Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

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Edelfalken: Geſchichtliches. Abrichtung zur Beize. 209

zu thun weiß, als ihn ſprechen zu laſſen: „Die Kunſt, Falken zur Beize abzurichten, iſt uralt. Schon ums Jahr 400 vor Chriſtus fand ſie Kteſias bei den Fndern; ums Jahr 75 jagten die Thrakier mit Falken; ums Fahr 330 nach Chriſtus nennt Julius Firmicus taternus aus Sizilien nutritores accipitrum, falconum ceterarumque avium, quae ad aucupia pertinent. Ums Fahr 480 na< Chriſtus muß die Falkenbeize von den Nömern noh wenig betrieben worden ſein, denn Sidonius Apollinaris rühmt in jener Zeit des römiſchen Kaiſers Avitus Sohn, Hecdicius, daß er der erſte geweſen, der in ſeiner Gegend die Falkenbeize eingeführt. Bald darauf verbreitete ſih aber die Liebhaberei dafür ſchon ſo weit, daß Jagdfalken und Jagdhunde im Fahre 506 auf der Kirchenverſammlung zu Agda den Geiſtlichen verboten wurden. Dieſes Verbot half nichts und wurde ebenſo vergeblih im Jahre 517 zu Epaon und 585 zu Mâcon wiederholt. Fm 8. Jahrhundert ſ{hrieb König Ethelbert an Bonifacius, Erzbiſchof zu Mainz, um ein paar Falken, mit welchen Kraniche gebeizt werden ſollten. Ums Jahr 800 gab Karl der Große über die zur Jagd abgerihteten Habichte, Falken und Sperber folgendes Geſeß, das ſpäter ins Deutſche überſeßt alſo lautet: „Wer einen Habich ſtilet oder vahet, der den Kranich vahet, der ſoll im einen als gütten geben als yenen was und ſe<s Schilling und drei Schilling um einen Valken, der die Vogel fahet in den lüfften. Wer einen Sperber oder ander Vogel die auf der Hand treyt, wer die ſtilt oder ſ{<le<t, der geb einen als gütten als yener was und einen Schilling.“ Kaiſer Friedrih Barbaroſſa richtete ſelbſt Falken, Pferde und Hunde ab. Darauf hielt ſi<, wie Bandollus erzählt, Raynald, Markgraf zu Eſte, Sohn des Barthold, mit großen Koſten gegen 150 Jagdfalken. Kaiſer Heinrich VI. war, wie Collenuccio ſchreibt, ebenfalls ein großer Liebhaber der Falknerkunſt. Kaiſer Friedrich IT. war ſelbſt der geſchi>teſte und leidenſchaftlihſte Falkner ſeiner Zeit und ſ{hrieb ein Buh: De arte yenandi cum avyibus‘, das aber erſt im Fahre 1596, und zwar zu Augsburg, gedru>t ward. Die Handſchrift war mit Anmerkungen von Friedrihs Sohn, Manfred, König von Sicilien, verſehen. Philipp Auguſt, König von Frankreich, dem bei der Belagerung von Akkon ein wunderſchöner Falke wegſlog, bot den Türken für deſſen Rü>kgabe vergeblih 1000 Goldſtücke. Ums Jahr 1270 ſchrieb Demetrius, wahrſcheinlih Arzt des griechiſhen Kaiſers Michael Paläolo gus, in griechiſcher Sprache ein Bu über die Falknerei; es wurde im Fahre 1612 in Paris gedru>t. Über die Begeiſterung, mit welcher auh die Damen jener Zeit die Falknerei trieben, gibt ,De la Curne de Sainte-Palaye‘ (Paris 1759) Ausfunft. Fn Preußen errichtete der Hochmeiſter Konrad von Jungingen im Jahre 1396 eine eigne Falknerſchule. Eduard I[IL. von England ſette den Tod auf den Diebſtahl eines Habichts und ließ jeden, der ein Habichtneſt ausnahm, auf ein Jahr und einen Tag ins Gefängnis ſehen. Als Bazjeſid in der Schlacht bei Nikopolis im Jahre 1396 den Herzog von Nevers und viele franzöſiſche Edelleute gefangen genommen, ſchlug er jedes für ſie gebotene Löſegeld aus. Als ihm aber ſtatt des Geldes 12 weiße Falken, die der Herzog von Burgund ſchi>te, geboten wurden, gab er dafür ſogleih den Herzog und alle gefangenen Franzoſen frei. Franz I. von Frankreich hatte einen Oberfalkenmeiſter, unter welchem 15 Edelleute und 50 Falkner ſtanden. Die Zahl ſeiner Falken betrug 300. Kaiſer Karl Y. übergab die Jnſel Malta den Fohannitern unter der Bedingung zu Lehen, daß ſie jährlich einen weißen Falken liefern ſollten. Nahdem den Geiſtlichen die Falknerei endlih erfolgreih verboten war, behaupteten doch dic Barone das Recht, ihre Falken während des Gottesdienſtes auf den Altar zu ſeen.“ „Landgraf Ludwig [YŸ. von Heſſen“, ſo berichtet Landau na alten Urkunden, „verbot am 5. Mai 1577 das Ausnehmen der Falkenneſter und das Wegfangen der Falken bei ſtrenger Strafe. Man kennt au< noc einen Brief vom 18. November 1629, an Landgraf Wilhelm YV. von Heſſen gerichtet, worin beſchrieben iſt, wie man zur Einübung der Brehm, Tierleben. 3. Auſlage. VI. 14