Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Flußvregenpfeifer. Wüſtenläufer. 73

gelegenen Wüſten die Aufenthaltsorte des Wüſtenläufers. Andere Wüſtentiere wählen fich die Stellen ihres Wohngebietes, in welchen deſſen Armut wenigſtens einigermaßen gemildert erſcheint; der Wüſtenläufer bevorzugt Stre>en, deren Düvre und Öde uns unheimlich dünken will, Allerdings habe ih ihn zuweilen au<h da gefunden, wo wenigſtens no<h dürftiger Pflanzenwuchs bemerkbar wird; in der Negel jedoch ſah ih ihn immer da, wo Stein und Sand zur alleinigen Herrſchaft gekommen ſind und kaum für Gras, geſchweige denn für höhere, begehrlichere Pflanzen Nahrung vorhanden iſt. Man kann niht ſagen, daß ev in den von mir bereiſten Ländern häufig vorkommt; denn man findet ihn nur hier und da und keineswegs regelmäßig. Fm Nordweſten Afrikas und insbeſondere auf den Kanariſchen Fnſeln ſcheint er zahlreicher aufzutreten: auf der Oſthälfte der leßtgenannten Eilande ſoll er, laut Bolle, eine gewöhnliche Erſcheinung ſein und auf gewiſſen Stellen mit Sicherheit angetroffen werden. Lieblingsaufenthaltspläße von ihm ſind ſteinige Flächen, namentlih ſolche, mit deren Färbung die ſeines Gefieders übereinſtimmt; doh begegnet man ihm auch auf den wilden, ſhwarzen Lavaſtrömen jener Fnſel. Triſtram meint, daß er wahrſcheinlich alljährlih die nördlihe Sahara wandernd verlaſſe: ih glaube aus meinen Erfahrungen folgern zu dürfen, daß er niht regelmäßig zieht, wohl aber ſtreicht und bei dieſer Gelegenheit Örtlichkeiten beſucht, die er ſonſt niht bewohnt. So traf ih im Winter des SFahres 1850 einen aus mindeſtens 15 Stück beſtehenden Flug von ihm in der Nähe von Alexandria, und zwar auf dem Trümmerfelde der alten Stadt ſelbſt an, ſah aber ſpäter niemals wieder einen einzigen auf der gleihen Örtlichkeit, ſo oft und ſorgſam ich ſie auch abſuhte. Vor der Paarungszeit ſind wahrſcheinlih die Männchen no< mehr zum Umherſtreichen geneigt, und dieſer Wanderluſt verdanken wir die Frrlinge, die man in Europa beobahtet hat. Den Süden unſeres Erdteiles beſucht der Wiiſtenläufer ſelbſtverſtändlich öfter als unſer Vaterland. So ſoll er z. B. in der Provence recht oft vorkommen, und ebenſo wird er wohl auh Spanien faſt alljährlih beſuchen. Nach Oſten hin verirrt er ſich ſeltener; doh wiſſen wir dur< Ehrenberg, daß er im Glülichen Arabien zu den dort heimiſchen Vögeln gezählt werden muß, dur< Triſtram, daß er im Thale des Fordans erlegt wurde, dur< Nordmann, daß man ihn au< in Rußland angetroffen hat. Laut Harting iſt er in England in etwa 100 Fahren 16mal erbeutet, in Frankreich bei Paris, Dünkirchen, St.-Omer, Calais, Abbeville, Amiens, Dieppe, Fécamp, Montpellier. und Nîmes erlegt, in Ftalien, einſ<hließlih Siziliens und Maltas, ziemlih oft wahrgenommen worden. Deutſchland hat er wiederholt beſucht, zuerſt im November des Fahres 1807 das Darmſtädtiſche, ſpäter, laut Bruch, wiederholt gewiſſe Stellen bei Eltfeld am Oberrhein, da, wo der Triebſand ſi< in größerer Ausdehnung findet, ſodann Me>lenburg, im September des Jahres 1868 die Gegend von Lemgo, im Herbſte des folgenden Fahres die von Offenba<h am Main und von Ravensburg in Schwaben. Wieviel Wüſtenläufer uns ſonſt noch Beſuch abgeſtattet haben, ohne daß ſie bemerft wurden, läßt ſih niht beſtimmen. Vom Februar bis gegen den Juli hin trifft man den Wüſtenläufer paarweiſe an. Wer gewohnt iſt, eine Örtlichkeit ſorgfältig abzuſuchen, muß ihn troß ſeines Wüſtenkleides, das in der Bodenfärbung gleichſam aufgeht, bald wahrnehmen; denn er hat in ſeiner Erſchei: nung und in ſeinem Weſen etwas ſo Auffälliges, daß man ihn nicht überſehen kann. Mit beiſpiellos ſchnellem Laufe rennt das Pärchen ſhußweiſe über den Boden dahin, jeder Gatte in einer Entfernung von etwa 15 Schritt von dem anderen, ſelten näher, ſelten entfernter. Solange der Vogel läuft, ſieht man nux den Körper, nicht die Beine: denn dieſe verſhwinden bei der ſ{hnellen Wechſelbewegung vollſtändig dem Auge: es ſieht alſo aus, als wenn ein fußloſer Vogel von einer unerklärlichen Kraft über den Boden dahingetrieben würde. Urplößlich endet die Bewegung; der Läufer ſteht ſtill, ſichert, nimmt auh wohl ein Kerbtier auf, und plöglich ſchießt er von neuem weiter. Da, wo er noch keine Nachſtellungen