Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

156 Siebente Ordnung: Suchvögel; ſechſte Familie: Trappen.

in Vielehigkeit leben, ſo könnte uns dies nicht entgangen ſein. Wir müſſen daher glauben, daß es hier wie bei unſerer Wachtel ſei, die ſih auch ordentlich paart, aber dann eine Doppelehe eingeht, wenn, nachdem das angepaarte Weibchen legt oder brütet, noh ein anderes ungeehelihtes Weibchen vorhanden iſt. Daß es aber bei unſeren Trappen zu einer Vielehe kommen ſollte, möchte ih billig bezweifeln.“

Die Niſtſtelle wird ſtets vorſichtig ausgewählt, von älteren Paaren noch ſorgfältiger als von jüngeren. Wenn das Getreide bereits ſo hoh aufgeſchoſſen iſt, daß es das brütende Weibchen verbirgt, \charrt dieſes eine ſeichte Vertiefung in den Boden, kleidet ſie auc wohl mit einigen dürren Stoppeln, Stengeln und Halmen aus und legt in ſie ſeine 2, ausnahmsweiſe auh 3, niht eben großen, dur<hſchnittlih 78 mm langen, 56 mm dien, kurzeiförmigen, ſtarkſchaligen, grob gekörnten, glanzloſen, auf bleich olivengrünem oder matt graugrünem Grunde dunkler gefle>ten und gewäſſerten Eier. Es nähert ſih dem Neſte ſtets mit äußerſter Behutſamkeit, indem es ſi förmlich zu ihm hinſ<hleiht, läßt ſi< ſowenig wie möglich ſehen, und legt, ſobald es jemand bemerkt, den während ves Brütens aufrecht getragenen Hals der Länge nach platt auf den Boden hin. Naht ſih ein Feind, ſo ſ<hleiht es ungeſehen im Getreide fort; kommt ihm eine Gefahr plößlih über den Hals, ſo erhebt es ſi fliegend, ſtürzt ſih aber bald wieder in das Getreide hinab und läuft dann weiter. Wenn die Eier von einem Menſchen mit bloßen Händen berührt werden, ſo ſoll es nie wieder zu ihnen zurü>fehren, und ebenſo das Neſt verlaſſen, wenn deſſen nächſte Umgebung arg zertreten wurde. Dem widerſprechen aber manche Erfahrungen, unter anderen auch die von Jacobi von Wangelin ſowie von Popofsky. Letterer hat Neſter niht nur regelmäßig täglih beſucht, ſondern die Eier ſogar gezeihnet und dadurch feſtgeſtellt, daß die Henne ſie täglih einmal umdreht, damit ſie die Brutwärme gleihmäßig empfangen. Eberle ſah eine brütende Henne ihr Gelege gegen zwei Kolkraben ausdauernd verteidigen. Naumann fagt über das brütende Weibchen: „Bei ſtarkem Winde, wenn es beim Rauſchen des Getreides die Fußtritte niht ſoweit vernimmt, wird es zuweilen ſo überraſ<t, daß es nur wenige Schritt vor dem Herannahen vom Neſte polternd auffliegt. Man kann aber darauf rechnen, daß es nah einem ſolchen Vorfalle niht wieder auf das Neſt zurückkehrt. Nur dann, wenn es ſchon ſo lange gebrütet hatte, daß die Eier dem Ausſchlüpfen nahe waren, geht es auh man<hmal wieder auf das Neſt und brütet ſeine Eier vollends aus.“ Nach einer 28—30 Tage währenden Bebrütung ent: ſchlüpfen die wolligen, bräunlichen, ſchwarz gefle>ten Jungen dem Eie, werden dur die Wärme der Mutter getro>net und dann von dieſer weggeführt. Die Alte liebt ſie mit hingebender Zärtlichkeit, gibt ſih bei Gefahr, das ihr ſonſt eigne Weſen vergeſſend, rüſichtslos dem Feinde preis, flattert angſtvoll nahe vor dem Ruheſtörer dahin, übt die unter den Hühnern gebräuchliche Kunſt der Verſtellung und kehrt erſt, wenn es ihr glü>te den Nahenden irre zu führen, zu den Kindern zurü>, die ſih, falls es irgend möglich war, an einer geeigneten Örtlichkeit auf den Boden drücten und in der Gleihfarbigkeit ihres Kleides einen vortrefflihen Shuß fanden. Die erſte Kindheit verbringen die Trappen faſt nur im Getreide; erſt ſpäter und auh dann bloß, wenn die Alte in der Ferne keinen Menſchen bemerkt, führt ſie ihre Jungen auh wohl einmal auf freies Brachfeld, immer aber nur ſo weit, daß ſie raſh wieder den Zufluchtsort erreichen kann. Kleine Käfer Heuſhre>en und Larven, die von der Mutter teilweiſe ausgeſcharrt oder gefangen und den Küchlein vorgelegt werden, bilden ihre erſte Nahrung. Nach einer Beobahtung Elsners ſucht die Alte nicht bloß die Kerfe, ſondern reicht ſie auh mit dem Schnabel den Zungen, die ſie aus dem S<nabel nehmen. Sie ſind anfänglich ſehr unbeholfen, gehen ſ{hle<t und wankend und lernen erſt ſpät, ſelbſt Futter aufzunehmen, beginnen aber, wenn ſie ſo weit gekommen, auh Grünes mit zu freſſen, nah Jacobi von Wangelin namentlich junge