Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Baumfalke: Stimme. Weſen. Beutetiere, Raubweiſe. 939

habe“, ſagt er, „das Verhalten der Shwalben genau ins Auge gefaßt. Sobald die Falfen erſchienen und ihre Schwenkungen in den Lüften begannen, ergriff alles in ſichtlicher Angſt die Flucht. Nur die Nauchſhwalben flogen etwas höher als die übrigen umher, in einem fort warnend, und einzelne beſonders kühne aus der Geſellſchaft ſtachen ſogar nach den verhaßten Räubern. Doch geſchah dies mit größter Eilfertigkeit und Vorſicht.“ Nach neuerlichen Beobachtungen muß ih Snell hierin beiſtimmen. Auch ih habe in den leßten Jahren geſehen, daß Baumfalken von unſeren Rauchſchwalben verfolgt wurden, Und genau dasſelbe ſchreibt mir E. von Homeyer und W. von Neichenau. „Zur Zeit des Herbſtzuges““, berichtet mir der lebtere, „ſah ih auf meinem damaligen Hofe Libelnau im oberbayriſhen Berglande einmal ein Dußend Droſſeln in raſender Eile diht am Boden unter einer Obſtbaumpflanzung dahinfliegen. Hierdurch aufmerkſam gemacht, ſuchte ih nah dem Gegenſtande ihres großen Schrekens und entde>te in hoher Luft einen VBaumfalken, der bald abwärts ſtieß. Durch die ausgebreiteten Äſte der ſehr diht ſtehenden Bäume verhindert, mußte er einhalten und flatterte über dem Baume hin. Feßt erbli>ten ihn aber die im Hauſe niſtenden Rauchſhwalben mit den Fungen, gegen 20 an der Zahl. Sofort ſtürzten ſie ſich mit ohrbetäubendem Geſchrei auf den Falken. Dieſer, von den Flügelſpizen der Schwalben beſtändig berührt und umflattert, von den vielen „Biwiß‘ ganz verwirrt, gab niht nur ſeine Jagd auf, ſondern kehrte ſogar um und ſeßte ſih auf den unteren Af eines mir ganz nahe ſtehenden, kaum 6 m hohen Birnbaumes, in deſſen Laubſ<mud>e er förmlih Schuß ſuchte. Als er mih wahrnahm, ſtrih er ab und flog nun eiligſt unter den Obſtbäumen dahin.“ Gelegentlich ſeiner Fagden kommt er nicht bloß in Dörfer, ſondern ſelbſt in Städte herein, ſtreicht unter Umſtänden tief dur< die Straßen, um da: dur< die Shwalben aufzujagen, fängt eine von ihnen und zieht ab. Gelingt es ihm niht, dur< Überraſhung zum Ziele zu gelangen, ſo hilft ihm ſeine unvergleichliche Schnelligkeit. Vor ihm flühtende Schwalben ſah Seidenſacer in ihrer Todesangſt ſich in einem Binſenbuſche verſte>en und dadur< dem Falken entrinnen. Dieſer ließ ſcheinbar von der Verfolgung ab, kreiſte über dem Binſenbuſche, hob ſih höher und höher und flog endlih einige Scritte weit weg, um dort von neuem Schraubenlinien zu beſchreiben. Kaum aber hatten die Shwalben, kühn geworden durch ſeine Abweſenheit, das Binſicht verlaſſen, als er wiederum unter ſie herabſhoß und ſi< einen Augenbli> ſpäter inmitten der geängſtigten Geſellſchaft befand. Seine Fagd auf Shwalben gewährt ein prachtvolles Schau ſpiel. Regelmäßig vereinigen ſih beide Gatten eines Paares, und während der eine die behenden Schwalben zu überſteigen ſucht, hält der andere ſoviel wie möglih unter ihnen. Beide aber wechſeln im Verlaufe der Jagd fortwährend ihre Rollen und entfalten dabei ebenſo überraſchende Flugkünſte wie die geängſtigten Schwalben. Unter gewiſſen Umſtänden vernichtet er ſo viele von unſeren Haus- oder Mehlſchwalben, daß man ihre Abnahme deutlih merken fann; ſo große Verheerungen wie unter den Lerchen richtet er jedoh unter ihnen wohl niemals an.

Während die Schwalben in ihm ihren Erzfeind erkennen, ſcheinen ſih die Mauerſegler niht im geringſten um ihn zu kümmern. „Fn meinem früheren weſtpreußiſhen Reviere“, ſagt von Rieſenthal, „horſtete ein Lerchenſalkenpärchen ganz in der Nähe der Brutſtätten des Mauerſeglers. Es waren hier alſo die gewandteſten und ſchnellſten Flieger Nachbarn. Die Falken beläſtigten die Segler, die diht beim Horſte in ihre Brutlöcher in alten anbrüchigen Kiefern aus und ein flogen, gar niht. Nur gelegentlih jagte einer hinter den ſ{<warzen Geſellen her, und hatte er ſie überholt, was immer geſchah, ſo erſcholl freudig über den Sieg ſein helles „Kid ki> kid‘ Es entſpricht dem Weſen der fluggeſtählten Segler, ſich dur ſolhe Nachbarſchaft nicht behelligen zu laſſen, und den Falken mag es in den meiſten Fällen wohl auch leiter ſein, andere Beute zu gewinnen als einen der ſtürmiſchen Geſellen;