Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

254 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; erſte Familie: Falkenvögel.

Zwar ſollen Fälle beobachtet ſein, daß er Vögel gefangen hat; doh iſt dies jedenfalls eine jo ſeltene Ausnahme, daß ſie niht in Betracht kommt.“ Wenn ih nun noh erwähne, daß Preen die Gewölle unter den Horſten einer aus 20 Turmfalken beſtehenden Siedelung unterſuchte und fand, daß ſie ledigli<h aus Mäuſehaaren und Mäuſeknochen beſtanden, darf ih mi<h wohl der Mühe überhoben erahten, noh weitere Zeugniſſe für die wirkliche Bedeutung des Turmfalken anzuführen. | Als wahres Verdienſt re<hne ih es von Rieſenthal an, daß er in ſeinen „Raubvögeln Deutſchlands“ den Nuten des Turmfalken gebührend hervorhebt. Heißſporne unter den Schießjägern““, ſo drüt er ſih aus, „die für ihre Hühner und Haſen alles abzuſchlachten bereit ſind, haben dieſe Falken auh ſhon unter den jagdſchädlichen zur Vertilgung ausgeſchrieen. Mit welchem Rechte? Weil ſie von irgend jemand einmal gehört, vielleicht auc einmal ſelbſt geſehen haben, daß der Turmfalke über einem Völkchen Rebhühnern gerüttelt oder zwiſchen eins hinabgeſtoßen oder endlih gar ein Hühnchen geraubt haben ſoll oder geraubt hat. Wir dürfen uns über ſolche Voreiligkeit niht wundern: iſt ja doh neuerdings auh auf den Maulwurf als Fagdfeind aufmerkſam gemacht worden. Es iſt ja möglich, daß der Turmfalke ein krankes oder von der alten Henne entferntes Rebhühnchen aufnimmt: wer aber geſehen hat, mit welhem Erfolge Henne oder Hahn, oder beide, ſtärkere Näuber, wie zum Beiſpiel den Kornweihen, vertreiben, der wird niht glauben, daß der kleine Turmfalke unter regelre<hten Verhältniſſen ein Rebhühnervolk aufreiben kann; und haben die Jungen ihre Eltern verloren, ſo gehen ſie wahrſcheinlih au< ohne den Turmfalken zu Grunde. Solche Beobachtungen haben in ihren Folgen ganz denſelben Wert wie die Eier aus Sammlungen, deren Beſißer von verkommenen Strolchen ganze Gegenden, ja Provinzen ausrauben laſſen, die von dieſen Menſchen gemachten Angaben auf die Eier ſhreiben und ins betreffende Publikum bringen, natürlich unter der eignen Gewähr und natürlich alles zu gunſten der Wiſſenſchaft. Klingt es niht mehr als naiv, wenn man in Fachblättern Angaben lieſt, wie „der Turmfalke bezog ſein Brutgebiet in dieſem Jahre leider nur in einem Pärchen — die Eier erhielt ih an dem .… . Tage!“ Alſo, obgleich die Verminderung dieſes harmloſen Tieres bedauert wird, und das ganze Gelege nur wenige Pfennig wert iſt: es hilft alles nihts, genommen muß es werden, natürli<h au< nur zu gunſten der Wiſſenſchaft. Der Turmfalke leiſtet bei uns in der Vertilgung der Mäuſe und Kerbtiere viel/ in den Gegenden der Heuſchre>enſ<hwärme, die auh uns bedrohen, Außerordentliches, daher au< wir ihn zu gunſten jener Länder, in welchen er geſüßt wird, erhalten müſſen. Sprechen örtliche Verhältniſſe nah wiederholten Erfahrungen gegen ihn, ſo mag man nach ihnen verfahren, hüte ſih aber, nach vereinzelten unſicheren Beobachtungen den Maßſtab im Großen anzulegen.“ Es iſt ein wiſſenſchaftlich gebildeter Oberförſter, ein Weidmann, der ſein Leben im Walde verbra<ht und infolge ſeiner reihen Erfahrungen ein eignes gediegenes Werk über die deutſhen Raubvögel verfaßt hat, der dieſe Worte ſchreibt: mein Leſer, der nicht ſelbſt Gelegenheit hat, ün Freien zu: beobahten, wird daher wohl im ſtande ſein, zu be urteilen, ob er demjenigen Beobachter, welcher „grundſäßlih überhaupt keinem Raubvogel Schonung gewährt“, oder meinem Vater, Naumann, Gloger, E. von Homeyer, von Nieſenthal, mir und anderen Glauben ſchenken ſoll.

„Der Turmfalke“, ſchreibt mir Liebe ſo re<ht aus dem Herzen heraus oder ins Herz hinein, „iſt ein prächtiger Hausgenoſſe, der ſih ſogar für das Zimmer eignet. Vor ſeinen Verwandten zeichnet er ſih durch große Reinlichkeit aus. Wenn man den Boden des Käfigs mit Moos belegt, fo entwi>elt ſih kein übler Geru<h. Denn einerſeits läßt der erwachſene Vogel den Schmelz einfa<h hinabfallen und ſprigt ihn niht an und dur die Käfigwände, wie dies die leidige Art derer vom edlen Geſchlechte Sperber iſt, und anderſeits ſcheint der Shmelz ſelbſt niht ſo ſ{<hnell zu verweſen, ſondern bald zu tro>nen. Die Turmfalken