Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

154 Siebente Ordnung: Suchvögel; ſechſte Familie: Trappen.

hernieder, und dies macht ihn von weitem kenntlih. Wenn eine Geſellſchaft von Großtrappen ſih gleichzeitig erhebt hält ein jeder einen gewiſſen Abſtand von den anderen ein, gleihſam als fürchte er, ſie durh ſeine Flügelſchläge zu beixren.

Der Stimmlaut, den man zu allen Zeiten von dem Großtrappen vernimmt, läßt ſich {wer dur<h Buchſtaben ausdrü>en; er iſt ein ſonderbares und leiſes Schnarren, das nur dann deutlih wird, wenn man ſi< in unmittelbarer Nähe des Vogels befindet. Von Gefangenen habe i<h nur dieſen einen Laut oder richtiger dieſes eine Geräuſh vernommen; denn von einem Laute oder Tone iſt ſtreng genommen nicht zu reden. Wenn ih verſuchen ſoll, dieſe Stimme auszudrücken, muß ich die Silbe „pſäärr“ zu ihrer Bezeichnung wählen; es iſt mir jedo<h unmögli<h, auch die Betonung zu verſinnlihen. Während der Paarungszeit vernahm Naumann, aber auch ſelten, einen tiefen und dumpfen Laut, den er eine Art Brauſen nennt und dem „Huh huh huh“ des zahmen Taubers ähnlich findet. Die vom Neſte vertriebene Henne ſtößt, laut Eberle, auch ein kläglihes „Züuh züuu“/ aus.

Daß unter den Sinneswerkzeugen des Großtrappen das Auge am meiſten entwi>elt iſt, lehrt die Erfahrung. Seinem Scharfblicke entgeht ſo leiht, nihts. „Schon in weiter Ferne“, ſagt Naumann, „beobachtet er die vermeintlihen Gefahren, beſonders die ihm verdächtige einzelne Perſon, und wenn dieſe glaubt, ſie ſei von dem Trappen, den ſie zu beſhleihen gedenkt, no< fern genug, als daß ſie von ihm {hon bemerft ſein könnte, ſo irrt ſie gewöhnlih, namentlih, wenn ſie hofft, einen zwiſchen ihr und dem Trappen gelegenen Hügel oder Graben zu erreichen, um, durch jenen gede>t oder in dieſem verborgen, ſich ihm ſ{hußmäßig zu nähern; denn in demſelben Augenbli>e, in welchem ſie ſich ſeinem Blicke entzogen zu haben glaubt, ergreift jener au<h ſchon die Flucht. Meiſt re>en die Trappen, ſobald ſie Gefahr ahnen, die Hälſe empor, zuweilen aber au< niht; wenn ſie in dieſem Falle jedo<h auch den Anſchein einer Ruhe heucheln, ſo ſieht der mit ihren Sitten Vertraute daran, daß ſie das Weiden unterlaſſen, einige ſtillſtehen, andere unſicher hin und her ſchleichen, daß ſie ſi<h eben alle dur< die Flucht ſihern werden. Jeder Menſch, welcher ſie mit Aufmerkſamkeit betrachtet, macht ſich ihnen verdächtig, ſte>e er auh in dem Gewande eines Landmannes oder Hirten oder dem eines Weibes. Nur dann, wenn ſie von ſolchen Leuten gar niht beachtet werden und dieſe ſie keines Blies würdigen, wenn Frauenzimmer mit einer Laſt ruhig vorüberwandern, Bauern oder Schäfer ſih bloß mit ihrem Viehe beſchäftigen, laſſen ſie ſih, jedo<h niht immer, ſo nahe fommen, daß man ſich ihrer dur<h Schießen würde bemächtigen können. Oft ſcheint es, als könnten ſie auf mehr denn 300 Schritt weit in den Geſichtszügen des Vorübergehenden leſen, ob er Böſes gegen ſie im Sinne habe oder niht, als könnten ſie die Flinte von jedem ähnlichen Stabe unterſcheiden, auh wenn ſie die betreffende Perſon ſenkre<ht oder dicht an ſi<h hält, wie man ſonſt kein Schießgewehr zu tragen pflegt.“ Naumann meint, daß ihre Gehör: und Geruchswerkzeuge wenig entwi>elt wären, weil er, in einer mit Erde überde>ten Grube verborgen, einige Male mitten unter ihnen geſeſſen habe, und ſie ſo ſorglos um ſein ſtilles Verſte> herumſchleihen ſah, daß er einzelne Trappen hätte greifen mögen, daß ſelbſt der Rauch ſeiner Tabakspfeife, der zuweilen durch die kleine Schießöffnung hinausſtrömte, von ihnen niht beachtet wurde. Der Geruhsſinn ſcheint allerdings ſehr ſ<wa<h zu ſein; daß die Trappen aber ſcharf hören, ſteht feſt.

Der Großtrappe nährt ſih, wenn er erwahſen, vorzugsweiſe von grünen Pflanzenteilen, Körnern und Sämereien, in früheſter Jugend beinahe ausſ<ließli<h von Kerbtieren. Er frißt von allen unſeren Feldfrüchten, vielleiht mit Ausnahme der Kartoffeln, die er gewöhnlich liegen läßt, am liebſten, wie es ſcheint, junge Erbſenpflanzen, Kraut und Kohl; aber er nimmt auh Hederih und Senf und weidet im Notfalle die Spizen des gewöhnlichen Graſes ab. Jm Winter nährt er ſih hauptſähli<h von Naps und Getreide; im Sommer