Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

162 Siebente Drdnung: Suchvögel; ſe<ſte Familie: Trappen.

Männchen no< lange aufrecht ſtehen und ſchaut umher, um eine Gefahr zu entde>en, wogegen das Weibchen ſofort zur Äſung ſchreitet. Fſt leßteres aber allein, ſo zeigt es ſi ebenſo wachſam wie der Gatte und geht niht eher ans Futter, bis es ſi verſichert hat, daß kein Feind in der Nähe iſt. Geſcharte Familien oder Trupps fliehen den Menſchen auf weite Entfernung, einzelne dagegen laſſen ihn oft nahe kommen; denn ſie drü>en ſich unter Umſtänden bisweilen ſo diht an den Boden, daß man ſie überſieht, und fliegen erſt unmittelbar vor den Füßen des Nahenden auf. Wahrſcheinlich ihrer Sicherheit wegen verweilen einzelne Zwergtrappen gern in der Nähe weidender Großtrappen, miſchen ſih jedoh nie unter Herden von dieſen, ſondern halten ſi<h a<tungsvoll in einer Entfernung von 30—50 Schritt. Jhr Flug iſt zitternd und ſ{hwirrend, dem der Wildente ſo ähnlich, daß der Unkundige einen fliegenden Zwergtrappen gewöhnlih als Ente anſieht. Kopf und Hals nach vorn, die Füße nah hinten gerade ausgeſtre>t, ſ{<wirrt der Vogel mit ſ{hnellem Flügelſ<lage durch die Luft und bringt dabei nicht allein die ſonſt verde>ten weißen Schwingenteile zu wirkungsvoller Geltung, ſondern auh ein Getön hervor, das dem Geflingel eines in der Ferne dahinfahrenden Schellenſchlittens niht unähnlich iſt: Nur im Oktober habe ih die Zwergtrappen geſellſchaftli<h mit langſamen Flügelſhlägen weite Kreiſe beſchreiben ſehen, die aber den Schne>kenlinien des Storches oder der Falkenarten an Zierlichkeit durchaus nicht gleihkommen, ſondern ſchief und unregelmäßig in derſelben Entfernung von der Erde gezogen werden. Dieſe Flugſpiele ſcheinen eine Vorübung für weitere Reiſen zu ſein, falls ſie niht als Abſchiednehmen von der Heimat angeſehen werden dürfen, die man ja gern no< einmal von der Höhe anſchaut, bevor man ſie verläßt. Die Stimme des erwachſenen Zwergtrappen iſt ein ſeltſam zitternder oder fnitternder Laut, ähnlich demjenigen, welchen man hervorbringt, wenn man mit einem Holzſtäbchen über ein kleines hölzernes Gitter dahinfährt. Külz gibt ihn, ſoweit ſih eine Vogelſtimme dur<h die Menſchenkehle nachahmen läßt, niht ganz unpaſſend durch „terrks terrfs“ wieder. Oberförſter Spannau ſagt: „Die vor mir aufgeſtiegenen Zwergtrappen gaben einen eigentümlichen, dumpf knurrenden Ton von ſi, den ih niht genauer beſchreiben kann, der aber mit dem Murkſen einer balzenden Schnepfe Ähnlichkeit haben könnte.“

„Wenn im Frühjahre die Zwergtrappen zurü>gekehrt ſind und ſich von den Beſchwerden der Reiſe erholt haben, beginnt etwa in der zweiten Hälfte des Mai die Paarung. Jn Thüringen wählt das Weibchen zur Anlage des Neſtes unter allen Umſtänden einen mit Klee oder Eſparſette beſtandenen Acer. Hier, auf einer Stelle, wo die genannten Früchte möglichſt hoch ſtehen, ſcharrt es eine Grube von 20 cm Durchmeſſer und 6 cm Tiefe aus, ſ<leppt eine Menge halb verwitterter Eſparſetteſtoppeln des vorigen Fahres hinein und bildet aus dieſen Stoffen nicht bloß eine dichte, warmhaltende Unterlage gegen den Erdboden hin, ſondern auch einen über die Erdoberflähe noh 2 cm hinausſtehenden Nand. Das Jnnere iſt mit feinen, dürren Stengeln und Blättern der Treſpe und anderer Grasarten nett und zierlih ausgekleidet. Da hinein legt es nun in kurzen Zwiſchenräumen ſeine Z—4 Eier, die man ſofort als Trappeneier erkennen muß. Jhr dur<ſchnittliher Längsdurchmeſſer beträgt 52, ihr Querdurhmeſſer 40 mm; die Färbung iſt ein glänzendes, aber ſehr dunkles Olivengrün, auf welchem ziemlich regelmäßig verteilte, nux an der Spitze und gegen das dite Ende hin ſpärlicher werdende, undeutliche, verwaſchene Längsfle>en von leberbrauner Färbung ſtehen. Das Weibchen brütet ſo feſt, daß man das ganze Feldſtü>, in dem ſich ſein Neſt befindet, kreuz und quer durchgehen kann, ohne daß es ſich ſtören läßt. Das Männchen hält ſich ſtets in der Nähe auf und iſ auf demſelben Kleeſtü>ke oder wenigſtens in den angrenzenden Feldern ziemlih ſicher anzutreffen. Manchmal bleibt es im hohen Klee halbe Tage lang verborgen, manhmal betritt es angrenzende Brachä>er und liegt daſelbſt ebenſolange der Kerbtierjagd ob. Jn den Frühſtunden, wenn das Weibchen vom