diden Kopfe, mäßig langen, ſehr verſchieden geſtalteten Schnabel, den mäßig hohen, ſeitlih zuſammengedrü>ten, dreizehigen, mit großen Shwimmhäuten ausgerüſteten Füßen, den kurzen, ſ{hmalen, ausnahmsweiſe verkümmerten Flügeln, dem kurzen Shwanze und weichen, meiſt zweifarbigen Gefieder zu ſuchen ſind.

Alle Flügeltaucher gehören dem Nördlichen Eismeere und den mit ihm zuſammenhängenden Buchten und Straßen an, verbreiten ſich wenigſtens nah dem Süden hin nur hier und da über den Polarkreis, obgleich ſie dieſen bei ihren Wanderungen im Winter regelmäßig zu überſchreiten pflegen. Sie ſind e<hte Meervögel, die eigentli<h nur während der Brutzeit ſich am Lande aufhalten, im übrigen aber alle Geſchäfte auf und im Waſſer verrichten. Sie ſ<hwimmen und tauchen mit ausgezeichneter Fertigkeit, fliegen meiſt verhältnismäßig no< immer gut, gehen zwar ungern, jedoch ziemli< raſh, und zwar mehr auf der Sohle als ruthend auf der Fußwurzel. Fhre Sinne ſind ſcharf, die übrigen Geiſteskräfte keineswegs in dem Grade verkümmert, wie man gewöhnli<h annimmt, weil man vergißt, daß die Vögel nur zu ihrer einſeitigen Ausbildung Gelegenheit haben. Fiſche und Krebſe, die auch in ſehr bedeutenden Tiefen erjagt werden, bilden ihre ausſ<ließli<he Nahrung. Alle leben und fiſchen gern gemeinſchaſtlih, und alle ſchlagen ſi<h während der Brutzeit in größeren oder kleineren Scharen zuſammen, einzelneArten in ſolche, welche Hunderttauſende von Paaren zählen mögen. Für die Bewohner des Nordèns ſind die Flügeltaucher, insbeſondere aber die Lummen und Alken, wirkliche Vögel des Segens. Eine Art macht neben dem Seehunde das Hauptnahrungsmittel der Bewohner mehrerer Anſiedelungen Südgrönlands aus, und Hungersnot würde entſtehen, wenn dieſer Vogel einmal ſi<h niht mehr in der gewöhnlichen Anzahl einſtellen wollte. Wochen- und monatelang bilden ſie die hauptſächhlichſte, zuweilen die aus\<ließli<he Speiſe jener Menſchen, „denen man“, wie Holböll ſagt, „no<h niht beibringen fonnte, von einem Tage zum nächſten zu leben“.

Einer der merkwürdigſten Vögel des Meeres iſt der Lund, au<h Waſſerſcherſ<hnabel, Buttelſtampfe, Pflugſcharnaſe, Goldkopf, Brüderchen, Polarente genannt (Fratercula arctica und glacialis, Mormon arctica, fratercula, polaris, glacialis und grabae, Alca arctica, labradorica und canagularis, Lunda arctica, Ceratoplepharum arcticum), Vertreter der Gattung der Larventaucher (Fratercula), ein mittelgroßer, kturzhalſiger und di>köpfiger Vogel mit höchſt auffallend geſtaltetem Schnabel. Dieſer hat, von der Seite geſehen, eine dreie>ige Geſtalt, iſt an der Wurzel höher als an Stirn und Kinn, ſeitlih außerordentli<h zuſammengedrüt, hinten mit einer wulſtigen Haut, die ſi< au< am Mundwinkel fortſezt, umgeben, vorn mehrfa<h gefur<ht, niht beſonders ſpibig, aber ſehr ſcharfkantig. Am dreizehigen Fuße, der ziemlih große Shwimmhäute beſitzt, fallen die ſtarken, ſeitlih gebogenen Nägel auf. Der Flügel iſt klein, ſ<mal, hinten mit abgerundeten, furzen Spißen, der 16federige Schwanz ſehr kurz, das Kleingefieder oben dicht, derb und glatt anliegend, unten länger und pelzartig, überall zerſhliſſen. Beachtenswert erſcheint auh no< die Umgebung des Auges, an deſſen na>tem Lide unten eine fnorpelartige, längliche, wagerect ſtehende, oben eine dreiedige, ſenkreht ſtehende Schwiele ſich