Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Lund: Weſen. Nahrung. Fortpflanzung. Verwertung. 131

vielmehr ſo kurz, daß man den brütenden Vogel vom Eingange aus hinten ſiven ſieht. Beide Geſchlechter ſcheinen am Baue der Höhle zu arbeiten; ih habe Männchen wie Weibchen beim Graben gefangen. Zu ihrer Arbeit benuzen ſie den Schnabel und die Füße, in welcher Weiſe, kann ih jedoch nicht ſagen, weil ſie zu graben aufhören, wenn man ſich ihnen nähert. Während ſie ſcharren, ſind ſie mit Torferde ſo eingeſtäubt oder rihtiger eingeſhmiert, daß man die Farben ihres Gefieders kaum no< zu erkennen vermag; allen Schmuß aber entfernen ſie, noh ehe ſie zum Brüten ſchreiten. Jedes Pärchen legt bloß ein einziges Ei von verhältnismäßig bedeutender Größe oder etwa 70 mm Längs- und 45 mw Querdurhmeſſer. Die Schale iſ grobkörnig und uneben, ſeine Färbung ein reines Weiß, das jedoh dur< den Torfboden ſehr bald gelblih und ſpäter bräunlich gefärbt wird. Beide Eltern brüten, wie viele Zeit, iſt mir unbekannt, man ſagt, ungefähr 5 Wochen lang. Das Junge kommt in einem langen und dihten Daunenkleide von kohlſhwarzer und lihtgrauer Färbung zur Welt, piept in den erſten Tagen ſeines Lebens ſehr kläglich, ſchreit ſpäter kräftiger, lernt aber das knarvende „Orr“ der Alten erſt, wenn es ausgeflogen iſt. Es ſcheint ziemlih langſam zu wachſen, demgemäß auh über Monatsfriſt in ſeiner Höhle verweilen zu müſſen; denn erſt, wenn es vollkommen flügge geworden iſt, verläßt es dieſe und ſtürzt ſih unter Führung ſeiner Alten in das Meer. Beide Eltern ſchleppen ihm meilenweit Azung herbei und ſeven ſih rüdſichtslos Gefahren aus, wenn ſie glauben, dadurch das geliebte Kind ſhüßen zu können, verteidigenes auh nötigen Falles mit wütenden Biſſen. Beide hängen mit wärmſter Zärtlichkeit an der Brut, und ſelbſt das Männchen nimmt alle Mühen der Erziehung willig auf ſi< und füttert, wenn es ſein Weibchen verlox, allein das Junge groß. Nimmt man dem Pärchen das Ei, ſo legt es ein zweites, und nimmt man dieſes, auh wohl ein drittes, gewöhnlih in dieſelbe Höhle. Fängt man beide Eltern vom Neſte, ſo finden ſih andere, die das Ei bebrüten oder die Jungen erziehen.

Die Beſißer der Vogelberge rauben den Lunden regelmäßig das erſte Ei, falls ſie es erlangen können, laſſen aber gewöhnlih das zweite den Eltern zum Ausbrüten und holen ſi< dann, grauſam genug, das Funge, bevor es flügge wird, um es zu verſpeiſen oder für den kommenden Winter einzuſalzen. Für längere Gefangenſchaft nimmt man Lunde oder Alken überhaupt aus dem einfahen Grunde nict aus, weil ſie ſih niht halten, oder rihtiger, weil man niht im ſtande iſt, ihnen das nötige Futter zu ſchaffen. Die Jagd im Meere iſ niemals ergiebig, weil dieſe Vögel, wenn ſie ſi verfolgt ſehen, ſo tief ſ{<wimmen, daß man bloß den Kopf und Hals als Zielpunkt hat, demgemäß mit feinem Schrote ſchießen muß und deshalb erſt auf mehrere Schüſſe einen erhält. Niemals habe ih geſehen, daß diejenigen, auf welche wir ſchoſſen, ſih fliegend vom Waſſer erhoben; alle ſuchten ſi vielmehr dur< Untertauchen zu retten. Angeſchoſſene und flügellahme Lunde tauchten noch tief und anhaltend.

Die Alken (Alca) ähneln den Lunden einigermaßen im Baue des Schnabels. Leßterer iſt mittellang, ſehr ſhmal und hoch, auf dem Oberfirſte bogenförmig aufgeſ<wungen, am Unterkiefer e>ig. vorgebogen, hinten zur Seite gefurcht, an den gebogenen Schneiden ſehr ſcharf; der Flügel iſt ſ{<lank, langſpibig und etwas ſäbelförmig; der kurze Shwanz beſteht aus 12 ſ{<malen Federn.

Alle Gegenden und Meeresteile, in welchen der Lund vorkommt, beherbergen auh den Tordalk, Klub-, Eis- oder Elſteralk (Alca torda, pica, glacialis, microrhynchos, balthica und islandica, Pinguinus torda und pica, Utamania torda und pica). Im Hochzeitskleide iſt das Gefieder oben und am Vorderhalſe ſhwarz; eine ſ<hmale Binde vom Schnabel bis zum Auge, ein Spigenſaum an den Shwungfedern zweiter Ordnung,

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