Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Lund: Verbreitung. Fliegen. Tauchen. Stimme. 129

anſchließt. Der Oberkopf, ein Halsband und der Oberrücken ſind ſhwarz, die Wangen und die Kehle aſhgrau, die Unterteile weiß, ſeitlich grau oder \<wärzli<h. Das Auge iſt dunkelbraun, der Augenring korallenrot, die Schwiele aſchgrau, der Schnabel an der Spibe blaß forallenrot, in den Furchen lichter, an der Wurzel blaugrau, im Mundwinkel orangegelb, der Fuß zinnoberrot. Junge Vögel unterſcheiden ſih durch den niederen Schnabel und die minder lebhafte Färbung des Gefieders. Die Länge beträgt 31, die Breite 62, die Fittichlänge 17, die Schwanzlänge 6 cm.

Der Lund bewohnt die Nordſee, den nördlichen Teil des Atlantiſchen Meeres und das Eismeer bis zum 80. Grade nördlicher Breite, findet ſich dem entſprehend an den europäiſchen Küſten ſowie an den aſiatiſchen und amerikaniſchen, wird jedo<h im Norden des Stillen Meeres dur eine verwandte Art vertreten. Auf Helgoland brüten einige Paare; weiter nah Norden hin wird er häufiger, und im Eismeere tritt er in wirkli<h unſhäbßbarer Menge auf, während des Sommers alle geeigneten Brutpläße zu Hunderttauſenden und Millionen bevölkernd. Jn Südgrönland ſoll er niht häufig ſein, weiter nah Norden hin jedo< zahlreicher werden. Auf der europäiſchen Seite des Meeres bildet er den Hauptteil der Bevölkerung aller Vogelberge. Man kann niht annehmen, daß er wandert, obwohl er im Winter ſi öfters in ſüdlicheren Gegenden zeigt; denn ſtreng genommen ſtreicht er nur von ſeinem Brutplaße nah dem hohen Meere hinaus und von dieſem wieder nah den Vogelbergen zurü>. Dabei kann es allerdings vorkommen, daß er, weiter und weiter ſtreifend, ſi bis in ſehr ſüdlihe Gegenden, beiſpielsweiſe bis ins Mittelländiſche Meer, verirrt.

Auf meiner Reiſe nah Lappland traf oder unterſchied ih den Lund erſt in der Nähe der Lofoten. Das erſte, was mir an dieſem Vogel auffiel, war ſein für mih ungemein überraſchender Flug dicht über den Wogen dahin, als wenn er ſih niht von’ ihnen erheben, ſondern nur auf ihnen fortrutſhen wolle. Der Vogel gebraucht dabei die Flügel ebenſoviel wie die Füße und ſchiebt ſi< raſ< von Welle zu Welle, etwa wie ein halb fliegender und halb ſ{<wimmender Fiſch, ſ{hlägt mit den Flügeln und mit den Füßen fortwährend in das Waſſer, beſchreibt einen Bogen nah dem anderen, den Wogen ſich anſchmiegend, und arbeitet ſih, anſcheinend mit großer Haſtigkeit, aber noh größerer Anſtrengung, weiter. Der Schnabel dur<ſ<hneidet beim Fliegen die Wellen, ſo daß mich der Flug lebhaft an den des Scherenſchnabels erinnert hat. Einmal emporgekommen, fliegt der Lund geradeaus, unter ſhwirrender Bewegung ſeiner Flügel und zwar ſo ſ<nell dahin, daß der Shüße im Anfange immer zu kurz ſchießt. Jm Schwimmen gibt er gewiß keinem Mitgliede ſeiner Familie etwas nach. Er liegt leicht auf den Wellen oder verſenkt ſich na Belieben unter die Oberfläche, taucht ohne erſichtliche Anſtrengung und ohne jegliches Geräuſch und verweilt bis 3 Minuten unter Waſſer, ſoll auch bis in eine Tiefe von 60 m hinabtauchen können. Auf feſtem Boden geht er trippelnd und wa>elnd, aber doh überraſchend gut, erhebt ſi< auh vom Siße aus ſofort in die Luft oder fällt fliegend ohne Bedenken auf den feſten Boden nieder; ſißend ruht er gewöhnlih auf den Sohlen ſeiner Füße und dem Schwanze oder legt ſih ſelbſt platt auf den Bauch nieder. Wie ſeine Verwandten bewegt er Kopf und Hals auch bei ruhigem Sißen ohne Unterlaß, gerade als ob er etwas ſuchen müſſe oder Verſchiedenes ſorgfältig anzuſehen habe. Seine Stimme unterſcheidet ſi< nur dur die Tiefe von dem Knarren der verwandten Vögel, am wenigſten von der des Tordalk; ſie klingt tief und gedehnt, wie „orr orr“, zuweilen auch, laut Faber, wie die Laute, die ein ſchläfriger Menſh beim Gähnen hervorbringt, im Zorne fnurrend nah Art eines kleinen, bögwilligen Hundes.

Jc habe tagelang mit Lunden in innigſter Gemeinſchaft gelebt, daß heißt ſie auf den Vogelbergen ſo eingehend wie mögli zu ſtudieren geſucht, und ih muß ſagen, daß mir die Beobachtung viel Freude gewährt hat. Unter den mir bekannten Arten der Familie

Brehm, Tierleben. 3, Auflage. YT. 9