Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Sturmſchwalben: Verbreitung. Jrrlinge. Flugkraft, Weſen. 197

aus dem Schweben in wirklichen Flug übergehen und umgekehrt. Nur länger währende Stürme ſind im ſtande, ſie zu entkräften, aber niht weil der Kampf gegêèn den Wind ſie ermüdet, ſondern weil der Sturm auh ihre Ernährung erſchwert und ſie infolge von Hunger ermatten. Gerade der Wind erleichtert ihnen das Fliegen: ſie ſtellen ſih ihm einfach ent: gegen und werden von ihm getragen und gehalten, ſolange ſie ihre Segelflügel in entſprechender Weiſe richten. Während ihres Fluges vernimmt man ſelten eine Stimme von ihnen: am ſhweigſamſten ſind ſie bei Tage, der für ſie die Zeit der Ruhe zu ſein ſcheint; am munterſten zeigen ſie ſih gegen Abend und kurz na< Sonnenuntergang. Dann hört man, wenn der Wind dies zuläßt, ihren Lo>ton, der wie „uib uib uib uäh uäh““ und ähnli klingt. Jhr Weſen ſcheint ungemein harmlos zu ſein. Mit ihresgleichen leben ſie im tiefſten Frieden, um andere Vögel bekümmern ſie ſih niht. Fhrem Elemente entrü>t, verlieren ſie gleichſam die Beſinnung und wiſſen ſich in keiner Weiſe zu helfen; deshalb gelten ſie, gewiß aber mit Unrecht, für die dümmſten aller Vögel. Unter Matroſen iſt oder war der Glaube gäng und gäbe, daß in den zierlihen Petrels die Seelen der im Meere verunglü>ten Seeleute wohnen.

Weichtiere der verſchiedenſten Art, kleine Krebſe, vielleicht auh Fiſchchen bilden die Nahrung; fettige Stoffe, Öl und dergleichen, die auf dem Meere ſhwimmen, werden ebenfalls von ihnen aufgenommen. Mehr läßt ſih niht ſagen, da man in ihrem Magen immer nur thranige Flüſſigkeit, niemals aber eine Spur von Tieren findet.

Höchſt anziehend wird die Sturmſchwalbe während ihrer Fortpflanzung. „Als ih“, ſo ſchildert Graba, „unſerem Wirte Fohn Dalsgaard den Wunſch geäußert hatte, womögli einen „Drunquiti zu erhalten, wurden die Leute befragt, ob ſie ein Neſt wüßten. Ein Knabe hatte eins gefunden und führte uns zur di>ken Steinwand eines etwas vom Hauſe entfernt liegenden Stalles, wo es ſih zwiſchen den Steinen befinden ſollte; er wußte jedoch die Stelle niht genau, entde>te ſie aber bald auf eine wunderbare Weiſe. Ex hielt nämlih den Mund gegen mehrere Rißen der Wand und rief „flürr“ worauf ſich ſogleich ein feines „Kekereki vernehmen ließ, das ſich bei jedem ausgeſtoßenen „Klürr“ wieder: holte. Hier wurde nun mit Spaten und Brecheiſen wohl eine halbe Stunde gearbeitet, da der Stein nicht weichen wollte, wobei die feine Stimme verſtummte. Endlich zeigte ſich das aus einigen Grashalmen beſtehende Neſt; aber der Drunquiti war nicht zu finden: er hatte ſih höher hinauf zwiſchen die loſen Steine verkrochen, wurde jedoh endlich entde>t und an das Tageslicht befördert. Sobald er herausgezogen war, ſpie er mit einer Seitenbewegung des Kopfes und Halſes dreimal je einen Strahl von gelbem Thrane aus, von welchen der erſte der ſtärkſte, die folgenden dünner waren. Die nachherigen Verſuche, zu ſpeien, mißlangen, indeſſen floß ihm no< immer einiger Thran aus dem Halſe.

„Er iſt der harmloſeſte Vogel, den es geben kann, und macht niht einmal Verſuche, ſih zu wehren oder den Angreifer zu beißen, ſobald er erſt ſeinen Thran von ſih geſpieen hat. Auf meinem Zimmer war ex ſo zahm, daß ih ihn anfaſſen und herumtragen, ſtreicheln und forttreiben konnte, wie es mir beliebte. Tieſſte Niedergeſchlagenheit drüte ſich in ſeiner Stellung aus. Ex ſaß unbeweglich auf den Fußwurzeln, ohne daß die Bauhfedern die Erde berührten, ließ den Kopf hängen und verfiel gleih wieder in dieſe Stellung, wenn man ihn in Ruhe ließ. Nie machte er einen Verſuch, im Zimmer ſeine Flugwerkzeuge zu gebrauchen, ſondern ging nur einige Schritte ſhwerfällig vorwärts, wobei ihm oft die Ferſen einkni>ten, ſobald er aufgejagt wurde. Wenn er ſtand, was ihm ſhwer zu werden ſchien, glih er in Stellung und Haltung des Körpers der Raubmöwe; der Körper wurde wagere<ht, die Beine gerade unter der Mitte des Leibes, der Hals aufrecht gehalten, wodurch die Bruſt eine ſtarke Wölbung erhielt. Er verſuchte nicht, Nahrung zu finden oder zu ſi zu nehmen: gleih den meiſten Seevögeln ſah er ſih für verloren an, ſobald ihm