Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

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Gefangenleben. Bericht von K, von den Steinen. 177

Wanſt — in einer unſagbaren Schauderhaftigkeit. Kam nun, die Aufregung zu ſteigern, der Neufundländer ſpielend herangetrollt, ſo daß ſie, in ihre langgere>te, ſteife Renommiſtenpoſitur fahrend, Korſett an Korſett gedrängt, Schrittchen für Schrittchen ſchief zurüctraten und ihr zornigſtes „Herrr“ heraufkollernd ſih gegenſeitig rückſihtslos anrannten, dann fonnte dieſes Schauſpiel ſelbſt dem leiht menſchenfeindlih geſinnten Zimmermann den Ausruf entloŒen: „Ärgern muß man ſi, aber lahen muß man auch auf das verfluchte Eiland.“

„Verſeßen wir uns ſofort in den tragiſchen Abſchluß — Kaſpar ſtarb den 15. Funi, Balthaſar den 20. Auguſt; jener war niht ganz 2, dieſer 21/2 Monate in meiner Pflege geweſen. Bei beiden waren die Erſcheinungen dieſelben; ſie wurden traurig, verweigerten die Nahrungsaufnahme, legten eine eigentümlih zärtlihe Ergebenheit an den Tag, wenn man ſie liebkoſte, fraßen faſt unabläſſig Schnee, hatten blutige Stuhlgänge und wurden ſo elend, daß ſie ſi< nur mühſam auf den Füßen halten konnten. Schließlich lagen ſie platt auf dem Bauche, ſo gut wie tot, und man wußte kaum zu ſagen, wann ſie es wirklich waren. Die gewöhnliche Kinderkrankheit, der Darmkatarrh, hatte ſie dahingerafft.

„Melchior, der jüngſte und dümmſte, fühlte ſich ſehr einſam. Fh ließ ihm faſt völlige Freiheit, hatte ihn aber zuweilen, wenn ihn morgens der Hunger plagte, von einer zwe>loſen Exkurſion zurü>zuholen. Er wurde eine Art Haustier, die Liebkoſungen eines jeden geduldig in Empfang nehmend, im übrigen jedoch allezeit ſihtbarlih bemüht, mich oder den blauen Topf auszuſpüren und deshalb meiſt zwiſchen dem Wohnhauſe und Malepartus auf der Wanderung begriffen. Wir begrüßten uns in der Frühe immer mit einem lauten gegenſeitigen „Rrra“. Als wir im September abgeholt wurden, brauchte ih mich troß des allgemeinen Wirrwarrs und Menſchengetriebes niht um ihn zu kümmern, er ſtand überall mitten darunter, bei den Booten unten oder den Kiſten oben, erregte ſih über nihts und fnabberte, wenn ih ihn zu lange warten ließ, zwiſhendurh an dem Stiefel eines verwunderten Matroſen. Auch ohne Topf und ohne Lo>ktöne kannte er mih aus einer größeren Zahl heraus, kam ſtrammen Schrittes auf mich zu und ſuchte mir zu folgen, wenn ich davonging. An Bord Sr. Maj. Schiff „Marie! ließ Kapitän Krokiſius für meinen „Sohn“, wie Melchior allgemein bei den Offizieren genannt wurde, auf der Kampange einen bequemen Geflügelfkäfig befeſtigen Wie andere Kinder ſchien er troß ſtarken Seeganges und ſtürmi{hen Wetters nicht von der Seekrankheit zu leiden. Unermüdlich ſtand er aufre<t in dem Kaſten, mit dem Oberkörper balancierend, auf dem rollenden oder ſtampfenden Schiffe. Als es heiß wurde, legte er ſi< häufig, erhob ſih aber ſtets munter, ſobald ih ihm pfiff, und antwortete kräftig. Mit der fühlbareren Wärmezunahme wurde er regelmäßig nah vorn gebracht und in die ,Waſchbalje‘ geſeßt, oder der „Signalgaſt‘ erhielt den Befehl, einige Male die Konſervenbüchſe, in welcher das Meerwaſſer zur Temperaturbeſtimmung emporgeholt wurde, über den braunen Badegaſt zu entleeren. Nachmittags durfte er über das ganze De ſpazieren und ergößte die Mannſchaft, wenn er mit ſeiner unerſchütterlihen Gravität bei den einzelnen Gruppen wißbegierig ſtehen blieb.

„Doch auh ex fiel dem Darmkatarrh zum Opfer: ungefähr 8 Tage vor unſerer Anfunft in Montevideo wurde ſein Appetit geringer, am 25. September liefen wir in den Hafen ein, und eine Woche ſpäter, na<hdem er faſt 4 Monate nur von dem gelebt, was ih ihm in den Schnabel geſchoben, war mein armer Sohn tot.“

Erſt in neuerer Zeit gelangten Pinguine auh in unſere Käfige. Über das Gefangenleben einiger im Frühlinge 1889 für den Frankfurter zoologiſhen Garten erworbenen Stücke berichtet B. Gaeblex unter anderem Folgendes: „Sie gehörten, wie auch alle ſpäter erworbenen Stücke, der an den ſüdafrikaniſhen Küſten heimiſchen Art Brillentaucher (Spheniscus demersus) an und befanden ſi<h no<h im Fugendkleide, hatten aber bereits Größe und Geſtalt erwachſener Vögel. Sie wurden zunächſt in das Aquarium

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. Vl. 12