Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Turappen: Allgemeines. 151 auh dem harmloſeſten Geſchöpfe niht mehr trauen. Neben dieſer Vorſicht ſpricht ſih in ihrem Weſen Erregbarkeit und Heftigkeit aus; auch kann ihnen ein gewiſſer Hochmut niht abgeſprochen werden. Sie fliehen den Feind, den ſie fürchten müſſen, ſtellen ſih aber, gezwungen, ſelbſt dem Menſchen kühn gegenüber oder bedrohen ihn, nachdem ſie vertraut mit ihm wurden; ſie leben mit ihresgleichen in ziemlichem Frieden, fämpfen aber erbittert, wenn Liebe oder Eiferſucht ins Spiel kommen, ſie nehmen auch einen Kampf mit anderen Vögeln, die an Größe und Stärke ihnen gleichen, ohne Bedenken auf. Alte Hähne werden wirkli bösartig. An veränderte Verhältniſſe gewöhnen ſie ſih {<wer; doch fügen ſie ſich {hließlih, ſcheinbar ohne Widerſtreben, obwohl ſie keine Gelegenheit vorübergehen laſſen, ihr Mütchen an einer ihnen unangenehmen Perſönlichkeit oder einem ihnen verhaßten Tiere zu kühlen.

Zhre Lebensweiſe erinnert in vieler Hinſicht an die der Hühnervögel, aber ebenſo auh an das Treiben der Regenpfeifer und Verwandten. Ungeſtört verweilen ſie faſt den ganzen Tag auf dem Boden, indem ſie in den Morgenſtunden äſen, ſchreien oder miteinander kämpfen, mittags behaglih hingeſtre>t ſi< ſanden, gegen Abend von neuem na<h Nahrung ſuchen und ſcließli< einen möglichſt geſicherten Plaß zur Nachtruhe erwählen. Sie erſcheinen, wenigſtens in gewiſſen Gegenden, zu beſtimmten Zeiten auf beſtimmten Pläßen und fliegen tagtägli<h nah anderen zurü>, oder aber durchlaufen, vielleicht mit derſelben Negelmäßigkeit, gewiſſe Stre>en. Jhre Nahrung wird zum großen Teile dem Pflanzenreiche entnommen; die Küchlein hingegen nähren ſi faſt nur von Kerbtieren und verkümmern ſicherlih, wenn dieſe ihnen fehlen. Erſt wenn ſie ihr volles Gefieder erlangt haben und etwa halb ausgewalſen ſind, gehen ſie zur Pflanzennahrung über. Sie genießen Körner ebenſo gern wie Blätter, Knoſpen und Knollenfrüchte, lieben es aber, die Blätter ſelbſt zu pflücken, laſſen beiſpiel8weiſe Îar geſchnittenen Kohl unberückſichtigt, wogegen ſie dasſelbe Futter, wenn ihnen davon ein ganzer Kopf gereiht wird, leidenſchaftlich gern freſſen. An Brot laſſen ſie ſi leiht gewöhnen, und ſpäter ſehen ſie in ihm einen Le>erbiſſen. '

Die Fortpflanzung fällt mit dem Spätſrühlinge der betreffenden Heimat zuſammen. Alle größeren Vereinigungen, welhe während der Winterzeit gebildet wurden, haben ſich jetzt gelöſt und alle Männchen Weibchen gefunden. Über ihre ehelihen Verhältniſſe iſt man no nict vollſtändig im reinen; doch ſprechen die meiſten Beobachtungen dafür, daß ſie in Einehigkeit leben. Die Hähne zeigen ſich, wenn die Paarungszeit herannaht, im höchſten Grade erregt, ſchreiten pomphaft mit di> aufgeblaſenem Halſe, gewölbten Flügeln und ausgebreitetem Shwanze einher, kämpfen waer mit jedem Nebenbuhler, laſſen, wenn fie ſchreiluſtig ſind, ihre Stimme faſt ununterbrochen vernehmen und machen dabei fortwährend der Henne nah ihrer Weiſe den Hof. Leßtere ſcharrt ſih nah erfolgter Begattung eine ſeihte Mulde im aufſchießenden Getreide oder zwiſchen hohem Steppengraſe aus, bekleidet ſie dürſtig und belegt ſie dann mit ihren wenigen Eiern. Das Weibchen brütet: allein und führt au< anfänglich die zierlih beflaumten, aber etwas täppiſchen Fungen ohne Hilfe des Gemahls8; dieſer ſtellt ſih jedo<h ſpäter wieder bei der Familie ein und dient ihr fortan als treuer Wächter. Das Wachstum der Jungen geht langſamer von ſtatten als bei vielen anderen Vögeln.

Trappen werden in allen Ländern mit einer gewiſſen Leidenſchaft gejagt, weil ihre große Vorſicht die menſchliche Überlegenheit herausfordert. Man wendet die verſchiedenſten Mittel an, um ſih der achtſamen Geſchöpfe zu bemächtigen, jagt aber troßdem dur<haus nicht immer mit Glü>. Der Fang iſt, wenigſtens zu gewiſſen Zeiten, verhältnismäßig leiht; es hält aber ſhwer, Trappen einzugewöhnen. Alt gefangene verſ<hmähen regelmäßig das Futter und troßen und hungern ſih zu Tode; jung erbeutete verlangen