Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

284 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; erſte Familie: Falkenvögel.

Schelladlers ſehr, iſt aber lichter, ein roſtfarbener Nackenfle>en vorhanden oder fehlend, das Flügelde>gefieder erſter und zweiter Ordnung durch große, die ganze Spiße der Federn einnehmende Fle>en beſonders ausgezeihnet, ſo daß hier breite Binden entſtehen, die beim jungen Vogel ſi< no< mehr verbreitern, daher noch deutlicher hervortreten und infolge der ebenfalls roſtfarbenen Spißen der Oberarmfedern um eine ſih vermehren, ebenſo wie im Jugendkleide die Steuerfedern breite roſtrötlihe Spißen zeigen.

Der Steppenadler bewohnt einen großen Teil Oſteuropas und Mittelaſiens, als Brutvogel mit Beſtimmtheit das Gebiet, das ſein Name ausdrückt, namentlich die Steppen an der Wolga, Akmolinsks, des ſüdlichen Perm, Südturkiſtans, Transhbaikaliens, die Hohe Gobi 2c. nah Oſten hin bis China und Jndien, ſcheint aber, wie ein in Oſtpommern erlegter, vor kurzer Zeit erſt dem Neſte entflogener Vogel beweiſen dürfte, zuweilen auh weit im Weſten zu horſten. Doch hat er auf ſeinen Wanderungen das eigentliche Weſteuropa gemieden, iſt bisher hier wenigſtens no< niht erbeutet worden.

Der Shhreiadler, auf welchen ih die nachfolgende Darſtellung beſchränke, liebt feuchte und ſumpfige Gegenden, ſiedelt ſi< deshalb vorzugsweiſe in Auen- und Laubhölzern an. Jn der Mark, in Braunſchweig, Hannover und Me>lenburg iſt er niht ſelten, in Pommern gemein, kommt aber keine8wegs in allen Waldungen vor, ſondern wählt ſih ſeine Aufenthaltsorte, wie es ſcheinen will, ebenſo oft na< Laune wie nah Bedürfnis. Doh ſteht für Deutſchland ſo viel feſt, daß er Buchenwaldungen allen übrigen vorzieht, in reinen Kiefernwäldern dagegen nur äußerſt ſelten ſih ſeßhaft macht. Das Gebiet eines Paares iſt verhältnismäßig klein, wird aber um ſo treuer feſtgehalten. Ein Schreiadler, der ſih einmal bleibend angeſiedelt hat, läßt ſich ſo leiht niht vertreiben, kehrt ſogar dann wieder zu ſeinem Horſte zurü>, wenn ihm ſeine Eier oder Brut geraubt wurden, obwohl er es in der Regel vorzieht, einen neuen zu beziehen, meiſt wenige hundert Schritt von dem Baume, auf welchem der erſte ſtand. Er erſcheint frühzeitig im Fahre, gewöhnlih im April auh wohl ſhon zu Ende März, und verweilt bis Ende September im Lande; ſeine Zugzeit beginnt jedoch bereits im Auguſt und währt bis zur angegebenen Zeit fort. Einzelne hat man freili<h au< im Winter angetroffen.

Hinſichtlih ſeines Weſens ſteht er hinter ſeinen Verwandten zurü>. Er iſt der feigſte und harmloſeſte Adler, den ih kenne. Sein Weſen iſt ſanft, viel mehr buſſard: als adlerartig; ſhon ſein Ausſehen, ſein Blik bekunden dies. Fm Siten ſieht er unedel aus, im Fluge hingegen zeigt er ſih als e<ter Adler. Auch er erhebt ſih hoch in die Lüfte und ſchwebt namentlih bei ſ{<hönem Wetter in wundervollen Kreiſen ſtundenlang umher. Die Stimme iſt ein weit ſchallendes Geſchrei, das man dur< die Silben „jef jef“ wiedergegeben hat. Sein Wohlbehagen drü>t er dur angenehme Töne aus, die Naumann mit einem ſanften Gefklingel vergleicht. Einzelne Gefangene ſchreien viel, ebenſoviel wie die frei lebenden; andere ſhweigen gänzlich.

Seine Nahrung beſteht aus kleinen Wirbeltieren. Bei uns zu Lande bilden Fröſche und vielleiht noch - andere Lurche, Kriechtiere und kleine Nager ſeine bevorzugte Beute. Fröſche bleiben wohl unter allen Umſtänden die Hauptnahrung, und daraus ertlärt ſi< ſein häufigeres oder ſpärlicheres Auſtreten oder gänzliches Fehlen in dieſer oder jener Gegend zur Genüge. E. von Homeyer hat auch die Reſte eines Hechtes in ſeinem Magen gefunden, woraus wenigſtens das eine hervorgeht, daß er Fiſche frißt, wenn er ſih ihrer, ob tot oder lebendig, laſſe ih dahingeſtellt, bemächtigen kann. Viel häufiger als auf leßtere jagt er auf Kriechtiere: Eidechſen, Nattern und vielleiht auh Vipern. Zu einem höhere Tiere gefährdenden Vogel wird er wohl nur gegen das Ende der Brutzeit hin. Denn wenn ſeine Jungen heranwachſen und viel Nahrung verlangen, raubt er, was er erbeuten kann, und dann