Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Krabbentaucher. — Blätterhühnchen. 147

ehe ih ihn greifen konnte. Er war eins von den zehn Männchen, die ih 3 Tage ſpäter auf den Eiern fing, lag ganz abgezehrt mit zerſhmetterten Flügeln da: ſeine leiblichen Schmerzen aber hatten die Liebe für die Brut nicht unterdrü>en können.“ Auf den Brutplägen ſieht man diejenigen, welche niht brüten, ſharenweiſe auf den herabgefallenen Felsſtü>en ſigen, welche die brütenden Gatten verbergen. Werden jene aufgejagt, ſo fliegen ſie ſämtli auf das Meer hinaus, kehren jedoh bald zurü> und umkreiſen die Brutpläbe, ſo daß man ſie leiht erlegen kann. Am Tage fiſchen die nihtbrütenden Vögel auf dem Meere, abends ſegen ſie ſi unter ſtetem Schreien, Schnattern und Ga>ern in der Nähe der Neſter auf den Steinen nieder. Wie lange die Brutzeit währt, weiß man bis jeßt noh niht, wohl aber, daß beide Eltern das in grauen Flaum gekleidete Junge ebenfalls zärtlich lieben und ſo lange mit Futter verſorgen, bis es vollkommen ausgefiedert die Höhle verlaſſen und auf das Meer hinausfliegen kann. Wahrſcheinlih ſammeln ſih nunmehr nah und nach die Krabbentaucher von verſchiedenen Brutpläßen, um jene unermeßlihen Scharen zu bilden, welche man zuweilen bemerkt hat.

Naubvögel und Raubfiſche hauſen kaum ärger als die Menſchen unter dem Beſtande der Krabbentaucher, deren Fleiſh neben dem Wildbrete des Renntieres zu den Leckerbiſſen des hohen Nordens zählt. Man erlegt ſie zu Tauſenden, zuweilen mehr als 30 mit einem einzigen Schuſſe.

Auf ſtillſtehenden oder ruhig fließenden Gewäſſern wärmerer Länder, deren Oberfläche mit breiten, {{wimmenden Blättern verſchiedener Waſſerpflanzen, insbeſondere der Waſſerroſen, bede>t iſt, leben höchſt zierlihe Vögel, deren Fußbau ſih von dem aller übrigen durc die außerordentliche Länge der Nägel unterſcheidet. Man findet ſie, die Blätterhühnchen, die eine eigne Sippſchaft (Parrae) bilden, in den Gleicherländern der Alten wie der Neuen Welt; jeder Erdteil hat ſeine beſonderen Arten, alle aber ähneln ſi in der Lebensweiſe. Jene Blätter ſind ihr Jagdgebiet; ſie verlaſſen den ſhwimmenden Boden nur ausnahmsweiſe, namentlih wenn ſie brüten wollen.

Abweichend von anderen Sumpfvögeln kennen ſie kaum Scheu vor dem Menſchen, zeigen ſih im Gegenteile ſtets frei, geſtatten, daß man mit dem Boote dicht an ſie hinanfommt, fliegen endlih auf, flattern über dem Waſſer dahin und laſſen ſi< bald wieder nieder. Sie verdienen ihren wiſſenſhaftlihen Namen in keiner Weiſe; denn ſie ſind nihts weniger als „unglü>verkündende“, vielmehr höchſt anmutige und harmloſe Vögel, welche die ohnehin anziehenden Waſſerroſen und ähnliche Pflanzen in ſo hohem Grade ſ{<müd>en, daß ſie jedermann für ſi< einnehmen, wenn auch ihr Weſen dem günſtigen Eindru>e, den ſie hervorrufen, niht in jeder Hinſicht entſpricht. Jn ihrem Gange auf den Blättern, die feinen anderen Vogel gleicher Größe tragen, liegt der Zauber, mit welchen ſie den Reiſenden umſtri>en, oder der Grund der abergläubiſchen Sagen, die ſie hier und da ins Leben gerufen haben. Jhren Blättern entrü>t, erſcheinen ſie ungefügig und ungelenk. Zwar ſind ſie auh fähig, mit Leichtigkeit über dünnflüſſigen Shlamm zu wandeln, aber faum no< im ſtande, ſi in höherem Graſe zu bewegen und ebenſowenig geſchi>t im Schwimmen oder im Fliegen. Einige Arten hat man noch gar niht {hwimmen ſehen, andere jedo< als Taucher kennen gelernt. Jm Fluge leiſtet keine einzige Art Hervorragendes. Die Stimme ſoll dur< ihre Sonderbarkeit auffallen und bei einigen wie ein Gelächter klingen. Über die geiſtigen Cigenſchaſten fehlen ausführlihere Beobachtungen; doh weiß man, daß die Vögel richtige Beurteilung der Verhältniſſe bekunden, ſih des Wohl: wollens, das man ihnen gewährt, bewußt ſind und deshalb gerade ſo zutraulich zeigen, wogegen ſie, verfolgt, bald ſcheu werden und dur< ihren Warnungsruf nicht bloß ihresgleihen,

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