Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

186 Neunte Ordnung: Sturmvögel; einzige Familie: Sturmvögel.

Tage dem Schiffe folgte und in dieſer Zeit ſi< nur viermal, jedoch nie länger als höchſtens eine Stunde, außerhalb unſerer Sehweite verlor. Am 7. Tage in der Frühe ſtrich er ſeewärts und wurde ſpäter niht mehr wiedergeſehen. Daß er dem Schiffe auh während der Nacht folgte, konnte inſofern mit Beſtimmtheit angenommen werden, als wir ihn bei einbrechender Dunkelheit, ſolange es noh möglich wax, ihn überhaupt zu unterſcheiden, beobachteten und ihn der Offizier der erſten Morgenwache immer wieder unermüdlich fliegen ſah. Es iſt dabei wohl zu berüſichtigen, daß das Schiff oft mehrere Wachen nacheinander 7—9, wenn auh während der 6 Tage im Durchſchnitt nur 4—s Seemeilen in der Stunde zurü>klegte.

Der Grund, der den Albatros bewegt, ſo ausgedehnte Stre>en zu dur{fliegen und weitaus den größten Teil ſeines Lebens in der Luft zu verbringen, iſt ſein unerſättlicher Heißhunger. Seine Verdauung iſt ungemein ſ{hnell, er deshalb au< genötigt, beſtändig, nah Beute zu ſuchen; wenn er wirklih einmal fo glüli<h war, infolge reihliher Nahrung ſatt zu werden, verurteilt: ihn ein länger währender Sturm wieder zum Faſten und Abmagern. Eine noh heutigestags allgemeine, aber irrtümliche Auffaſſung läßt viele annehmen, daß den Seefliegern Stürme günſtig wären, weil dieſe, wie man meint, Weichtiere und Fiſche aufrühren ſollen; das ſtürmiſche Meer hindert ſie aber im Gegenteile, ihre gewohnte Nahrung zu finden, und gerade deshalb nähern ſie ſih dann den Schiffen mehr als ſonſt, in der Hoffnung, ihren bellenden Magen dort befriedigen zu können. Bei ruhigem Wetter freſſen die Albatroſſe wahrſcheinlich nur verſchiedene Kopffüßer und andere Weichtiere, die ſie von der Oberfläche des Waſſers aufſammeln. Sie ſind niht im ſtande, lebende Fiſche zu fangen; man ſieht ſie auh niht ſich na< Art der Stoßtaucher plöglich auf das Waſſer hinabſtürzen, ſondern, wenn etwas auf den Wellen treibt, ſih feſtſeßen, es mit dem Schnabel aufnehmen und ſ{hwimmend verſchlingen. „Deshalb““, bemerkt Hutton, „fann man ſie bloß dann fangen, wenn das Schiff langſam geht, d. h. 4—5 Knoten in der Stunde zurülegt; aber man muß ſelbſt dann eine genügend lange Leine auswerfen und ihnen Gelegenheit geben, ſih den Biſſen ordentlich anſehen zu können.“ Außer den verſchiedenen Weichtieren nehmen ſie allerdings auh Aas größerer Tiere zu ſi<h und zeigen ſih in dieſer Hinſicht ſo ret eigentlich als die Geier des Meeres. Marion de Proce traf einmal eine größere Anzahl von Albatroſſen an, die ſi< um das ſtinkende Aas eines Walfiſches ſtritten und um das anſegelnde Schiff wenig fümmerten, weil ſie eifrig beſchäftigt waren, Stücke von dem Leichname abzureißen. Man machte ein Boot fertig und näherte ſi ihnen: ſie ließen es ruhig geſchehen; denn ihre Freßgier war ſo groß, daß man ſie mit der Hand hätte fangen fönnen, hätte man ſi< niht vor ihren Biſſen gefürchtet. Gould findet die „entſebliche Geſchichte“ wahrſcheinlich, daß die Albatroſſe ertrunkene Menſchen angehen und, „wie die Naben am Bache“, ihnen die Augen ausha>en; für mich unterliegt es keinem Zweifel, daß ſie dies thun, und ich ſehe auh gar nit ein, warum ſie zwiſchen Menſch oder Walfiſch einen Unterſchied machen ſollen: freſſen ſie doh die Leichname ihrer Artgenoſſen ohne Bedenken an.

Über die Fortpflanzung der Albatroſſe fehlen noch eingehende Mitteilungen vorurteilsfreier Beobachter, um ſo mehr, als verſchiedene Fabeln hierüber verbreitet worden ſind. Corni teilte Gould nah einigen Wahrnehmungen ungefähr Folgendes mit: Der Albatros brütet auf den Jnſeln Au>land und Campbell im November und Dezember. Grasbede>te Abhänge der Hügel über den Dikichten der Waldungen ſind die Stellen, die er für den Bau ſeines Neſtes wählt. Es beſteht aus Ried, tro>enem Graſe und dürren Blättern, die zuſammengeknetet worden ſind, hat unten einen Umfang von 2m, oben einen Dur<hmeſſer von 70 cm und iſt 50 em hoh. Gewöhnlich wird nur 1 Ei gelegt; nah Unterſuhung von mehr als 100 Neſtern fand Corni wenigſtens bloß ein Neſt, das 2 enthielt. Die