Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

302 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; erſte Familie: Falkenvögel.

auf Rebhühner machte, von welchen eins in einer Entfernung von ungefähr 300 Schritt niederſtürzte. Sofort ſaß ein Nauhfußbuſſard darauf; auf ihn aber ſtürzte ſich niht minder raſh ein zweiter, und beide verkrallten ſih ineinander über dem Rebhuhne. Bevor wir, im Trabe fahrend, uns no< nähern konnten, ſaß ein dritter dazwiſchen. Bei tiefem Schnee, wenn Mäuſe ſich ſelten zeigen, wird dieſer Buſſard den Nebhühnern ganz beſonders gefährlih. Mir iſ fogar ein Fall bekannt, daß ein Nauhfußbuſſard ſih wochenlang jeden Morgen eine Taube vom Hofe holte, bis er endlih von einem herbeigeholten Jäger getötet wurde. Immerhin gehört der Rauhfußbuſſard zu den überwiegend nüßlihen Vögeln, wenn auh Fälle vorkommen können, wo es dringend geboten iſt, ſi< ſeiner zu entledigen.“

Gern erkläre ih mi<h mit leßteren Worten einverſtanden; ebenſo beſtimmt aber weiſe ih die Behauptung vieler Jäger zurü>, daß der Rauhfußbuſſard ebenſo wie ſein Verwandter unter allen Umſtänden vertilgt werden müſſe. Der Landwirt hat, nah meiner Anſicht auh in dieſem Falle größere Rechte zu beanſpruchen als der Schießjäger.

Das Urbild der Gattung der Buſſarde (Buteo) insbeſondere kennzeichnet ſi< dur fleinen, ſ{hmalen, ſtark gekrümmten Schnabel, ungefiederte Fußwurzeln, verhältnismäßig furze Fänge, breite Flügel, unter deren Schwingen die dritte bis fünfte, unter ſih glei {angen die anderen überragen, und kurzen, höchſtens mittellangen, gerade abgeſchnittenen Schwanz, dex von den zuſammengelegten Flügeln bede>t wird. Unſer Mäuſebuſſard oder Mauſer, ſonſt au< Bußhard und Busaar, Mäuſehabicht, Mäuſefalke, Mäuſe- | aar, Mäuſegeier, Nüttelweihe, Waſſervogel, Unkenfreſſer und Waldgeier genannt (Buteo vulgaris, albidus, cinerenus. fasciatus, mutans, septentrionalis, medius und murnm., Falco buteo, albus, glaucopis, versicolor, albidus und pojana), erreicht eine Länge von 50—56 bei einer Breite von 120—125 cm; die Länge des Fittihs beträgt 388—40, die des Schwanzes 26 cm. Über die Färbung iſ ſ{<wer etwas allgemein Gültiges zu ſagen; denn der Buſſard ändert außergewöhnlich ab, ſo daß man ſelten zwei vollkommen glei<h gefärbte Stücke ſieht. Einzelne ſind gleihmäßig ſ<hwarzbraun, auf dem Schwanze gebändert, andere braun auf der Oberſeite, der Bruſt und den Schenkeln, ſonſt aber au< auf liht braungrauem Grunde in die Quere gefle>t, andere lihtbraun, bis auf den Shwanz längs geſtreift, andere gelblihweiß mit dunkleren Shwingen und Schwanzfedern, auf der Bruſt gefle>t, auf den Steuerfedern gebändert 2c. Das Auge iſt in der Sugend graubraun, ſpäter rötlihbraun, im hohen Alter grau, die Wachshaut wachs-, der Fuß hellgelb, der Schnabel am Grunde bläulih, an der Spie ſhwärzlich. .

Das Verbreitungsgebiet des Buſſards reiht niht weit über Europa hinaus. Schon in den Steppen Südrußlands erſeßt ihn der merklih größere, ſtärkere und hochläufigere, zwar vielfah abändernde, an ſeinem meiſt lichten, faſt weißem Schwanze zu erkennende Rauboder Adlerbuſſard (Buteo ferox, canescens, longipes, leucocephalus. aquilinus, rufinus, fuliginosus, pectoralis und nigricans, Accipiter ferox, Falco ferox. rufinas und astracanus, Butaquila lencocephala, Butaëtus leucurus, Circaëtus ferox und Limnosalnus africanus), der, nah Alfred Walter, „im geſamten Transkaſpien die gemeinſte Art aus ſeinem Geſchlechte iſt“; in Sibirien, Kleinaſien, Nordoſtafriïa wird er dur den auf dem Zuge auh Deutſchland durhwandernden Steppenbuſſard (Buteo desertorum, rufiyenter, cirtensis, capensis, vulpinus, minor, tachardus und delalandii, Falco desertorum und cirtensis) vertreten, der ſich, im Gegenſage zu jenem, dur< merklih geringere Größe und vorwaltend rötliches Gefieder, mindeſtens deutli<h rötlichen Schwanz kennzeihnet, unſerem Buſſard jedo< ſo nahe ſteht, daß er leiht mit ihm verwechſelt werden kann. Außerhalb Europa hat man lebteren in Turkiſtan und während Des Winters in Nordafrika beobachtet. Er iſt in Großbritannien faſt ausgerottet worden, im