Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Jagdfalken: Aufenthalt, Fortpflanzung. Nachſtellungen. 9219

Verbreitungsgebietes der Fagdfalken insgemein fällt die Brutzeit wahrſcheinlich erſt in die ſpäteren Monate des Jahres. Als Graf Wilczek auf Nowaja Semlja am 25. Auguſt mit Aufnahme von Photographien beſchäftigt war, ſah er einen weithin ſichtbaren ſhneeweißen Jagdfalken geradesweges auf ſih zukommen und ſchoß mit feinem Schrote nah ihm. Der Falke ſchrie laut auf und begann nun die nahdrü>li{hſte Verfolgung des Grafen, indem er 4—5 Stunden nacheinander ihn umflog und ununterbrochen unter lautem Geſchrei auf ihn hinunterſtieß. Durch ſein erregtes Gebaren verriet er endlich den Horſt, in welchem das Weibchen auf drei Eiern brütend ſaß. Der Vogel gebärdete ſich bei ſeinen Angriffen genau in der Weiſe wie ein Wanderfalke am Horſte, ſtieß bis auf wenige Meter vom Gefichte meines Gewährsmannes vorüber und ſebte ungeachtet der erhaltenen Warnung ſein Leben ſo rü>ſihtslos aufs Spiel, daß Wilczek ihn ſ{ließli< erlegen fonnte, nahdem er ſi vorher am Horſte verborgen aufgeſtellt hatte. Die 4 Eier vergleiht Holböll nicht unpaſſend mit denen des Schneehuhnes, nur daß ſie doppelt ſo groß und mehr abgeſtumpft ſind; die Färbung iſt jedoch bei allen verſchieden; auch die Geſtalt ändert nicht unweſentlih ab. Ein Ei, das ih von Nordvy empfing, iſt auf gelblihweißem Grunde rötlichrot gemarmelt, gefle>t und gepunktet.

Jn früheren Jahren ſandte die däniſche Regierung alljährlih ein beſonderes Schiff, das Falkenſchiff genannt, nah Jsland, um von dort Edelfalken zu holen. Die ſtolzen Vögel wurden entweder von mitreiſenden Falknern gefangen oder waren von den Fsländern bereits ausgehoben und großgefüttert worden. Die Koſten für Ankauf und Unterhalt der Falken, Löhnung der Mannſchaft 2c. waren nicht unerheblich; da der Fang jedoch geregelt war, kam ein Falke immerhin auf niht mehr als 9 oder 10 Thaler däniſch zu ſtehen. Von Kopenhagen aus gelangten die edlen Vögel in den Beſiß der Falkner oder wurden als koſtbare Geſchenke an verſchiedene Höfe geſandt. Jn unſeren Tagen bekümmert ſich die Negierung erklärliherweiſe niht mehr um den Fang; gleihwohl bringt das Sommerſchiff, das nah Jsland geht, faſt alljährlih noch einige lebende Falken mit na<h dem Mutterlande hinüber, und ſie ſind es, die man dann und wann in unſeren Tiergärten ſieht. Fn Lappland oder in Skandinavien überhaupt ſcheint niemand ſi<h auf den Falkenfang zu legen, wie denn überhaupt der Gerfalke dort, ungeachtet des von ihm angerichteten Wildſchadens, nurx von dem Naturforſcher verfolgt wird. Freilich ſind die Vogelberge während des Sommers ſo maſſenhaft belebt und die Gebirge ſo ſtark mit Schneehühnern bevölkert, daß der Schade niht ſehr bemerklih wird, und zudem verſichern die Norweger, daß einige jagende Engländer, die aus reiner Mordſucht alljährlih Tauſende von Shhneehühnern erlegen, viel ärger unter dieſen aufräumen, als alle Gerfalfen zuſammengenommen. Fn Fsland und Grönland hingegen, wo die Jagdfalken häufiger ſind und ſi im Winter regelmäßig den Wohnungen nähern, ſtellt man ihnen ziemlih rü>ſihtslos nah, und in ganz Nordaſien werden ſie noh heutigestags für die Beize gefangen. So erzählten die Birartunguſen, die den Vogel ſehr gut kennen, daß früher beſonders die chineſiſhen Beamten und reihen Kaufleute des Himmliſchen Reiches Jagdfalken hielten und ſie zur Jagd oder zum Kampfe mit Adlern abrite: ten, daß dies jedoch jezt niht mehr erlaubt ſei. Bei den Wandervölkern Oſtſibiriens beſteht die Beize nah wie vor, und gerade der Jagdfalke wird von ihnen abgetragen und hoh geſchäßt.

Außer dem Menſchen hat der Jagdfalke nux im Kolkraben einen Gegner, der ihm weniaſtens zu ſchaffen macht. Faber und Holböll erwähnen übereinſtimmend, daß man beide Vögel ſi< ſehr oft balgen ſehe.

Nach meinen Beobachtungen betragen ſi<h die Fagdfalken im Gebauer ebenſo wie gefangene Wanderfalken. Sie verlangen dieſelbe Pflege wie dieſe, erreihen aber nur ausnahmsweiſe ein höheres Alter im Käfige. Aus der Geſchichte der Falknerei wiſſen wir, daß