Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

306 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; erſte Familie: Faltenvögel.

Jch könnte unzählige Beiſpiele anführen, welche die Schädlichkeit des Buſſards beweiſen; doch würde das hier zu weit führen. Nach allem dem hier Geſagten kann ih der in der erſten Auflage des „Tierlebens‘ ausgeſprochenen Anſicht nicht beipflichten, daß die Buſſarde mehr zu den nüßlichen als zu den ſchädlichen Vögeln gehören ſollen.“ Alfred Varon Wildburg berichtet, daß ſih in einem Habichtskorbe während eines Monats außer 3 Habichten, 3 Sperbern und 1 Uhu auh 7 Buſſarde fingen.

Jh habe den ausgezeihneten Weidmann, deſſen Erfahrungen ih in hohem Grade ſchäbe, vollſtändig zu Worte kommen laſſen, muß aber erklären, daß ich troß alledem in feiner Weiſe von der überwiegenden Schädlichkeit des Buſſards überzeugt worden bin. Was die Übergriffe dieſer Naubvögel anlangt, ſo geſtehe ih ſie auh jezt no< ohne weiteres zu, ebenſo wie ih ſie auh in der erſten Auflage des „Tierlebens“ nicht verſhwiegen habe. F< will ſogar noh weitere Belege für die zeitweilige Schädlichkeit des Buſſards beibringen, teils eignen Beobachtungen, teils fremden Mitteilungen Rehnung tragend. Wahr iſt es, daß der Buſſard ebenſogut wie Mäuſe, Ratten und Hamſter, S<hlangen, Fröſche, Kerbtiere und Regenwürmer auch junge Haſen fängt oder alten, kranken, namentli<h verwundeten den Garaus macht und von ihrem Wildbret kröpft, niht minder richtig, daß er zuweilen Rebhühner ſchlägt, möglich ſogar, daß er gewandt genug iſt, um ſelbſt im Sommer und Herbſte geſunde Feldhühner oder Faſanen zu ſchlagen, erwieſen ferner, daß er ſeinen Jungen außer den eben genannten Wildarten Maulwürfe, Finken, Lerchen, Amſeln und andere junge Vögel, deren er ſich bemächtigen kann, zuträgt, niht wohl in Abrede zu ſtellen endli, daß er nah Art der Weihen unter Umſtänden ſogar Enten-, vielleicht no< andere Jagdvogeleier frißt. Aber die Hauptnahrung des Buſſards beſteht trobdem in allen Arten von Mäuſen, in Ratten, Hamſtern, Zieſeln, Fröſchen, Heuſchre>en und anderen Kerbtieren, alſo in Tieren, die uns entweder auf das empfindlichſte ſchädigen oder, wie die Fröſche, in ſo zahlreicher Menge vorhanden ſind, daß die Vernichtung einzelner von ihnen nicht in Betracht kommt. Blaſius hat 30 Mäuſe dem Magen eines einzigen Buſſards entnommen, Martin Hunderte dieſer ihm zum Ausſtopfen überlieferter Raubvögel geöffnet und in aller Kröpfe nur Mäuſe gefunden. Es mag ſein, daß die Annahme von Lenz, nach welcher ein Buſſard, bei 380 Mäuſen tägli, alljährlih ungefähr 10,000 Stück der ſchädlichen Nager vertilgen ſoll, wie alle ähnlichen auf derartige Berehnungen gegründete Mutmaßungen falſch iſt; richtig aber wird tros alledem ſein und bleiben, daß der Buſſard im allgemeinen dur< Aufzehren der Mäuſe mehr nußt, als er durh Schlagen einzelner Wildarten ſchadet.

Nicht vergeſſen darf man hierbei namentlih noh das eine, daß auch dieſer Raubvogel wie alle Verwandten mehr oder weniger ſih den Verhältniſſen anbequemt, alſo in beſonders wildreichen Gegenden erklärlicher Weiſe ſih öfters an einer Wildart vergreift als in einer wildarmen, wo ihm die Flüchtigkeit ſolcher Beute ungleih mehr Mühe verurſacht als die Erwerbung ſeiner regelmäßigen Nahrung, ebenſowenig außer acht laſſen, daß er zeitweilig beſonders ſhädli<h wird, namentlih wenn ex hungrige, viel verlangende Junge aufzufüttern hat, alles ſchlägt, was er zu erlangen und zu bewältigen im ſtande iſt, und wenn der Hunger ihn treibt, im Winter ſih beſonders kühn zeigt. Daß nicht alle Jäger mit von Meyerin> übereinſtimmen, mag aus folgenden Worten des Grafen Kospoth hervorgehen. „Wo viele Mäuſe ſind“, ſo ſchreibt der genannte an von Rieſenthal, „findet ſih der Mäuſebuſſard aus weiter Ferne ein. Als im Jahre 1873 die Mäuſeplage bei uns anfing, hatte ich die erſten dieſer landwirtſchaftlichen Feinde in einem Kleeſchiage von 5 Hektar. Jeden Tag konnte ih nun 12 Mäuſebuſſarde ſehen, die fleißig dem Mäuſefange oblagen und die jungen Haſen und Rebhühner vollkommen unbeaqtet ließen. Sie waren den ganzen Tag auf dieſer Stelle verſammelt, bis die Mäuſeplage weiter um ſich griff, wo ſie dann immer paarweiſe ihren Stand nahmen. Jm Winter von 1874 zu 1875 dagegen bei dem hohen Schnee war der