Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

140 Siebente Ordnung: Suchvögel; vierte Familie: Flügeltaucher.

Gemeinſchaft. Um das Thun und Treiben der übrigen Vögel ſcheint ſie ſi< niht zu befümmern, und ebenſowenig fürchtet ſie ſi<h vor einem herannahenden Menſchen. Wenn der Jagdfalke über die Vogelberge ſtreicht und alles Lebende in Todesangſt verſeßt, wenn alle Lummen und Alken ſo eilig wie möglih dem Meere zufliegen, erhebt ſih auch die Teiſte, um ſ{leunigſt im Waſſer ihre Rettung zu ſuchen; wenn aber ein Menſch den Brutplaß beſucht, kann ex mindeſtens bis auf 15, oft bis auf 10 Schritt an das Pärchen hinangehen, ohne es aufzuſcheuhen. Fm Waſſer iſt die Teiſte ſtets vorſichtiger als auf dem Lande, obgleich ſie auh hier zuweilen ſih äußerſt vertrauensſelig zeigt. Fern vom Meere verliert auch ſie alle Beſinnung und ſcheint zu vergeſſen, daß die Natur ihr Flügel verliehen.

Anfang März erſcheinen die Teiſten auf den Vogelbergen, auf kleineren höchſtens 8 oder 4 Paare, auf den größeren mehrere, ſelten jedo<h über 20 oder 30 von ihnen an ſolchen Orten, welche Millionen von Lummen beherbergen. Fedes Paar erwählt eine paſſende Rige oder Felſenſpalte und legt hier auf den na>ten Boden die beiden verhältnismäßig großen, durchſchnittli<h 60 mm langen, 40 mm dicen, grobkörnigen, glanzloſen, auf trübweißem oder bläulihgrünlihem Grunde mit vielen aſ<hgrauen Fle>en und rundlichen oder länglihen braunen und ſ{hwarzbraunen Oberfle>en, Tüpfeln und Punkten gezeihneten Eier, ſelten vor Mitte April, oft erſt im Mai. Nüunmt man, wie es auf den zugänglichen Vogelbergen überall geſchieht, das erſte Gelege weg, ſo brüten die Paare zum zweitenmal, legen dann aber nur ein einziges Ei. Männchen und Weibchen brüten abwechſelnd und ſißen zuletzt ſo feſt auf dem Neſte, daß man ſie mit der Hand wegnehmen kann. Nach 24 Tagen kommen die Jungen in einem dichtflaumigen, gräulichhen Daunenkleide zur Welt und erhalten nun als erſte Nahrung Sandwürmer, Schlammfiſche, kleine Sandaale und dergleichen zugeſhleppt, bis ſie das Futter der Alten, Fiſche und Krebſe aller Art, genießen können. Jm Daunenkleide verſtehen die Teiſten wohl zu ſ{<hwimmen, niht aber zu tauchen; leßteres lernen ſie erſt, wenn ſie ein vollſtändiges Federkleid erhalten haben.

Grönländer und Jsländer bemächtigen ſi<h der Teiſten, wenn ſie können; die Norweger nehmen ihnen bloß ihre Eier weg, behelligen ſie im übrigen aber niht. Außer dem Menſchen ſtellen ihnen Edelfalken und Raubmöwen na<h. Faber fah auch einen Seeadler auf eine Geſellſchaft dieſer Vögel ſtoßen und ſo lange zum Tauchen nötigen, bis er ſie ermüdet hatte und einen ergreifen konnte, Große Raubfiſche ſollen ihnen ebenfalls gefährlih werden. Die Jagd hat kaum Schwierigkeiten, weil die geringe Scheu der Vögel jede beliebige Annäherung geſtattet; auh der Fang iſt wenigſtens im Sommer ſehr leiht. Das Fleiſch ſ{<hme>t thranig, läßt ſi< aber ſo zubereiten, daß es wenigſtens genießbar wird; das der Jungen erhält man in Lappland öſters aufgetiſcht und lernt es mit der Zeit re<t gern eſſen. Außerdem benußt man die Federn zur Füllung von Betten. Am höchſten hägt man die Eier, die auh uns wirklih le>er vorkommen, wenn wir uns einmal an den ihnen noh anhängenden etwas eigentümlichen Geſ<hma> gewöhnt haben. Jn der Gefangenſchaft laſſen ſich die Teiſten leider niht, zum mindeſten niht längere Zeit erhalten; ſelbſt wenn man ihnen ein Waſſerbe>en zur Verfügung ſtellt, bekunden ſie durch ihr trauriges Weſen deutlich genug, daß man ihnen ihr Meer damit nicht erſeßen kann.

Bei der Trottellumme (Uria lomvia, troile und norwegica, Alca troile und lomyia, Lomyvia troile, Colymbus und Catarrhactes troïle; Abbildung S. 142) find Kopf, Vorderhals und Oberkörper ſamtbraun, die Spigen der Oberarmfedern weiß, ſo daß dadurch eine lite Binde entſteht, die Unterteile weiß, an den Seiten braun in die Länge geſtreift. Jm Winterkleide ſind au< der Vorderhals und teilweiſe die Hinterwange weiß. Das Auge iſ braun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß bleigrau, außen dunkler. Die Länge beträgt 46, die Breite 72, die Fittihlänge 21, die Schwanzlänge 6 cm.