Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Großtrappe: Stimme, Sinnesſchärſe. Nahrung. Balz. 155

fängt er neben der Pflanzennahrung ſtets einige Kerbtiere, ohne jedo<h eigentlih auf ſie zu jagen, ſtellt auh Feldmäuſen eifrig nach, dürfte überhaupt jedes fleinere Tier verſpeiſen, welches ihm in den Wurf kommt. Nach G. Elsnexs Beobachtungen muß man ihn auh als gelegentlichen Neſträuber betrachten. Alle Nahrung nimmt er mit dem Schnabel auf, und höchſtens im Winter läßt er ſi herbei, verde>tes Futter dur< Scharren mit den Füßen bloßzulegen. Kleine Quarzkörner werden zur Beförderung der Verdauung regelmäßig mit verſhlu>t. Seinen Durſt ſtillt er mit den Tautropfen, die morgens am Graſe hängen.

Schon im Februar bemerkt man, laut Naumann, im Betragen der frei lebenden Trappen eine weſentliche Veränderung. „Der regelmäßige Beſuch der bekannten Weidepläße, ihr beſtimmter Zug nah und von dieſen und ihr gemütliches Beiſammenſein hört jezt auf. Eine gewiſſe Unruhe hat ſich ihrer bemächtigt und treibt ſie zu einem ungeregelten Umherſhweifen von dieſen zu jenen Weidepläßen zu allen Tageszeiten an. Die Hähne fangen an, ſih um die Hennen zu ſtreiten, ſich zu verfolgen, dieſe ſih zu zerſtreuen. Die Vereine werden loſer, ohne ſih no gänzlich aufzulöſen. Bei folchem Umhertreiben ſtreichen ſie dann nit ſelten, ſich vergeſſend, oft dur<h Gegenden, über Bäume und Dörfer, ja über die lebhafteſten Orte ſo niedrig hinweg, wie es ſonſt nie geſchieht. Mit ſtolzem Anſtande, aufgeblaſen wie ein Puterhahn, den fäherförmig ausgebreiteten Schwanz aufgerichtet, ſchreiten die Hähne neben den Hennen einher, fliegen ſelten weit weg und nehmen nah dem Niederlaſſen jene Stellung ſogleih wieder ein.“ Der oft exwähnte, viel geleugnete Kehlſa> kommt jebt zu ſeiner Bedeutung und wird ſo weit auf: geblaſen, daß der Hals des Trappenhahnes mehr als noch einmal ſo di> erſcheint wie ſonſt. Anfänglich ſchreitet der liebebegeiſterte Vogel nur mit etwas geſenkten Flügeln und ſchief erhobenem, da<förmig getragenem Schwanze umher; bald aber bemächtigt ſich ſeiner die volle Glut der Empfindung. Er bläſt nunmehr den Hals vollends auf, drüdt den Kopf ſo weit zurü>, daß er auf dem Naken aufliegt, breitet und ſenkt die Flügel, wendet und dreht aber gleichzeitig alle ihre Federn nah oben und vorn, ſo daß die lebten Schulterfedern den Kopf von hinten, die Bartfedern ihn von vorn faſt verbergen, legt das Spiel ſo weit zurü>, daß man ſtreng genommen nur noch die gebauſchten Unterde>federn ſieht, ſenkt endli< den Vorderteil des Körpers tief nah unten und erſcheint nunmehr als wunderſamer Federballen. Das Selbſtbewußtſein, das ſich in ſeinem Weſen ausdrü>t, bekundet ſich gleichzeitig dur<h ungewöhnlichen Mut und herausfordernde Kampfluſt. Jeder andere männliche Großtrappe wird ihm jeßt zu einem Gegenſtande des Haſſes und der Verachtung. Zunächſt verſucht er Ehrfurcht einzuflößen; da aber der andere von demſelben Gefühle beſeelt iſt wie er, gelingt ihm dies nur ſelten, und es muß alſo zur Waffe gegriffen werden. Mit ſonderbaren Sprüngen eilen die wa>eren Kämpen gegeneinander los; Schnabel und Läufe werden kräftig gebraucht, um den Sieg zu erringen. Manchmal ſind die Streitenden ſo erregt, daß ſie, wie es nah Pechuel-Loeſche einmal in der Nähe von Zerbſt geſhah, mit den Händen ergriffen werden fönnen. Selbſt fliegend no< verfolgen ſih die Erzürnten, ſhwenken ſih in einer Weiſe, die man ihnen nie zutrauen würde, und ſtoßen mit dem Schnabel aufeinander. Allmählich tritt Nuhe ein. Die ſtarken Hähne haben ſi die Hennen erkämpft, und nur die ſhwächeren verſuchen noch im kindiſchen Spiele den ernſten Kampf älterer nahzuahmen. Fortan ſieht man Männchen und Weibchen ſtets beiſammen; wo das eine hinfliegt, folgt auh das andere hin. Naumann verſichert, daß es ihm an Gelegenheit und Fleiß, das Eheleben der Trappen zu beobachten, nit gefehlt habe, daß ſih ſeine Erfahrungen an die ſeines Vaters anreihen und über einen langen Zeitraum ausdehnen, aber weder er, noh der Begründer der deutſchen Vogelkunde ſi< erinnern könne, während der Fortpflanzungszeit öfter als ein paarmal mehr als ein altes Weibchen bei einem alten Hahne geſehen zu haben. „Sollten unſere Großtrappen wie die ehten Waldhühner